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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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älterer Herr trat so abrupt auf die Bremse, dass mehrere Autos auf ihn auffuhren.
    Die Einsatzkräfte mussten dieser Amokfahrt mehr oder weniger hilflos zuschauen. Trotzdem zog sich die Schlinge um den wild gewordenen Astra immer enger zu, denn inzwischen jagte fast jedes Polizeiauto der Stadt hinter dem Raser her oder versuchte ihm den Weg abzuschneiden.
    »Wenn ihr einmal verfolgt werden solltet, zieht ihr euch immer dorthin zurück, wo sich viele Menschen aufhalten. Dort könnt ihr am einfachsten entkommen«, klingelte John ein beliebter Spruch seines Ausbilders im Ohr.
    Der silbergraue Opel schoss über die Berliner Brücke hinweg in die Lauterstraße hinein und bog hinter dem Kulturzentrum Kammgarn in die Mühlstraße ab. Er war zu schnell, schaffte die Kurve zur Pfründnerstraße nicht und schlingerte in die Fußgängerzone. Laut kreischend hechteten die Passanten von der Mitte der Spielstraße und suchten hinter parkenden Autos Schutz oder flüchteten in Hauseingänge.
    An der Karstadt-Rolltreppe gab es dann kein vor und zurück mehr. Rechts neben der Rolltreppe stand ein Krankenwagen und links versperrte ein Kleintransporter die Durchfahrt zur Pariserstraße. Im Rückspiegel sah John, dass sich mehrere Polizeiautos wie ein Stopfen in den östlichen Teil der Mühlstraße hineindrückten.
    John zog die schwarze Skimaske mit den ausgeschnittenen, mandelförmigen Sehschlitzen übers Gesicht. Sie hatte die ganze Zeit über griffbereit auf dem Beifahrersitz gelegen. Dann sprang er aus seinem Auto und eilte die Rolltreppe hinunter. Hinter sich hörte er quietschende Reifen und laute Rufe, er solle sofort stehen bleiben.
    Bei den vielen Leuten hier schießen die niemals, sagte er zu sich selbst.
    In Riesenschritten flog er regelrecht die Rolltreppe hinunter und spurtete auf der anderen Seite der Karstadt-Unterführung die Steintreppe hinauf. Am Eingang zur Fackelstraße schaute er sich hektisch um. Einen Moment lang schien er unschlüssig, wohin er denn flüchten sollte. Doch anstatt vor seinen Verfolgern weg in die entgegengesetzte Richtung zu fliehen, rannte er plötzlich wieder auf sie zu – allerdings eine Etage darüber.
    Er hechtete um die Ecke eines Supermarkts. Dabei stieß er einen jungen Mann zur Seite, der ihm schimpfend eine Faust hinterherwarf. Auf der rechten Straßenseite hielt ein TWK-Bus. John machte einen Satz in den Bus hinein und hielt dem verdutzten Fahrer die Pistole vor die Stirn.
    »Türen zu! Motor und Licht aus!«, befahl er.
    Vollkommen perplex gehorchte der Busfahrer und die hydraulischen Türen versenkten sich schmatzend in der Karosserie des Linienbusses.
    John blickte sich um. Inzwischen war es dunkel geworden. Doch der Schein der Straßenlaternen und die stark beleuchtete Fensterfront des Supermarktes sorgten für ausreichende Sichtverhältnisse. In dem TWK-Bus saßen etwa zwanzig Personen verschiedenen Alters, angefangen von einem Säugling bis zu einem Greis. Der schätzungsweise weit über 80 Jahre alte Mann saß unmittelbar vor ihm. Direkt daneben klammerte sich eine grauhaarige Frau krampfhaft an ihre Handtasche, so als wolle sie diese vor einem Diebstahl schützen.
    Einige Fahrgäste stießen hysterische Schreie aus. Das Baby fing an zu plärren.
    John riss die Waffe empor und schoss in die Decke. »Ruhe!«, brüllte er.
    Augenblicklich wurde es stiller. Man hörte noch ein vielstimmiges, unterdrücktes Wimmern. Nur das Baby schrie lauter als zuvor. In Panik versuchte seine junge Mutter, ihm den Mund zuzuhalten.
    »Wenn ihr tut, was ich euch sage, passiert euch nichts. Dann ist in ein paar Stunden der ganze Spuk hier vorbei und ihr könnt euren Familien nachher stolz erzählen, was ihr heute Abend so alles erlebt habt.«
    Aus Schreck über den festen Griff seiner Mutter hatte der Säugling kurz aufgehört zu schreien, doch dann legte er erst richtig los.
    »Wenn ich es dir sage, machst du kurz hinten die Tür auf«, wies John den Busfahrer an. »Falls du irgendwelche Tricks versuchen solltest, mach ich dich platt – kapiert?«
    Der Busfahrer nickte.
    John trat zwei Schritte in den engen Flur hinein, zeigte mit der Pistole auf die junge Mutter. »Los, verschwinde!«
    Während sich die Frau mit schlotternden Knien erhob und ihr plärrendes Baby fest an sich drückte, befahl John dem Busfahrer, die Tür zu öffnen. Die beiden Türflügel schoben sich nach außen. Die mädchenhafte Mutter huschte aus dem Linienbus und rannte weg. Unmittelbar danach wurde die Tür wieder

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