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Zehntausend Augen

Zehntausend Augen

Titel: Zehntausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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Zugriffe auf Ihre Seite so lenken, dass die meisten nicht nach Berlin gehen und dort alles verstopfen. Einen Teil des Datenstroms können wir schon vor der Grenze abfangen und in unser Rechenzentrum in Philadelphia leiten. So verteilen wir den Traffic.«
    »Und das können Sie einfach so machen? Bis morgen?«
    »Einfach geht das nicht. Und über Nacht schon gar nicht«, gab Becker zu. »Aber ich habe mir gestattet, mehrere Dutzend Techniker an diese Aufgabe zu setzen. Sie arbeiten bereits intensiv daran.«
    »Ohne das mit uns abzusprechen? Ohne zu wissen, ob sich der Polizeipräsident überhaupt darauf einlassen wird? Warum haben Sie den eigentlich nicht gefragt?«
    Becker zuckte hilflos die Schultern. »Dort ist man im Moment für gar nichts offen. Das Vorzimmer blockt kategorisch alles ab, egal, welche Argumente man bringt. Aber ich weiß, dass Sie eine kluge Frau sind, Frau Faber. Sie werden einsehen, dass Sie gar keine andere Wahl haben, als Hilfe anzunehmen – und das werden Sie Ihrem Präsidenten schon beibringen.«
    »Und was soll das Ganze kosten? Sie machen diese Arbeit nicht aus Menschenfreundlichkeit. Sie sind Geschäftsmann.«
    »Auch Geschäftsleute können menschenfreundlich sein«, erwiderte Becker. »Aber als kleinen Ausgleich für unseren Aufwand möchten wir gerne darauf hinweisen dürfen, dass wir die Berliner Polizei in diesem Fall unterstützen. Mehr wollen wir nicht.«
    »Sie haben recht, mir bleibt keine andere Wahl. Also tun Sie das, was Sie vorgeschlagen haben. Aber halten Sie mich auf dem Laufenden, ich will über alles informiert sein. Meine Nummer haben Sie.«
    »Selbstverständlich. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Auch wenn vieles schon vorbereitet ist, bleibt noch jede Menge zu tun.«
    Ellen war nichts lieber, als dass Becker ging. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte er ihnen mächtig geholfen. Dass sie hierbei über die Köpfe einiger wichtiger Leute im Polizeiapparat hinweg entschieden hatte, würde sie vertreten müssen. Aber wen hätte sie in der Nacht fragen können? Und hätte es eine Alternative gegeben? Sie hätte sich darauf zurückziehen können, dass diese Entscheidung nicht in ihre Kompetenzen fiel, und was dann? Dann wäre die morgige Internetübertragung schiefgegangen – und damit hätten Menschenleben auf dem Spiel gestanden. Dann nahm sie lieber internen Ärger in Kauf.
    Etwas anderes beschäftigte Ellen viel mehr. Diese Begegnung war nicht zufällig zustande gekommen. Sie war gezielt eingeleitet worden – von dem Erpresser. Nur er konnte die SMS auf Beckers Handy manipuliert haben. Er hatte ihr die Hilfe durch Intelko förmlich aufgedrängt.

18
     
    »Da ist sie. Häng dich dran«, sagte Eberle.
    »Ich bin weder blind noch blöd.« Kalle fuhr los.
    »Warum fährt sie in die falsche Richtung? Zum LKA geht es doch da lang.« Eberle deutete mit dem Daumen nach hinten.
    »Du kannst sie ja fragen.«
    »Da habe ich Wichtigeres zu fragen. Das weißt du.«
    »Glaubst du im Ernst, sie gibt dir heute ein Interview?«
    »Irgendwann wird sie. Lass mich nur machen. Halt etwas mehr Abstand, damit sie uns nicht bemerkt. Jetzt ist es noch zu früh.«
    Kalle tat, wie Eberle wollte. Ihm fiel auf, dass die Kommissarin heute ein anderes Rad fuhr, als die Tage vorher. Es erinnerte ihn an die Räder, die bei der Tour de France gefahren wurden. Die Reifen waren so schmal, dass er sie kaum erkennen konnte. Das Rad würde sicher nur ein paar hundert Gramm wiegen und musste eine Stange Geld gekostet haben.
    »Sieht irgendwie gut aus, wie die Faber darauf fährt«, sagte er. »So geschmeidig und kraftvoll.«
    »Bleib du lieber ganz geschmeidig hinter ihr.«
    Ellen Faber bog auf den Tempelhofer Damm ein.
    »Sehr gut«, sagte Eberle. »Ab jetzt geht es ein ganzes Stück geradeaus. Genau, was wir brauchen. Fahr neben sie.«
    Eberle ließ sein Fenster herunter. Kalle fuhr neben die Kommissarin und hupte. Eberle lehnte sich ein Stück heraus.
    »Scheißkerl!«, rief die Faber. »Können Sie mich nie in Ruhe lassen?«
    »Ich will ein Exklusivinterview. Sie werden mich nicht los. Halten Sie an und reden Sie mit mir.«
    »Nichts bekommen Sie. Gar nichts!«
    Die Faber trat fester in die Pedalen, aber Kalle passte auf und blieb neben ihr. Eine Kreuzung kam näher. Die Faber machte eine Bewegung, als wollte sie plötzlich abbiegen, aber noch mal würde Kalle sich nicht hereinlegen lassen. Er fuhr langsamer, um ihr beim Abbiegen folgen zu können. Aber statt abzubiegen, zwang die Faber das Rad

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