Zeit der Dunkelheit (Band 4)
Getrocknetes Blut klebte an der Spitze ihres einen Ohrs und Rostfells Augen waren stumpf vor Müdigkeit. Die Schlacht war auch am SchattenClan nicht spurlos vorbeigegangen. Dann entdeckte sie Eulenpfote hinter seinen Clan-Gefährten. Der Schüler blickte ängstlich zur Sonne auf, die jetzt feuerrot hinter den Baumwipfeln unterging. Hatten sie Angst, dass der SternenClan sie noch einmal verschwinden lassen würde, wenn sie wieder anfingen zu kämpfen?
»Sie werden nicht angreifen«, flüsterte Distelpfote. Sie stieß Löwenpfote an und deutete mit der Nase auf die Sonne.
Anscheinend hatte er verstanden. »Kommt.« Er winkte Sol und seinen Clan-Gefährten mit der Schwanzspitze. »Gehen wir nach Hause.«
»Wartet!«, befahl Rostfell.
Distelpfote erstarrte. So einfach würden sie also doch nicht davonkommen.
»Ihr kommt mit und werdet Schwarzstern erklären, was ihr an unserer Grenze zu suchen habt.«
Häherpfote fauchte: »Wir haben die Duftlinie doch gar nicht überquert!«
»Aber ihr seid ziemlich dicht dran.« Rostfell schnippte mit dem Schwanz, worauf ihre Patrouille über die Grenze schoss und die DonnerClan-Katzen umringte.
Löwenpfote machte einen Buckel und fauchte, Distelpfote ließ die Krallen ausfahren, aber Sol sah die SchattenClan-Katzen nur an. Sein ruhiger Blick schien sie zu verunsichern, sodass sie sich wieder ein Stück zurückzogen.
»Was für eine Art Einzelläufer bist du?« Rostfell musterte ihn von oben bis unten, ihr Pelz war gesträubt. »Weißt du nicht, dass wir Krieger sind?«
»Doch, das weiß ich.« Sol erwiderte ihren Blick. »Schwarzstern ist euer Anführer, nicht wahr?«
Rostfell legte die Ohren an. »Ja«, antwortete sie misstrauisch.
»Ich würde ihn gern kennenlernen.«
Distelpfote sank der Mut. Sie hatten keine Zeit, zum SchattenClan-Lager zu laufen! Feuerstern konnte jetzt jeden Moment bemerken, dass sie nicht mehr da waren.
Häherpfote tappte Richtung Grenze. »Dann gehen wir eben mit«, miaute er. »Schließlich kann Sol von einem fremden Clan eine Menge lernen.«
Er könnte uns SchattenClan-Geheimnisse verraten! Vielleicht war die Idee doch nicht so schlecht. Und wenn dabei herauskam, dass sie Informationen über einen fremden Clan sammelten, war Feuersterns Ärger gar nicht mehr so wichtig. Distelpfote schloss sich Häherpfote an und freute sich, wie verwirrt ihre Häscher vom SchattenClan plötzlich dreinblickten. An seine Schulter gelehnt, führte sie ihren Bruder durch den fremden Wald, sodass er dem unscheinbaren Pfad gefahrlos folgen konnte. Löwenpfote lief wenige Schritte voraus und rief ihnen bei jedem Zweig oder Beuteloch im Weg eine Warnung über die Schulter zu. Sol hatte sich neben ihnen eingereiht und blickte sich interessiert im Wald um.
Rostfell ließ den Fremden nicht aus den Augen. Bedauerte sie inzwischen, dass sie ihn ins Herz ihres Territoriums geführt hatte?
Nach einer Weile erkannte Distelpfote die Landschaft wieder. Ein Hang führte zu einem schmalen Kamm hinauf. Auf diesem Weg war sie gekommen, als sie Schwarzstern um Hilfe gebeten hatte. Wenige Pfotenschritte später entdeckte sie zwischen den Bäumen den riesigen Brombeerwall, der das SchattenClan-Lager umschloss.
Diesmal hielt Eschenkralle am Eingang Wache, sein roter Pelz war der einzige Farbfleck im dämmrigen Wald. Erstaunt sah er die Patrouille näher kommen, aber Rostfell führte ihre Gefangenen wortlos an ihm vorbei.
Efeuschweif und Pilzkralle sprangen auf die Pfoten, als die DonnerClan-Katzen das Lager betraten. Eine halb verzehrte Maus lag zwischen ihnen. Schlangenschweif und Fleckenpfote standen mitten auf der Lichtung und starrten Sol mit unverhohlenem Entsetzen an.
»Wer ist das?«, flüsterte Fleckenpfote.
Schlangenschweif prüfte die Luft. »Keine Clan-Katze, so viel ist sicher.«
»Wo sind die denn alle?«, fauchte Löwenpfote Distelpfote leise ins Ohr.
Distelpfote sah sich im Lager um. Es war seltsam leer. »Wahrscheinlich ruhen sie sich von der Schlacht aus.«
»Wartet hier«, befahl Rostfell und verschwand in Schwarzsterns Bau.
An der einen Seite des Lagers raschelte es unter den Brombeeren. Distelpfote erkannte den Eingang zur Kinderstube, wo Schneevogel Bernsteinpelz’ Junge eingesammelt hatte. Flammenjunges, Lichtjunges und Tigerjunges tollten jetzt draußen herum, ihre Augen leuchteten begeistert auf.
»Distelpfote!« Flammenjunges hatte sie als Erstes erreicht und wollte sich mit einem Satz auf ihren Schwanz stürzen. Sie wirbelte herum und begrüßte
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