Zeichen im Schnee
stellen, die ihrer Meinung nach womöglich etwas über den Tod ihres Stiefsohns wussten, das Versprechen abgenommen, nie wieder etwas so Leichtsinniges zu tun. Woraufhin sie ihn gewarnt hatte, dass Menschen ihre Versprechen nicht immer hielten.
«Hör mal, Polizist, ich mache Galloway keinen Vorwurf, dass er abgehauen ist, ich mache ihm nicht mal einen Vorwurf, dass er mir einen über die Rübe gezogen hat, auch wenn es nicht so nett war, mich den Wölfen zu überlassen. Ich musste einfach rausfinden, was er wusste, und jetzt bin ich mir überhaupt nicht mehr sicher, ob Galloway der Täter ist.»
«Wieso bist du von dieser Geschichte eigentlich so besessen?»
Edie verzog das Gesicht. Das Öl brannte auf ihrem Schädel. «Ich habe den kleinen Jungen im Schnee gefunden. Dieses Kind hat niemanden, der die Wahrheit darüber herausfinden will, wie und warum es starb.»
«Außer dir, seiner Ritterin in glänzender Rüstung.» Derek fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. «Vielleicht kennen seine Leute die Wahrheit, Edie, und erzählen es dir nur nicht. Schon mal daran gedacht?»
Megan warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Er hob abwehrend die Hände.
«Irgendeine Ahnung, wo Galloway hinwill?» Seine Stimme klang jetzt wieder ganz neutral – der Tonfall eines Ermittlers.
«Anatol hat mir erzählt, dass er ursprünglich aus Kanada stammt. Vielleicht dahin?»
Die Tür ging auf, und Zach kam herein. Er schüttelte die Kälte ab. Megan legte das Baby in die Wippe, begrüßte ihn und ging in die Küche, um Teewasser aufzusetzen. Er setzte sich und rieb sich die Hände, um sie zu wärmen. Dann nahm er seine Tochter aus der Wippe und nahm sie auf den Schoß.
«Hast du rausgefunden, wer das Kalb liegen lassen hat?»
Zach schüttelte den Kopf.
«Wahrscheinlich Touristen, die zum Iditarod-Rennen hier sind. Das kommt öfter vor. Ich habe die Hotels gebeten, mich zu informieren, falls jemand in ihrer Küche seine Moschusochsensteaks gebraten bekommen will.»
Zach ließ das Kind auf seinem Schoß hopsen.
Megan kam aus der Küche und fragte Derek, ob er schon mehr über den mysteriösen Anruf wisse.
«Nö.»
Edie kam ein Gedanke.
«Ist die örtliche Polizei mit ihren Nachforschungen über diesen Larsen irgendwie weitergekommen?»
Zach sah sie bekümmert an. «Wir haben den Flughafen angewiesen, nach diesem Drecksack von Piloten Ausschau zu halten, der die Mädchen einfliegt, aber der ist wahrscheinlich nur der Laufbursche.»
«Larsen hat gesagt, Fonseca wäre der Kopf.»
«Richtig», erwiderte Zach. «Der gleiche Typ, von dem die kleine Littlefish behauptet, er sei der Vater ihres Sohnes. Derek hat uns ins Bild gesetzt.»
«Hatte Larsen noch irgendwelche Informationen über Fonseca?»
«Wir haben aus dem Pisser fast nichts Verwertbares rausgekriegt. Nicht, dass er nicht geredet hätte. Als Derek und ich mit ihm fertig waren, war er so weit, dass er sogar seine eigene Großmutter verraten hätte. Er wusste einfach nichts.»
«Und was ist mit dem Mädchen, Larsens …» sie schaffte es nicht, es auszusprechen, «… was auch immer? Hat sie euch irgendwelche Hinweise gegeben? Irgendwelche Namen?»
«Wir haben sie nicht wiedergefunden, und ich fürchte, weder die Polizei von Nome noch die anderen Stationen haben besonders gründlich nach ihr gesucht. Eine Ausländerin, wahrscheinlich ohne Papiere, ohne eine Akte in diesem Land, gehört nicht gerade zu denen, die hier besonders vermisst werden.»
«Das stinkt schlimmer als ein Hundefurz.»
Zach zog gequält die Augenbrauen hoch. «Willkommen in meiner Welt. Hätte die Polizei von Nome Druck gemacht, hätten sie jetzt die Ermittler aus Anchorage am Hals. Das ist das Letzte, was die wollen. Wieso fragst du?»
«Ich dachte gerade, wer auch immer mich angerufen und mir gesagt hat, ich müsste sofort hierherkommen, wollte mich vielleicht ablenken, mich dazu bringen, Anchorage zu verlassen.»
«Willst du damit sagen, dass die Polizei von Nome dahintersteckt?»
«Nein.»
Zach hatte angefangen, seiner Tochter lustige Grimassen zu schneiden. Das kleine Mädchen lachte und griff nach seinem Gesicht. Vielleicht wollte er damit signalisieren, dass er sich nicht zu sehr auf die Sache einlassen wollte. Edie verstand, dass er sich in einer schwierigen Situation befand, in einer Zwickmühle zwischen Derek und ihr und der Polizei von Nome, und sie wollte ihn nicht drängen. Er musste an sein Kind denken.
Aileens Warnung in der
Klondyke
Bar fiel ihr ein. Die Stimme auf
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