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Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Titel: Zehnter Dezember: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Saunders
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engagiertesten Lehrer der Schule zu schmeißen. War fast sicher dunkles Kind, schließlich fast alle Schüler bei ihm dunkle Kids. Persönlich nie mit Messer angegriffen worden, aber wäre bestimmt irgendwann passiert, von dem einen oder anderen dunklen Kind. Weil, wenn Kind die Nerven hat, Frosch in Lehrercola zu schmeißen, gibt’s keine Grenzen, d. h. Messerstecherei = nächster logischer Schritt.
    Kids sind doch bloß Kids, sag ich.
    Ja und nein, sagt Jerry. Kinder = zukünftige Erwachsene. Was der Gans nicht schadet, schadet auch dem Gänserich nicht. Hat mal Film gesehen über Löwenbaby, das sich austoben durfte: Ausgewachsener Löwe fraß dann Besitzer. Daher feste Hand oberstes Gebot bei Kindern.
    Jerry in letzter Zeit einsam, sagt er. Seine Frau vor kurzem gestorben. War nicht geplant, dass sie zuerst stirbt. Gesund war immer sie. Jetzt ist er bisschen verloren. Frau war bestenfalls Strich in Landschaft. Gegen Ende fast nicht mehr da. Jerry nie in Eile, nach Hause zu kommen. Haus so still, seit Frau tot ist. Hat keine Enkel, weil nie Kinder gehabt, weil Frau fragwürdige Eier.
    Daher massenweise Zeit für unseren Fall.
    Irgendwas stinkt hier, sagt Jerry. Sieht nicht nach typischer Aktivistennummer aus. Aktivisten hinterlassen normalerweise Visitenkarte: »Semplica soll in der Hölle schmoren« hinterlassen einzelnen roten Wimpel. Women4Women hinterlassen Flugblatt + Bandaufnahme von SG s, die alle beleidigenden/ärgerlichen Handlungen der Familie während Zeit in deren Garten auflisten. Aktivisten haben oft Arzt dabei, um die Mikroleitung zu entfernen, bevor SG s in Lieferwagen einsteigen. Aber Bullen haben Schleifspuren von Mikroleitung bei unserem Tor gefunden, SG s sind also zu Fuß geflohen, Mikroleitung immer noch drin?
    Passt nicht zusammen.
    Jerry riecht da was.
    Aber keine Sorge, sagt Jerry: Er ist »hier, um zu bleiben«.
    Jetzt setzt er sich erst mal Zeitlang in Garten. So geht er manchmal vor: sich »direkt in Kopf des Täters versetzen«.
    Jerry hustet, humpelt in Garten.
    Gehe rein. Erzähle Pam alles.
    Pam und ich am Fenster, beobachten Jerry.
    Thomas: Wer ist das?
    Ich: Bloß ein Typ.
    Pam: Geht nicht da raus. Redet nicht mit ihm oder so was.
    Lilly: Er ist in unserem Garten, aber wir dürfen nicht mit ihm reden?
    Ich: Ja. Korrekt.
    Fast Mitternacht jetzt, als ich schreibe. Jerry immer noch in Garten (!). Jerry raucht, Jerry summt dieselbe Vier-Noten-Phrase, immer wieder. Kann ihn von Gästezimmer aus hören + seinen Rauch riechen. Würde gern runtergehen und ihn aus Garten jagen. Sagen: Jerry, das hier = unser Garten. Unsere Kinder schlafen, haben morgen Schule, wenn Sie sie mit Gesumme aufwecken, haben die harten/müden Tag in der Schule. Und, Jerry, wir erlauben nicht, dass im oder beim Haus geraucht wird.
    Kann ich aber nicht machen.
    Darf Jerry nicht im Geringsten verstimmen.
    Gott.
    Haushalt im freien Fall, Leser der Zukunft. Alles chaotisch. Kinder spüren Anspannung und streiten ganzen Tag. Nach Abendessen hat Pam Kinder vor Sendung »Ich, Grabschius« erwischt (verboten) = Show, wo ein Typ sich ein Mädchen zum Daten aussucht, indem er Brüste von Kandidatinnen durch zwei Löcher in Trennwand betastet. (Brüste werden nicht wirklich gezeigt. Nur Gesichtsausdruck von Typen, wenn er sie betastet, und Gesichtsausdruck von Mädchen, wenn er sie betastet, und Gesichtsausdruck von Mädchen, wenn er Bewertung verkündet. Trotzdem: schlechte Show.) Pam in die Luft gegangen: Wir sind als Familie in der schwierigsten Lage, die es je gab, und so benehmen sie sich?
    Als Kinder kamen, ließen Pam und ich alles fallen (Jugendträume von Reisen, Abenteuern, usw. usf.), um gute Eltern zu sein. War kein aufregendes Leben. War viel Schinderei. An vielen Abenden bis spät auf, unerfüllte Pflichten, erschöpft, lange am Rödeln. Oft, wenn wir zerzaust + müde, Babykacke und/oder -kotze auf Hemd oder Bluse, stand einer da und lächelte erledigt/wütend in Kamera, die der andere hielt, Haare schlampig, weil Friseur teuer, unmodische Brille rutscht Nase runter, weil keine Zeit, Gestell richten zu lassen.
    Und nach alldem, wo sind wir jetzt?
    Einfach Pech.
    Eben durch Flur, um nach Kids zu schauen. Thomas im Bett mit Ferber. Nicht erlaubt. Eva im Bett mit Lilly. Nicht erlaubt. Eva, Ursprung von ganzem Tohuwabohu, schläft wie Baby.
    Am liebsten Eva geweckt und ihr gesagt, alles wird gut, sie hat gutes Herz, ist nur jung + verwirrt.
    Nicht getan.
    Eva braucht Ruhe.
    Auf Lillys Schreibtisch: Plakat, an dem

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