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Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Zehnter Dezember: Stories (German Edition)

Titel: Zehnter Dezember: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Saunders
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seit vier Monaten keine Miete mehr gezahlt.«
    »Drei«, sagte Ma.
    »So behandeln Sie die Familie eines Helden?«, sagte Harris. »Er ist da drüben und kämpft, und Sie sind hier und behandeln seine Mutter ungerecht?«
    »Mein Freund, entschuldigen Sie, das ist keine ungerechte Behandlung«, sagte der Mann. »Sondern eine Wohnungsräumung. Wenn sie ihre Miete bezahlt hätte, und ich würde sie rauswerfen, das wäre ungerechte Behandlung.«
    »Und ich arbeite für eine Piepkirche!«, schrie Ma.
    Der Mann war zwar ein Fettsack mit hängender Hose, aber bewundernswert kühn. Er betrat das Haus und kam mit dem Fernseher wieder heraus, den er so gelangweilt trug, als wäre es sein eigener, und er hätte ihn lieber im Garten.
    »Nein«, sagte ich.
    »Ich weiß zu schätzen, dass Sie gedient haben«, sagte er.
    Ich packte ihn beim Hemd. Mittlerweile war ich gut darin, Leute beim Hemd zu packen, ihnen in die Augen zu sehen, sie direkt anzusprechen.
    »Wessen Haus ist das?«, sagte ich.
    »Meins«, sagte er.
    Ich stellte meinen Fuß hinter ihn und ließ ihn zu Boden gehen.
    »Mach mal sachte«, sagte Harris.
    »Das war sachte«, sagte ich und trug den Fernseher wieder hinein.
    6.
    Am selben Abend kam der Sheriff mit ein paar Packern an, die das ganze Haus auf den Rasen leerten.
    Ich sah sie kommen und ging zur Hintertür raus und schaute mir das Ganze von der High Street aus an, wo ich im Hochsitz hinter den Nestons saß.
    Ma war auch draußen, schlug die Hände überm Kopf zusammen und lief zwischen ihrem aufgehäuften Plunder herum. Es war melodramatisch und auch wieder nicht. Ich meine, wenn Ma tiefe Empfindungen hat, macht sie genau das: Melodrama. Wodurch es dann wohl kein Melodrama mehr ist?
    In letzter Zeit war es mir öfter passiert, dass ein Plan direkt von oben herniedergeschwebt kam und mir in Füße und Hände fuhr. Wenn das geschah, wusste ich, darauf konnte ich bauen. Dann wurde mein Gesicht heiß, und innerlich spürte ich so was wie, Los, los, los.
    Meistens hatte mir das etwas gebracht.
    Der jetzt herniederschwebende Plan lautete: Ma packen, sie ins Haus schubsen und hinsetzen, Harris einsammeln und hinsetzen, den Laden abfackeln oder zumindest die ersten Schritte unternehmen, um den Laden abzufackeln, damit sie mal aufpassten und mit den Kindereien aufhörten.
    Ich stürmte den Hügel runter, schubste Ma ins Haus, setzte sie auf die Treppe, packte Harris am Hemd, stellte meinen Fuß hinter ihn und ließ ihn zu Boden gehen. Dann hielt ich ein Streichholz an den Teppich auf der Treppe, und sobald er anfing zu brennen, hob ich einen Finger, so: Ruhe, durch mich strömt die Kraft einer noch frischen finsteren Erfahrung.
    Sie hatten beide dermaßen Angst, dass sie kein Wort sagten, worauf ich mich schämte, die Art Scham, die man nicht durch ein Tutmirleid wieder loswird, da gibt’s nur eins: rausgehen und noch mehr Scham ansammeln.
    Ich trat den brennenden Teppich aus und ging rüber in die Gleason Street, wo Joy und die Babys bei Arschloch wohnten.
    7.
    Voll der Hammer: Bei denen sah es noch schicker aus als bei Renee.
    Im Haus war es dunkel. Drei Autos standen in der Einfahrt. D. h., sie waren alle zu Hause und lagen im Bett.
    Ich stand da und dachte ein bisschen darüber nach.
    Dann ging ich wieder zurück in die Innenstadt und in einen Laden. Ich glaube, es war ein Laden. Ich konnte nicht so genau sagen, was sie da verkauften. Auf gelben Tresen, die von innen beleuchtet waren, lagen schwere Schilder aus blauem Plastik. Ich nahm eins in die Hand. Darauf stand das Wort »Mii VOX MAX «.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Mehr so, wofür ist das, so würd ich das sagen«, antwortete ein Jungchen.
    »Wofür ist das?«, fragte ich.
    »Eigentlich ist das hier«, sagte er, »wohl mehr das Richtige für Sie.«
    Er gab mir das gleiche Schild, aber mit dem Wort »MiiVOX MIN « drauf.
    Dann kam ein anderes Jungchen mit Espresso und Keksen.
    Ich legte das MiiVOX MIN- Schild hin und nahm mir das MiiVOX MAX -Schild.
    »Wie viel?«, fragte ich.
    »Sie meinen Geld?«, sagte er.
    »Was kann das?«, fragte ich.
    »Also, wenn Sie fragen, ob es ein Datenspeicher ist oder eine informationshierarchische Domain?«, sagte er. »Dann wäre die Antwort: Ja und Nein.«
    Sie waren goldig. Keine Falte im Gesicht. Wenn ich sage, es waren Jungchen, dann meine ich, sie waren ungefähr in meinem Alter.
    »Ich bin lange weg gewesen«, sagte ich.
    »Willkommen zu Hause«, sagte das erste Jungchen.
    »Wo waren Sie?«, fragte Nummer

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