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Zeit der Eisblueten

Zeit der Eisblueten

Titel: Zeit der Eisblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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Hause kommen. Ich habe nicht mit Dir gerechnet, also brauchst Du Dir deswegen keine Sorgen zu machen. Der Hausverkauf läuft. Abschluss Anfang Januar. Dubai war hervorragend, danke der Nachfrage. Alles bestens.
    Gruß
    Isabel
    Isabel trieb fort wie ein Schiff auf einem Ozean, das kleiner und kleiner wird, bis es mit dem Horizont verschmilzt. Er dachte objektiv über sie nach – über ihr Charisma, ihr aufbrausendes Temperament, ihr schönes, markantes Profil, ihren ungewöhnlichen Charme, sogar über ihre Eifersucht und ihren Starrsinn – und er begriff, dass er Glück gehabt hatte. Er war dankbar, ihr Ehemann gewesen zu sein.
    Das Befremdliche war, dass ihn das alles nicht mehr berührte. Lieferte dies einen Beweis für die Oberflächlichkeit seiner Gefühle, für eine seelische Verkümmerung? Die Frau, die er so leidenschaftlich zu lieben gemeint hatte, entglitt ihm – offenbar, weil sie etwas Besseres gefunden hatte –, und ohne den Wandel seiner Empfindungen auch nur bemerkt zu haben, stellte er nun bei sich keine wirkliche Trauer oder Bedrücktheit fest. Der letzte heftige Schmerz des Bedauerns hatte sich in einem plötzlichen und abschließenden Tränenstrom entladen, und danach hatte er sich erleichtert gefühlt … fast gereinigt. Er prüfte sich, seine Emotionen und Motive, aber er fand keine Erklärung für das Fehlen von Kummer und Leid.
    Vielleicht lag es an seinem Zorn. Er fand sich im Stich gelassen, als er sich einer Angelegenheit widmen musste, die sich als eine der bestürzendsten Erfahrungen seines Lebens erweisen sollte – abgesehen von seinem katastrophalen Fehler bei Derek Rose und den damit verbundenen Auswirkungen. Isabel hatte ihn nicht unterstützt, ihm nicht vertraut. Sie hatte nie begriffen, dass er sich unschuldig fühlte, ganz und gar unschuldig, bis ihn der verdammte Bericht, der schwarz auf weiß seine Vaterschaft belegte, eines Besseren belehrte. Es schien, dass sie die Ehe mit ihm zu den Akten gelegt und ihre Sehnsucht und ihren Ehrgeiz auf ein neues Ziel gerichtet hatte, um sich in der großen Designerwelt unentbehrlich zu machen. Um reich und mächtig, vielleicht sogar berühmt zu werden.
    Dafydds Ehrgeiz hingegen war kleiner geworden. Wenn Isabel je gebangt hatte, dass ihn seine neuentdeckten Kinder von ihr fortreißen würden, dann stimmten ihre Befürchtungen. In ihm war ein Gefühl väterlicher Verantwortung geweckt worden, von dem er sich nicht einfach abwenden konnte, was auch immer das für die Zukunft heißen mochte. Sein Schicksal war seltsamerweise mit diesem Gefühl verbunden.
    Als Dafydd zu Ians Hütte hinauffuhr, fielen seine Scheinwerfer auf den breiten Hintern von Hoggs Geländewagen, der den Weg zum Hof versperrte. Eine plötzliche Besorgnis überkam ihn. Er hatte Ian nicht erneut wegen des Demerol-Transports zur Rede gestellt, und ein paar flüchtige Überprüfungen des Kofferraums hatten auch keine belastenden Päckchen mehr zutage gefördert. Dennoch war er ein paarmal entsetzt über seine eigene unbekümmerte Haltung gewesen. So etwas ließ sich nicht auf Dauer unter den Teppich kehren. Der Umgang mit Diebesgut, dazu noch mit Drogen, war ein Verbrechen, durch das er sich genauso strafbar machte wie Sheila. Das durfte nie wieder geschehen.
    Er fragte sich, was Hogg hier zu suchen hatte und in welchem Zustand sich Ian befand. Es war kurz vor sieben, etwa die Zeit, zu der sich Ian seinen abendlichen Fix verabreichte. Dafydd kam zu dem Schluss, dass er keine andere Wahl hatte, als zu ihnen reinzugehen, da das Geräusch des Autos sie auf seine Anwesenheit aufmerksam gemacht haben musste.
    »Oh, sehr gut, sehr gut«, meinte Hogg, als er eintrat. »Sie kommen uns wie gerufen.«
    Ian saß am Küchentisch und sah grässlicher aus denn je. Thorn lag auf einem alten Elchfell in der Ecke und winselte leise.
    »Ich habe gerade versucht, Ian klarzumachen, dass wir ihn am Montag endgültig zurückerwarten, weil Sie die Vertretung bei uns beendet haben«, sagte Hogg müde. »Oder nicht?« Er warf Dafydd einen flehenden Blick zu. Er wirkte erschöpft. Der dichte Haarschopf saß wie ein Fremdkörper über seinem bleichen, aufgedunsenen Gesicht, als handelte es sich um eine billige, schlecht sitzende Perücke.
    Die drei Männer betrachteten einander und warteten jeweils darauf, dass einer der anderen beiden die Initiative ergriff. Durch Ians passive Gleichgültigkeit und Hoggs matten Ärger blieb Dafydd diese Aufgabe überlassen. Da beide in seine Richtung schauten, wusste er,

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