Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
Meine Freunde werden nervös. Ich führe die kleine Zigarette zu meinen Lippen, ziehe zu schnell daran. Nun geht's los.
Ich bücke mich, tue so, als würde ich mit meiner Linken die Zigarette in dem steifen Moos ausdrücken, während ich mit der rechten Hand in meine Tasche greife. Niko schreit auf und springt auf mich zu, seine Waffe zeigt nach unten, auf meinen Kopf. Blitzschnell springe ich nach rechts und rolle über den harten Lavaboden, während er schießt. Der metallische Klang einer Kugel, die auf Stein trifft, klingelt in unseren Ohren. Und bevor Niko merkt, dass ich überhaupt eine Waffe habe, hat er eine Kugel im rechten Oberarm. Er unterdrückt einen Schrei. Der Fahrer greift nach seiner Waffe, bekommt aber stattdessen eine Kugel in sein rechtes Handgelenk. Er schreit auf. Als Niko die Waffe in den linken Arm wechseln will, bin ich wieder auf den Füßen, richte die Walther auf ihn und schreie: »FALLENLASSEN! LASS DIE WAFFE FALLEN!«
Niko sieht mich ungläubig an. Willst du mich verarschen? Und nimmt die Waffe in seine linke Hand. »LASS SIE FALLEN!«
Blut tropft aus den Wunden an ihren Armen. Radovan trägt noch immer seine Sonnenbrille und sieht aus wie ein Möchtegern-Gangster in einem russischen B-Movie.
»LASS DIE WAFFE FALLEN. SOFORT!«
Aus einem unerklärlichen Grund benutze ich das englische Wort gun statt des kroatischen pištolj. Mein Hirn reagiert sofort, indem es mich an Gunnhildur denken lässt. Der Gedanke an sie lenkt mich nur einen kleinen Moment ab, aber Niko ist noch immer das gleiche Gedankenlese-Genie wie früher. Als ich reagiere, zielt er bereits auf mich. Wir drücken gleichzeitig ab, wie die Zwillingsbrüder im Geiste, die wir einmal waren. Meine Kugel landet in seinem linken Arm. Diesmal stößt auch Niko einen lauten Schrei aus. Ich versuche, meinen zu unterdrücken. Ein Schwall sonderbarer Wärme schießt durch meinen Unterleib in Richtung linkes Bein. Dann wird die Wärme zu Feuer. Es ist wie ein Streichholz anzünden. Erst ein Reißen, dann die Flamme.
Ein typischer Linksschuss. Er hat auf mein Herz gezielt und die Blase getroffen. Aber meiner war ein Volltreffer. Er ist so gut wie armlos. Genau wie Radovan nach einem weiteren Schuss aus der Walther. Auf einmal ziele ich nur noch auf Arme. Ich habe vier Schüsse abgefeuert, und immer noch ist niemand tot.
Die Gesichter meiner Freunde sind so schmerzverzerrt wie auch meines sein muss. Ihre Arme hängen an ihnen herunter wie frisch geschlachtete, zum Ausbluten aufgehängte Ferkel. Jetzt ziele ich mit meiner kleinen Pistole auf ihre Köpfe, und nach ein paar weiteren Schreien lässt Niko seine Desert Eagle fallen. Ich befehle ihm, sie in meine Richtung zu kicken, und bücke mich schnell, um sie aufzuheben. Es dauert ewig, bis ich mich wieder aufgerichtet habe. Das Brennen in meinem Unterleib muss ein neuer Meilenstein in der Schmerzgeschichte sein.
Ich stecke Nikos Waffe ein.
Dann befehle ich Radovan, näher zu kommen und seine Jacke zu öffnen, was er natürlich mit zwei toten Händen nicht kann. Ich bewege mich vorsichtig auf ihn zu, während meine Augen zwischen Niko und ihm hin- und herschießen, und öffne mit der Linken sein schwarzes Armani-Jackett. In der Innentasche finde ich seine Waffe, eine silberne Smith & Wesson. Doch sobald ich sie in der Hand habe, versucht er, mich mit seinem Ellbogen wegzuschubsen. Als es ihm gelingt, nutzt Niko seine Chance und stürmt auf mich zu, mit dem Kopf zuerst wie ein durchgedrehter hornloser Schafbock mit Ziegenbärtchen. Ich setze ihn durch einen Schlag mit einem Ellenbogen (einen sogenannten elblow, den ich im Winter bei meinem Training mit Tortur perfektioniert habe) außer Gefecht. Sobald Schafbock Niko am Boden liegt, wird Radovan zum Hasenfuß, und wenig später habe ich ihre zwei Waffen in meiner Tasche und meine in der Hand.
Ich fische die Autoschlüssel aus der Tasche des Fahrers und warte, bis Niko wieder etwas zu sich gekommen ist. Dann befehle ich ihnen, in den Mini-Canyon zu steigen. Es dauert unendlich lange. Als müsste ich zwei Milliardäre dazu bringen, sich in den feuchten Pappkarton eines Obdachlosen zu legen. Noch immer mit der Sonnenbrille auf der Nase sieht Radovan zunehmend lächerlicher aus, als wollte er eines komischen Todes sterben. Ich befehle ihnen, sich hinzulegen, mit dem Gesicht nach unten, und beiße mir vor lauter Schmerz auf die Lippe. Etwas tropft an meinem linken Bein hinab. Es fühlt sich an, als würde ich mit meinen Eiern
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