Zehntausend Fallen (German Edition)
Junge griff hastig danach.
Ellen wartete, bis er außer Sichtweite war, dabei überlegte sie, was sie als Nächstes tun sollte. Die Zahlenkombination 3578 sagte ihr beim besten Willen nichts, aber sie musste eine Bedeutung haben. Sie konnte sich nicht erinnern, dass im Zusammenhang mit dem Einsatz in der Kammer des Schreckens überhaupt Zahlen aufgetaucht waren. Für eine Telefonnummer war sie auch zu kurz. Vielleicht hatte der Erpresser eine Spur gelegt. Sie ging auf die Industriebrache zu.
Seit letztem Jahr hatte sich nichts verändert. Die Spurensicherung hatte in dem Gebäude und drum herum jeden Stein umgedreht. Außer den beiden winzigen Kameras, die im Mauerwerk versteckt gewesen waren, hatte man keine Spuren gefunden, wie immer, wenn es um den Erpresser ging. Spuren gab es nur, wenn er sie hinterlassen wollte, und dann waren es falsche.
Ellen hörte den Motor eines näher kommenden Wagens. Sie zog sich hinter einen Mauervorsprung zurück und beobachtete die Szene durch eine Ritze. Es war ein Taxi. Das war seltsam. Was wollte ein Taxi in dieser abgelegenen Ecke? Kam der Erpresser damit? Das Taxi war bis auf den Fahrer leer. Es war ein älteres Modell und auch nicht besonders gut gepflegt.
Dann sah Ellen die Nummer: 3578.
Dieses Taxi kam vom Erpresser. Ellen sah sich vorsichtig um und kam hinter dem Mauervorsprung hervor. Das Taxi fuhr auf sie zu und hielt vor ihr.
Der Taxifahrer rührte sich nicht, also ging Ellen auf ihn zu und sah durch das Fenster der Beifahrertür. Der Mann war Ende dreißig, hatte dunkelblondes Haar und trug eine altmodische und viel zu große Sonnenbrille. Sein gelb-braun gestreiftes Poloshirt passte nicht so richtig zu der verblichenen Jeans. Er sagte immer noch nichts. Ellen öffnete die Tür. Ohne sie anzusehen, nickte der Mann , und Ellen stieg ein. Kommentarlos setzte er den Wagen in Bewegung.
Auf die Frage, wohin es ging, antwortete er nicht, genauso wenig auf die anderen Fragen von Ellen. Schließlich ließ sie das Fragen sein und versuchte, anhand der Straßen selbst herauszufinden, wohin die Fahrt ging. Bald waren sie in Berlin-Mitte. Würde der Fahrer sie einfach irgendwo absetzen? Wieder , ohne ein Wort zu sagen? Oder würde sie ihren Erpresser treffen? Ellen konnte nur hoffen, dass Letzteres der Fall war. Sie spürte, wie ihre innere Anspannung mit jedem Meter wuchs. Einmal hatte sie den Erpresser gesehen, und da war er maskiert gewesen. Sogar Handschuhe hatte er getragen. Eigentlich hatte sie nur Kleidung gesehen mit einem Mann drin, von dem sie nicht das Geringste erkennen konnte. Mehr nicht.
Hoffentlich änderte sich das bald. Sie brannte darauf, dem Mann gegenüberzustehen, der ihr Leben aus der Bahn geworfen hatte. Sie wollte ihm in die Augen sehen, wissen, was für ein Mensch er war. Sie hatte sich geschworen, ihn zu jagen – und jetzt brauchte sie ihn.
Das Taxi bog in die Gormannstraße und hielt vor einem Restaurant. Der Fahrer nickte, ohne in ihre Richtung zu sehen. Ellen fragte nach dem Preis für die Fahrt. Der Fahrer tat, als hörte er nichts.
Ellen stieg aus. »unsicht-Bar« las Ellen auf dem Schild über dem Eingang. Sie hatte schon davon gehört. Das hier war das erste Dunkel-Restaurant Deutschlands. Jetzt war sich Ellen sicher, dass das hier der Treffpunkt mit ihrem Erpresser war. Auf so was konnte nur er kommen. Hier aß man und unterhielt sich in völliger Finsternis. Ellen stöhnte innerlich.
Das nächste Mal suche ich mir einen anderen Erpresser.
Warum konnte sie nicht an normale Verbrecher geraten? An solche, die sich in heruntergekommenen, verlassenen Gebäuden trafen? Warum musste es ein durchgeknallter Computerspiele-Entwickler sein, der eine Kammer des Schreckens entwarf und sich mit ihr in einem Dunkel-Restaurant treffen wollte?
Sie würde ihn wieder nicht sehen.
18
Ellen betrat das Foyer. Im Unterschied zu draußen war hier das Licht schon sehr gedämpft. Man hieß sie herzlich willkommen zur Sonderaktion »Dunkles Frühstück«. Normalerweise bot das Restaurant nur Dinner am Abend.
»... und das hier ist Ihr persönlicher Guide, Sahin. Er wird ständig in Ihrer Nähe sein, damit Sie sich jederzeit an ihn wenden können. Er wird Sie jetzt zu Ihrem Platz führen.«
Erst beim zweiten Hinsehen bemerkte Ellen, dass Sahin blind war. Er bewegte sich mit so einer Selbstverständlichkeit auf sie zu, wie es ein sehender Mensch nicht anders gemacht hätte.
»Guten Morgen, Frau Faber«, begrüßte Sahin sie mit einer schleppend monotonen
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