Zehnter Dezember: Stories (German Edition)
rammte ihren Kopf gegen die Wand. Wie ein rasendes Wunderkind schaffte es Heather, die von irgendjemandem geliebt wurde, in ihrer großen, kummerbefeuerten Wut, den Stuhl auseinanderzunehmen, während sie immer wieder ihren Kopf gegen die Wand rammte.
»Himmel«, sagte Verlaine.
»Verlaine, Kopf hoch«, sagte Abnesti. »Jeff, hören Sie auf zu heulen. Anders als Sie vielleicht denken, bringt uns Heulen nicht viele Daten. Geben Sie mir Worte. Damit das hier nicht vergeblich war.«
Ich gab ihm Worte. Ich sprach Bände, vollkommen präzise. Ich beschrieb ein ums andere Mal, was ich fühlte, während ich Heather bei dem beobachtete, was sie jetzt, in voller Absicht, fast in Schönheit, unter Einsatz eines Stuhlbeins mit ihrem Gesicht/Kopf anstellte.
Zu seiner Verteidigung muss ich sagen, Abnesti war auch nicht gerade in bester Verfassung: Er keuchte, die Wangen tomatenrot, und klopfte nonstop auf den Bildschirm seines iMac, was er nur unter Stress tat.
»Time«, sagte er schließlich und drehte das Dunkelfloxx ™ mit seiner Fernbedienung ab. »Scheiße. Rein mit Ihnen, Verlaine. Hopphopp.«
Verlaine hopphoppte in den Kleinen Arbeitsraum 2.
»Reden Sie mit mir, Sammy«, sagte Abnesti.
Verlaine fühlte Heather den Puls, dann hob er die Hände, Handflächen nach oben, so dass er aussah wie Jesus, nur schockiert statt selig, außerdem hatte er seine Brille hochgeschoben.
»Wollen Sie mich verscheißern ?«, sagte Abnesti.
»Was denn?«, fragte Verlaine. »Was soll ich –«
»Verdammt, wollen Sie mich verscheißern ?«, sagte Abnesti.
Abnesti sprang aus seinem Stuhl hoch, schob mich beiseite und stürmte durch die Tür in den Kleinen Arbeitsraum 2.
VIII
Ich kehrte in meinen Bereich zurück.
Um drei meldete sich Verlaine über Lautsprecher. »Jeff«, sagte er. »Bitte kommen Sie in den Spinnenkopf zurück.«
Ich kam in den Spinnenkopf zurück.
»Es tut uns leid, dass Sie das mit ansehen mussten, Jeff«, sagte Abnesti.
»Das war unerwartet«, sagte Verlaine.
»Unerwartet und unglücklich«, sagte Abnesti. »Und Entschuldigung, dass ich Sie geschubst habe.«
»Ist sie tot?«, fragte ich.
»Na ja, es ging ihr schon mal besser«, sagte Verlaine.
»Schauen Sie, Jeff, so was passiert«, sagte Abnesti. »Wir machen Wissenschaft. In der Wissenschaft erforschen wir das Unbekannte. Es war unbekannt, was fünf Minuten Dunkelfloxx ™ mit Heather machen würden. Jetzt wissen wir es. Und außerdem wissen wir, gemäß Verlaines Einschätzung Ihrer Kommentare, dass Sie tatsächlich und ganz sicher keine romantischen Restgefühle für Heather mehr in sich haben. Das ist ein großer Erfolg, Jeff. Ein Hoffnungsstrahl in einem für uns alle traurigen Augenblick. Selbst als Heather mit ihrem Schiff sozusagen in den Wellen unterging, blieben Sie vollkommen unbeirrt darin, sie weiterhin nicht zu lieben. Ich tippe mal, Protkom wird befinden, so: ›Wow, Utica hat sich echt an die Spitze gesetzt, mit diesen umwerfenden neuen Daten zu ED289/290.‹«
Es war still im Spinnenkopf.
»Verlaine, gehen Sie raus«, sagte Abnesti. »Erfüllen Sie Ihre Aufgaben. Machen Sie alles bereit.«
Verlaine ging raus.
»Glauben Sie, mir hätte das gefallen?«, sagte Abnesti.
»Sah nicht so aus«, sagte ich.
»Na, hat es auch nicht«, sagte Abnesti. »Ich fand es schrecklich. Ich bin ein Mensch. Ich habe Gefühle. Aber, die persönliche Trauer mal beiseite, das war gut. Alles in allem haben Sie es großartig gemacht. Wir alle haben es großartig gemacht. Vor allem Heather hat es großartig gemacht. Ich ziehe meinen Hut. Und wir machen einfach – wir bringen diese Sache zu Ende, ja? Wir vervollständigen sie. Wir vervollständigen den nächsten Schritt unseres Bestätigungstests.«
In den Kleinen Arbeitsraum 4 kam Rachel.
IX
»Und jetzt dunkelfloxx ™ en wir Rachel?«, sagte ich.
»Denken Sie doch mal nach, Jeff«, sagte Abnesti. »Woher sollen wir wissen, dass Sie weder Rachel noch Heather lieben, wenn uns nur Daten über Ihre Reaktion auf das, was gerade mit Heather passiert ist, vorliegen? Benutzen Sie mal Ihre grauen Zellen. Sie sind kein Wissenschaftler, aber Sie arbeiten weiß Gott den ganzen Tag mit welchen zusammen. Infusion läuft?«
Ich sagte nicht »Roger«.
»Was haben Sie für ein Problem, Jeff?«, sagte Abnesti.
»Ich will Rachel nicht umbringen«, sagte ich.
»Na, will das etwa wer?«, sagte Abnesti. »Ich? Oder Sie, Verlaine?«
»Nein«, sagte Verlaine über Lautsprecher.
»Jeff, vielleicht vergrübeln Sie sich
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