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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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verschlossen. John schlurfte zurück zum Busfahrer. Als Einschüchterung schwenkte er die Pistole in der erhobenen rechten Hand.
    »Lassen Sie uns doch bitte auch gehen«, flehte ihn die alte Frau in der ersten Sitzreihe an. »Mein Mann ist schwer krank. Der steht das nicht lange durch.«
    Ein flüchtiger Blick auf das aschfahle, verwelkte Gesicht des Greises genügte John. Er nickte und half dem alten Mann beim Aufstehen. Als die Frau an ihm vorbeiging, schaute sie ihn kurz an und hauchte »Danke«.
    Nach dem Pistolenschuss hatten die an der Bushaltestelle versammelten Menschen fluchtartig das Weite gesucht. Auch die Polizeibeamten, die sich mit gezogenen Waffen dem Stadtbus genähert hatten, waren in Deckung gegangen und warteten nun auf weitere Instruktionen.
     
    Im Lagezentrum der SOKO ›Sniper‹ überschlugen sich derweil die im Sekundentakt eintreffenden Meldungen.
    »Wo steht der Bus?«, rief Tannenberg.
    »Genau vor dem Supermarkt Ecke Fruchthall-/Fackelstraße«, gab Sabrina Schauß zurück.
    Tannenberg stand mit dem Rücken zu ihr und malte ein dickes Kreuz in den Stadtplan. »Dann müssten wir ihn von Karstadt aus direkt im Blickfeld haben.«
    »Der Supermarkt ist dir zu nahe dran?«
    »Ja, natürlich. Das können wir nicht riskieren. Davon würde der Kerl bestimmt etwas mitkriegen. Und wer weiß, wie er dann reagiert.« Er fuhr sich mit der Hand von der Wange her über den Mund und seufzte tief. »Der Bus ist schließlich voller Menschen.«
    Ein Ruck ging durch seinen Körper. »Also, los, dann ab zu Karstadt. Eva, Michael und Sabrina kommen mit mir. Ihr anderen bleibt zunächst noch alle hier. Und du Meier III machst dem SEK-Einsatzleiter klar, dass er seine Jungs so lange im Hintergrund halten soll, bis wir einen besseren Überblick über die Gesamtsituation haben.«
    Meier III nickte.
    Tannenberg schaute auf seine Armbanduhr. »Wie lange hat Karstadt heute geöffnet?«
    »Bis 22 Uhr«, antwortete eine SOKO-Mitarbeiterin.
    »Gut.« Tannenberg stellte Blickkontakt zu Susi Rimmel her. »Du rufst den Filialleiter an. Er soll am Hinterausgang auf uns warten.«
    »An welchem?«
    »An dem zum Nonnenbunker.«
    Tannenberg schnappte sich ein Funkgerät, mit dem er direkten Kontakt zur Einsatzzentrale halten konnte. Dann stürmte er gemeinsam mit seinen beiden engsten Mitarbeitern und der für Geiselnahmen speziell ausgebildeten Kriminalpsychologin hinunter zum Hof, wo ihr ziviles Dienstfahrzeug geparkt war. Dr. Schönthaler heftete sich an die Fersen seines alten Freundes, der keinen Blick dafür hatte.
    Auf direktem Weg steuerte Sabrina den Mercedes zum Institut der Franziskanerinnen, das bei der Kaiserslauterer Bevölkerung den Spitznamen ›Nonnenbunker‹ trug. Von dort aus war der gekaperte Stadtbus nicht zu sehen. Die Ermittler huschten über die Straße. Ein hochgeschossener, hagerer Mann, an dem der Anzug wie an dem Holzgerüst einer Vogelscheuche hing, empfing sie an dem westlichen Notausgang des Karstadt-Warenhauses.
    Der Filialleiter war offensichtlich von Susi Rimmel noch nicht näher über die dramatischen Ereignisse informiert worden, die sich quasi direkt vor seiner Haustür abspielten. Jedenfalls tat er sehr überrascht, als ihn Tannenberg stichwortartig über den Grund seines Auftritts ins Bild setzte.
    »Wir brauchen einen Büroraum oder etwas ähnliches, von dem aus wir den Bus gut im Blick haben können. Am besten in der ersten Etage.«
    »Ja, ich glaube, da habe ich genau das Richtige für Sie. Von unserem kleinen Tagungsraum aus haben Sie optimale Sicht auf …« Er brach ab, krauste die Stirn. »Nein, nein, der liegt ja zur Pariserstraße hin.« Er brummte nachdenklich. »Zur Fruchthallstraße? In der ersten Etage? Also da ist die Lampenabteilung, aber kein Büroraum oder so was.«
    »Na und? Dann auf in die Lampenabteilung.«
    Eine knappe Minute später betrachtete Tannenberg durch einen Feldstecher den etwa einhundert Meter entfernt stehenden Linienbus.
    »Mistkram!«, fluchte er. »Wir brauchen unbedingt ein anständiges Teleobjektiv. Am besten eins mit Restlichtverstärker oder wie das heißt. Michael, ruf im Lagezentrum an. Die sollen ruck, zuck eins herschaffen.«
    Der junge Kommissar wandte sich von den anderen ab und telefonierte mit seinen Kollegen. »In fünf Minuten ist eins da«, verkündete er kurz darauf.
    »Verdammt, ich hab eben etwas Wichtiges vergessen!«, erklärte Tannenberg. »Ruf noch mal an und sag ihnen, der Einsatzleiter des SEKs soll zu mir kommen. Seine

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