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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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hervorragend auf Assmanns Garderobenfenster. Eines sage ich euch: Wir werden nach dieser verdammten Aufführung
jeden
identifizieren, der ins Theater rein und wieder raus ist.«
    Der Kriminalhauptkommissar balancierte die Gläser durch die Menge.
    Zwischen drei älteren Damen in viel zu engen Paillettenkleidern lächelte Hanna ihm unter einer kunstvollen Hochsteckfrisur zu. Zwei Strähnen umspielten ihr helles, ovales Gesicht mit den hohen Wangenknochen. Sie war kaum geschminkt, nur die Wimpern hatte sie etwas getuscht, und ein perlmuttfarbener und brauner Lidschatten betonte dezent ihre dunklen Augen. Sie nahm das Sektglas. Die Strapazen der letzten Wochen und die kurze Nacht nach dem Tierklinikbesuch sah man ihr kaum an. Auch nicht, dass sie sich kaum bewegen konnte wegen der Rückenschmerzen. Moritz vermutete, dass Hanna nicht eine, sondern drei 600 -Milligramm-Ibuprofen-Tabletten geschluckt hatte und jetzt die Tapfere gab. Wie immer.
    Sie stießen an, als Edith Berger durch eine Glastür trat. Ihr langes Kleid wechselte wie ein Chamäleon von Violett zu Türkis und Smaragdgrün, als sie durch die Menge schritt, ein paar Leute begrüßte, lächelte und nickte. Immer wieder legte sie dabei eine Hand an den großen Kettenanhänger, dessen Motiv Ehrlinspiel nicht erkennen konnte, der aber perfekt zum Silbergrau ihres kurzen Haares passte.
    »Und?«, fragte Hanna. Sie stellten sich etwas abseits, und beim Gehen raschelte der dunkelpinkfarbene Stoff ihres trägerlosen Kleides. Es war auf Taille geschnitten, der Rock reichte bis zu den Knien und war leicht gebauscht.
    »Sie lenken mich ab, schöne Frau«, flüsterte der Hauptkommissar. »Ich bin im Dienst! Und auch wenn ich mich wiederhole: Du hältst dich heute Abend zurück. Du bist nur als Zuschauerin da!« Zu gut kannte er Hannas Neugier.
    »Du hast da Katzenhaare.« Sie zupfte an seiner Schulter und blickte dabei demonstrativ im Foyer umher. Er lächelte trotz seiner inneren Anspannung. Was er noch nicht gekannt hatte, war ihr Elan, wenn es um seine Kater ging. Sie hatte schnell und souverän gehandelt, Bentley und ihn durch die Nacht in die Klinik gefahren, mit ihm gewartet. Nach drei Stunden waren sie wieder zu Hause gewesen. Zwei Infusionen hatten den Siamkater vorerst gerettet. Doch über den Berg war er noch nicht.
    »Hast du mit Assmann gesprochen?«, fragte Hanna.
    »In der Garderobe, Frau Paparazzi.« Niemand außer der Polizei kannte die Forderung des oder der Entführer. Keiner wusste, dass der Abend vielleicht über Leben und Tod der Kinder entschied. Auch Hanna nicht. Für die Öffentlichkeit lag der einzige Reiz, wenn nicht in der Kunst, dann darin, dass die Kinder des Hauptdarstellers entführt worden waren. Kein Wunder, dass der Hauptkommissar viele Presseleute unter den Gästen erkannte. Auch Elisabeth Heinemann, die Mathelehrerin von Rebecca, hatte er ins Theater huschen sehen, als er vor gut einer Stunde auf dem Weg zu Assmanns Garderobe gewesen war. Durch die Garderobentüren war ein Zischen und Brummen gedrungen, leise Laute wie ein Babybrabbeln, und irgendwo am Ende des Flurs rief jemand in gleichmäßigen Rhythmen und ununterbrochen »pe, te, ka, zett, zett, njang, njang, pe, te, ka, zett, zett …«. Nur bei Assmann war es still. Die Tür war angelehnt, davor stand Jo Krenz, breitbeinig, die Arme verschränkt. Er schüttelte den Kopf, als Ehrlinspiel ihn fragend ansah. Assmann saß auf dem Stuhl, um die Augen dunkel geschminkt. Er trug die Rüschenbluse. Der Umhang lag auf dem Boden. Vor ihm stand ein unangetastetes Glas Wasser.
    »Was werden Sie tun?«
    »Verlieren.«
    Ehrlinspiel setzte sich mit einer Pobacke auf den Tisch vor Assmann. »Wir kennen den Gegner nicht. Aber wenn Sie verlieren, gewinnen Marius und Rebecca. Vergessen Sie das nicht. Bitte.«
    Assmann hatte genickt. »Ich werde auftreten. Ich werde …«
    »Da draußen sitzen fast achthundert Menschen. Und ich sage es noch einmal: Die werden Ihnen eher gewogen sein, wenn Sie Ihre Kinder retten, anstatt auf Teufel komm raus ans Burgtheater zu wollen.«
    »Auf Teufel komm raus. Wie ironisch.« Er trank. Blickte zu Boden.
    »Todernst.«
    Assmann lachte auf.
    »Seien Sie ein Mensch, Herr Assmann!« Ehrlinspiel spürte den Druck hinter seinen Augen. Wut, Hoffnungslosigkeit … und später vermutlich rasende Kopfschmerzen. Er hätte auch ein Ibuprofen nehmen sollen. Prophylaktisch. »Oder können Sie die nächsten vierzig Jahre damit leben, zwei Kinder auf dem Gewissen zu

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