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Zehntausend Augen

Zehntausend Augen

Titel: Zehntausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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dass wir etwas finden. Überall, wo ein Mensch auftritt, hinterlässt er etwas. Wenn es keine Fingerabdrücke sind, dann eben Hautschuppen oder ein Haar.«
    »Du meinst, das Haar stammt vom Erpresser?«
    »Ziemlich sicher. Zumindest vom Bombenbauer. Es war an einer Stelle, an die nur beim Zusammenbau der Bombe etwas gelangen konnte.«
    »Das klingt gut. Wann weißt du mehr?«
    »Die DNA-Analyse dauert etwas. Aber morgen früh hast du sie.«
    »Danke, Sina. Du bist ein Engel.«
    »Man tut, was man kann.«
    Auf dem Weg zum Pressesprecher bimmelte Ellens Handy. Es war die Telefonzentrale.
    »Wir haben hier einen Mann von Intelko, der Sie sprechen will. Es könnte wichtig für Sie sein.«
    »Was soll ich mit dem? Ich habe anderes zu tun.«
    »Intelko, die Telefon- und Internetgesellschaft. Es geht um unseren Engpass bei der Internetübertragung.«
    »Er soll sich an Khalid Schabab wenden. Der kümmert sich um die Technik.«
    »Er sagt, er müsse mit jemandem sprechen, der Entscheidungen treffen kann.«
    Ellen seufzte. »Bevor ich jetzt noch lange mit Ihnen diskutiere – stellen Sie durch.«
    Es klickte, dann meldete sich eine Stimme, ein Mann mittleren Alters.
    »Frau Kommissarin? Ist die Anrede korrekt?«
    »Ja, ja, ist schon gut.« Auf den korrekten Dienstgrad kam es Ellen nicht an. »Worum geht es? Ich habe wenig Zeit.«
    »Mein Name ist Hermann Becker, ich leite die Marketingabteilung von Intelko. Wir haben festgestellt, dass Sie Probleme mit der Kapazität Ihrer Internetverbindung haben.«
    »Das war nicht schwer festzustellen. Das hat jeder Nutzer gemerkt.«
    Der Raum für die Pressekonferenz war nicht mehr weit. Der Geräuschpegel drang schon zu Ellen vor. Es mussten jede Menge Leute da sein. Dabei war es noch eine halbe Stunde bis zum Beginn.
    »Wir besitzen die Technologie, um Ihren Engpass zu beseitigen.«
    »Ja, und?«
    »Wir möchten Ihnen unsere Unterstützung anbieten.«
    »Vielen Dank, aber ich glaube, das ist nicht nötig.« Ellen konnte die Anrufe von Telefongesellschaften nicht mehr zählen, die sie mit immer neuen, verlockenden Angeboten zuschütteten. Mit der Zeit hatte sich bei ihr eine Aversion aufgebaut, die auch jetzt für einen deutlichen Unterton von Ärger in ihrer Stimme sorgte. Außerdem war sie sich überhaupt nicht sicher, ob sie wollte, dass noch mehr Menschen zusahen, als es ohnehin schon taten.
    »Das ist eine Angelegenheit unserer Techniker, und die haben die Sache im Griff. Bitte stören Sie mich jetzt nicht bei meiner Arbeit.« Ohne eine Erwiderung abzuwarten, drückte sie das Gespräch weg.
    Jens Liebermann, der Pressesprecher, war schnell gebrieft. Er war ungefähr so alt wie Ellen, wirkte aber deutlich älter. Das verlieh ihm einen besonderen Hauch von Seriosität, was er in seinem Beruf gut gebrauchen konnte. Er musste oft genug mit minimalen Hinweisen vor Reporter treten und trotzdem überzeugend wirken. Für ihn war es immer das Gleiche. Egal, wie ein Fall lag, durfte er nichts Konkretes weitergeben, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Eine Ausnahme bildeten nur die Fälle, bei denen man bewusst Einzelheiten verriet, weil man sich davon einen Fortgang der Ermittlungen versprach. Aber das war hier nicht der Fall.
    Ellen warf einen kurzen Blick in den Raum, in dem die Pressekonferenz stattfand. Er war so voll mit Reportern, Kameraleuten und Fotografen, dass sie sich sogar an den Wänden drängelten. Als sie Ellen entdeckten, richteten sie ihre Objektive sofort auf sie. Ellen drehte sich um und zog sich in den Gang zurück, der zum nichtöffentlichen Bereich gehörte. Von dort aus verfolgte sie durch die geöffnete Tür die Pressekonferenz.
    Die Unruhe war ungewöhnlich groß. Stühle rückten, viele diskutierten miteinander, was wohl leise sein sollte, sich in der Summe aber zu einem deutlichen Geräuschpegel steigerte. Die Reporter wollten sich nicht mit Belanglosigkeiten abspeisen lassen und fragten hartnäckig nach. Einige beharrten darauf, Kriminalhauptkommissarin Ellen Faber befragen zu dürfen, was Jens Liebermann routiniert abwehrte. Als es ihm zu bunt wurde, griff er zu einem letzten Mittel. Er klopfte auf das Mikrofon, bis er wieder die volle Aufmerksamkeit hatte. »Wenn Sie nicht bald ruhig werden, muss ich die Polizei rufen.«
    Für einen Moment herrschte verblüfftes Schweigen, dann gab es Gelächter. Die Stimmung war fürs Erste beruhigt. Die Diskussion verlagerte sich hin zur Internetübertragung. Sie war für die Reporter ein Novum, wurde aber einhellig von

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