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Zeit der Eisblueten

Zeit der Eisblueten

Titel: Zeit der Eisblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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beschämt über seine eigene Unverfrorenheit. »Äh … Bist du … mit jemandem zusammen? Wird mein Kommen irgendjemanden stören?«
    »Nein, keine Sorge.« Er konnte spüren, dass sie lächelte. »Es gab eine Zeit lang jemanden, aber er kam mit Charlies Unfall nicht zurecht, mit der Zeit, die ich aufwenden musste …«
    »Das tut mir leid.«
    »Mir nicht.«
    »Ich rufe dich an, sobald ich eine Reisemöglichkeit gefunden habe.«
    »Es gibt die Post … Ein Flugzeug, das einmal die Woche kommt …«

KAPITEL
20
    D AFYDD LEGTE AUF . Seine Hand zitterte noch immer. Die Wahrheit über Charlie war überwältigend. Ein Sohn. Nein, noch ein Sohn. Er hob die Hände zum Kopf, schloss die Augen und atmete tief durch. Dann versuchte er, die Tür zu öffnen, die sich wie eine Ziehharmonika falten ließ, aber sie hatte sich irgendwie verklemmt. Er rüttelte an ihr und geriet in Panik, die nicht einer Angst, sondern einer tiefen inneren Anstrengung entsprang; es war etwas, das versuchte, aus dem Kern seines Seins hervorzubrechen. Alles erschien fehlgeleitet, durcheinandergeraten, verrückt.
    Er hörte auf, sich gegen die Tür zu stemmen und an ihr zu rütteln, und blickte durch eines der kleinen Fenster auf den großen Kronleuchter im Foyer. Die vielen Lichter blendeten ihn. Er starrte in die Helligkeit, während sein Gehirn auf Hochtouren arbeitete. Sein Atem verlangsamte sich … es war wichtig innezuhalten. Etwas stieg in ihm auf, wie ein Wort, das einem auf der Zunge liegt; es schwebte quälend in seinem Unterbewusstsein, vor seinen Augen. Wenn er es nur erkennen könnte …
    Sheila. Sie wusste Bescheid. Was bedeutete das? Sie war die Einzige … Das konnte doch nicht sein? O nein. Es war doch undenkbar, dass …?
    Er atmete tief ein, als ihm schließlich eine abseitige Möglichkeit dämmerte. Während sich die Stücke zusammenfügten, begriff er, dass dies die einzige Erklärung war. Der Schock ließ ihn taumeln. Mit ausgestreckten Armen stützte er sich an der Wand ab. Er hatte Zeit, es war noch etwas Luft vorhanden. Noch würde er nicht ersticken.
    Schnell suchte er nach seiner Brieftasche, zog wieder seine Kreditkarte hervor, schob sie in den Schlitz und entfaltete den Zettel. Ein Schweißtropfen rann ihm über die Stirn ins linke Auge. Er fluchte und wählte.
    »Ashoona.«
    »Entschuldige, ich bin’s noch mal. Uyarasuq, ich muss dich einfach noch nach einer Sache fragen. Ich weiß, es ist eine seltsame Frage, aber beantworte sie mir einfach. Hat Sheila Hailey, als ihr im Krankenhaus wart, Charlie Blut abgenommen?«
    Uyarasuq schwieg einen Moment. »Es wurden viele Blutabnahmen gemacht. Charlie brauchte Transfusionen und …«
    »Ja, entschuldige, natürlich. Aber was ich wissen muss, ist dies: Hat Sheila Hailey persönlich Charlie Blut abgenommen? Und dir auch?«
    »O ja. Als wir dort eintrafen, hat sie sich um fast alles gekümmert. Sie war unglaublich schnell und effizient. Ich war sehr dankbar für alles, was sie für uns tat. Sie schien die Situation sogar besser im Griff zu haben als der Arzt. Warum fragst du?«
    »Ach weißt du, es hört sich verrückt an, aber deine Antwort hat etwas für mich geklärt. Es hat nichts mit mir und dir und Charlie zu tun. Ich erzähl’s dir, wenn wir uns sehen.«
    »In Ordnung, Dafydd.«
    »Wir sehen uns sehr bald. Pass auf dich auf.«
    Als er den Hörer aufgelegt hatte, versagten ihm die Knie endgültig den Dienst. Warum sollte er stehen, wenn er ebenso gut sitzen konnte? Mit dem Rücken an der Wand sackte er langsam auf den Boden und blieb einfach sitzen, dankbar für die Abgeschiedenheit, die abschirmenden Wände, wie eine Mischung aus Safe und heißem Mutterleib. Sheila musste ihr Blut gestohlen haben. Die Folgerungen waren kaum zu verkraften.
    Jemand klopfte an die Tür, und ein besorgtes Gesicht spähte durch das Fenster auf ihn herab. Die Tür ratterte, aber seine Füße waren dagegengestemmt.
    »Sir«, rief die Frau.
    Er erkannte die hochmütige Empfangsdame mit dem blutroten Lippenstift und dem hochgesteckten Haar. »Sir … Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Soll ich einen Arzt rufen?«
    »Ich bin der Arzt«, rief Dafydd zurück und winkte ihr zu. »Ich bin sogar der diensthabende Arzt.«
    Durch ein Glas Wasser erfrischt und durch das unversöhnlich abweisende Verhalten der Empfangsdame gestraft, stand er wieder in der Telefonzelle.
    »Bitte, Sir, schließen Sie die Tür nicht«, rief sie hinter ihm her und blickte ihn über den Rand ihrer Brille hinweg an.
    Dafydd rief

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