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Zehntausend Augen

Zehntausend Augen

Titel: Zehntausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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ihnen begrüßt. Nie waren sie so gut informiert worden. Trotzdem waren sie nicht zufrieden. Jemand monierte die Qualität der Übertragung. Ellen erkannte die Stimme von Eberle. Er erntete Applaus.
    Jetzt stand Eberle auf und hob beide Hände als Zeichen, dass er weiterreden wollte. »Da sowieso alles übertragen wird, könnten wir doch auch unsere Fernsehkameras in der Zentrale aufbauen. Dann wäre die Qualität besser, und es gäbe keine Übertragungsschwierigkeiten.«
    Eberles Kollegen sprangen begeistert auf diesen Vorschlag an. Einige klatschten wieder, andere riefen ihre Zustimmung in den Raum. Aus dem bloßen Vorschlag wurde schnell eine Forderung, die mit zunehmender Vehemenz vorgetragen wurde.
    Ein fülliger Mann stand auf, der einzige mit Krawatte. »Martin Wortmann, Berliner Zeitung. Die Berliner Bürger haben ein Recht zu erfahren, was die Polizei tut. Es geht schließlich um ihr Leben.«
    Sein Nachbar stimmte lautstark zu. »Transparenz. Wir wollen Transparenz. Die Polizei darf nichts verbergen.« Er hatte sich nicht vorgestellt, aber er trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck TAZ.
    Jens Liebermann bekam die Diskussion nicht mehr in den Griff. So konnte es nicht weitergehen. Es hielt Ellen nicht mehr im Gang. Sie sprang in den Raum und auf das Podium. Jens Liebermann schob sie einfach beiseite. »Nein! Auf gar keinen Fall«, rief sie in die Mikrofone. Ihre Stimme hallte mehrfach verstärkt durch den Raum und übertönte den Krach. »Wir ziehen hier doch keine Show ab. Wir wollen einen gefährlichen Verbrecher stellen. Als Leiterin der Ermittlungen werde ich keine Fernsehkameras in der Einsatzzentrale zulassen. Die Pressekonferenz ist hiermit beendet.«
    Ohne sich noch einmal umzusehen, verließ Ellen den Raum. Der hinter ihr aufbrandende Protest war ihr egal. Sie sehnte sich nach einem ruhigen Feierabend zu Hause. Eine SMS von Sina traf ein. »Dein Bike ist wieder okay.«
    Wenigstens eine gute Nachricht. Ellen gab einige letzte Anweisungen, zog sich um und holte ihr Rad ab. Auf den hektischen Verkehr des Tempelhofer Damms und möglicherweise weitere Reporter hatte sie keine Lust. Deshalb wählte sie einen Nebenausgang, der auf den Kaiserkorso führte, eine kleine Straße, die parallel zum Tempelhofer Damm verlief. Die schwüle Luft sorgte bereits nach ein paar hundert Metern für Schweißtropfen auf ihrer Stirn, aber die körperliche Bewegung tat ihr gut.
    Ellen hatte keinen Blick für die Autos, die zügig an ihr vorbeifuhren. Erst als sich ein Wagen dicht an sie drängte, wurde sie aufmerksam. In dem Moment wanderte auch schon der gelbe Schaumstoffball eines Mikrofons vor ihre Nase. Aus den Augenwinkeln erkannte sie Eberle, der das Mikrofon an einer Stange festhielt. Auf dem Rücksitz saß der Kameramann, das Objektiv auf sie gerichtet. Ließen die denn nie locker? Selbst nicht, wenn sie außer Dienst war, mitten auf der Straße beim Fahrradfahren?
    »Lassen Sie uns in Ruhe reden«, rief Eberle gegen den Fahrtwind an.
    »Ich habe nichts zu sagen«, rief Ellen zurück. »Sie hatten Ihre Pressekonferenz.«
    »Das belanglose Gequatsche von Ihrem Presse-Fuzzi interessiert mich nicht.«
    Der Wagen rückte noch näher heran. Ellen wurde fast an den Bordstein gedrängt.
    »Ich will mit Ihnen persönlich sprechen.«
    »Ich aber nicht mit Ihnen.« Ellen trat fester in die Pedale. Der gelbe Ball blieb für Sekunden hinter ihr zurück. Dann war er wieder da. So hatte sie keine Chance. Sie bremste heftig ab. Der Fahrer des Wagens reagierte mit Verzögerung, was Ellen aber nur für wenige Atemzüge Luft verschaffte. Dann war der Ball wieder vor ihrem Mund.
    »Soll ich Sie wegen Verkehrsgefährdung anzeigen?«, fuhr sie Eberle an.
    »Das bringt doch nichts. Das wissen Sie auch. Reden Sie mit mir.«
    Ellen überlegte, wie sie diese Klette loswerden konnte. Wieder beschleunigte sie. Der Wagen hielt mit. Auf gleicher Höhe kreuzten sie die Paradestraße. Im allerletzten Moment machte Ellen einen Schlenker nach rechts über den abgesenkten Bordstein auf den Bürgersteig. Mit Mühe gelang es ihr, einigen Passanten auszuweichen und das Rad im rechten Winkel in die Paradestraße zu zwingen. Hinter ihr quietschten Bremsen. Jemand hupte wütend. Nach zweihundert Metern kreuzte die Paradestraße den Bundesring. Ellen fuhr entgegen der Fahrtrichtung hinein. Erst jetzt reduzierte sie auf normales Tempo. Hier konnte Eberle ihr nicht mehr folgen.

8
     
    Hassan Nabil zerrte an einer Zeitschrift, die im schmalen Schlitz des

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