Zehnter Dezember: Stories (German Edition)
alte Dame mit gebrochenem Herzen, die Verlust der kraftvollen Jugendblüte beweint usw. usf.
Ging rüber und hob Eva hoch.
Armes Ding bebte in meinen Armen.
Eva (flüsternd): Ich wusste nicht, dass wir das Haus verlieren würden.
Ich: Wir werden das Haus – wir werden das Haus nicht verlieren. Mommy und ich finden eine Lösung.
Schickte Kinder zum Fernsehgucken weg.
Pam: Also. Soll ich Dad anrufen?
Wollte nicht, dass Pam Pams Dad anruft.
Pams Dads Name = Reich. Nennt sich tatsächlich selber »Bauer Reich«. Was lustig ist, weil er reicher Bauer ist. Bauer Reich = sehr reich + sehr strikt. Was mich betrifft, kann mich nicht leiden. Hat mehrmals gesagt, ich würde 1) nicht hart arbeiten, 2) mich nicht genug bei meinem Gewicht zurückhalten und 3) mich nicht genug bei meinen Kreditkarten zurückhalten.
Bauer Reich in Topform, keine Kreditkarten.
Bauer Reich kein Fan von SG s. Letzte Weihnachten großer Vortrag für uns alle: SG s zu haben = »Angeberding«. Alles, was Spaß macht = »Angeberding«. Sogar ins Kino gehen = Angeberding. Zur Autowaschanlage fahren, d. h. nicht selber in Einfahrt machen = Angeberding. Einmal bei Besuch guckte er mich komisch an, als ich sagte, ich müsste zu Wurzelbehandlung. Was, dachte ich, Wurzelbehandlung = Angeberding? Aber nein: Hatte nur was gegen Zahnarzt, den ich ausgesucht hatte, weil er Fernsehwerbung von Zahnarzt gesehen hatte und fand, Zahnarzt mit Fernsehwerbung = Angeberding.
Wollte also nicht, dass Pam Bauer Reich anruft.
Sagte zu Pam, wir müssen das so gut wie möglich selber hinkriegen.
Holte Rechnungen raus und machte kleine Bezahl-Übung: Wenn wir Hypothek überweisen, Heizung, AmEx plus 200$ Rechnungen, die wir letztes Mal verschoben haben, wären wir fast bei Null (Rest 12,78$). Wenn wir AmEx + Visa verschieben, würden ca. 880$ frei. Wenn wir außerdem mit Hypothek, Stromrechnung und Premium-Lebensversicherung aussetzen, würden immer noch nur magere 3100$ insgesamt frei.
Ich: Scheiße.
Pam: Vielleicht schreib ich ihm eine Mail. Na ja. Mal sehen, was er sagt.
Pam oben, mailt an Bauer Reich, während ich schreibe.
6. Okt.
Überspringe Beschreibung von Arbeit. Arbeit grad nicht wichtig. Als ich nach Hause kam, stand Pam an Tür, Mail von Bauer Reich.
Bauer Reich = Wichser.
Zitiere teilweise:
Sprechen wir nun von dem, was Ihr mit dem erbetenen Geld anfangen wollt. Werdet Ihr es auf ein Sparkonto für das Studium legen? Keineswegs. In Immobilien investieren? Nein. Ihr hattet die Chance, etwas auszusäen, und habt die wertvollen Samen (Dollars) vergeudet. Und wofür? Eine Darbietung, die manch einer hübsch findet. Also, ich finde sie nicht hübsch. Ich sehe, daß junge Leute hier dasselbe tun. Alte Leute auch. Und hier ist es genauso sinnlos wie bei Euch. Seit wann sind ausgestellte Menschen ein wünschenswerter Anblick? Andere hier tun Gutes in unserer Kirche und führen Armutsbedingungen ins Feld. Okay, das ist schön. Aber wie es aussieht, werdet Ihr bald selbst unter Armutsbedingungen in Euren vier Wänden leben müssen. Und das Motto »Hilf dir selbst, so hilft dir Gott« fällt mir oft ein, wenn ich versucht bin, mein Scherflein in Bezug auf das eine oder andere soziale Anliegen beizusteuern. Obgleich ich nichts dagegen habe, ab und zu dem hiesigen Frauenhaus einen Schinken zu spendieren. Also sage ich nein. Ihr habt Euch selbst in den Schlamassel reingeritten und müßt Euch nun am eigenen Schopf wieder rausziehen, was Euren Kindern (und Euch selbst) eine Lehre sein wird, von der Ihr auf lange Sicht alle profitieren könnt.
Ich: Autsch.
Pam rief Bauer Reich an, bettelte bei Bauer Reich. Bauer Reich setzte ihr am Telefon zu wg. Geld, wg. unserer gesamten Geldgeschichte, d. h. unser kompletter Lebensansatz = verschwenderisch. Bauer Reich sagte, frag mich nicht noch mal. Wir sind in seinen Augen komplett abgestürzt durch saudumme ursprüngliche Entscheidung + nachfolgende verzweifelte Demonstration von Selbstüberschätzung im Bemühen, starrsinnig die saudumme ursprüngliche Entscheidung zu korrigieren.
Das mal dazu.
Lange Stille.
Pam: Himmel. Ist das nicht mal wieder typisch für uns?
Weiß nicht, was sie meint. Oder vielmehr, ich weiß es, bin aber nicht einverstanden. Oder vielmehr, bin einverstanden, wünschte aber, sie würde es nicht sagen. Warum sagen? Sagen ist negativ, gibt uns schlechtes Selbstgefühl.
Ich sage, vielleicht sollten wir einfach beichten, was Eva gemacht hat, und hoffen, dass Greenway Gnade walten lässt.
Pam
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