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Zeit der Eisblueten

Zeit der Eisblueten

Titel: Zeit der Eisblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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wie sie Dafydd verraten hatte, großen Wert auf Verhütung. Außerdem musste sich Randy schon allein deswegen geschützt haben, weil Geschlechtskrankheiten in der Stadt weit verbreitet waren und er seiner Geliebten nie getraut hatte, nie wusste, wo sie gewesen war, der Beziehung nie eine Zukunft gegeben hatte. Sheila war für ihn eine zeitweilige Ablenkung. Er benutzte sie nur, wie sie ihn benutzte.
    Sheila deutete auf sein Gesicht. »Seit du hier gelandet bist mit deinem schicken Anzug und deiner gerümpften Nase, kotzt du mich an.«
    Sie lehnte den Kopf an die Wand und entblößte ihren glatten weißen Hals. Plötzlich hatte Dafydd ein tiefes Mitleid mit ihr. Sheilas kleiner Plan, eine Familie zu gründen und ehrbar zu werden, war offenbar dem Scheitern nahe. Trotz ihres starken, fähigen Auftretens war sie in Wirklichkeit eine ziemlich vermurkste Person, deren Glasgehäuse auseinanderbrach und deren Plan katastrophal fehlgeschlagen war.
    »Warum zielst mit all diesem Gift ausgerechnet auf mich, Sheila?«
    Sie funkelte ihn an, ohne ihm zu antworten.
    »Erinnere ich dich vielleicht an jemanden? Ist es das?«, fragte er bedächtig. »Ich habe versucht, nicht aufzufallen und einfach meine Arbeit zu machen, so gut ich konnte. Warum werde ich dadurch zu solch einem Arschloch?«
    »Ja, jetzt wo du es sagst, erinnerst du mich an jemanden.« Sheila blickte ihn mit trüben Augen an. »Er war ein eingebildeter, aufgeblasener, herablassender Kotzbrocken. Genau wie du. Sooo unnahbar. Sooo distanziert. Ich war nie gut genug für ihn, was ich auch tat. Genau wie du dachte er, dass er …«
    Dafydd hörte ihr nicht weiter zu. Dieser Schwall aus Beleidigungen enthielt ein interessantes Element, aber er war es plötzlich müde. Sheila redete noch immer auf ihn ein, aber er wusste, dass nichts, was er erwidern konnte, auch nur die geringste Wirkung haben würde. Er schaltete ab und wartete ungeduldig darauf, dass Randy wieder auftauchte, damit er Sheila sicheren Händen überlassen konnte.
    Der Abend neigte sich seinem Ende zu. Dafydd und Brenda machten noch einen Spaziergang durch die Stadt. Ein lauer Frühlingswind wehte, und in der Luft lag der Geruch von Kiefern. Seit Wochen schien der Boden zum ersten Mal trocken zu sein.
    Dafydd zeigte Brenda die neue Laufbahn hinter dem Sportzentrum. Der Boden war mit Holzspänen bestreut und entsprechend weich. Dafydd hatte kürzlich darauf ein paar Morgenrunden gedreht. Ein makelloser Halbmond schien auf die Bahn und ließ erkennen, dass sie mit Bierdosen und anderen Gegenständen des Teenager-Konsums übersät war.
    »Wenn es nicht noch so früh im Jahr wäre, würde ich jetzt mit dir zum Schwimmen an den See fahren«, kicherte Brenda betrunken. »Du erinnerst dich doch noch, oder?«
    »Und ob«, antwortete Dafydd, nahm ihre Hand und küsste sie sanft.
    »Im Freien miteinander zu schlafen … es gibt nichts Tolleres.« Sie blickte ihn an. Er merkte, wohin dies führte, und ihm war klar, dass er sie am besten sofort von dem Thema abbringen sollte. Aber seine Entschlossenheit begann bereits zu bröckeln. Gott … es war Monate her. Er erinnerte sich an eine der merkwürdigen Erziehungsweisheiten seines Vaters: »Denk daran, mein Junge: Ein steifer Schwanz kennt kein Gewissen.« Die Vorstellung von einem steifen Schwanz mit einem winzigen Gehirn, tückisch und gottlos, hatte ihn in seiner Kindheit verwirrt, und als er in jungen Jahren das erste Mal mit einer Frau schlief, war plötzlich die Ermahnung seines Vaters vor ihm aufgetaucht. Unweigerlich spürte er eine kurze Trennung von seinem schamlosen, nur auf die eigene Befriedigung erpichten Glied.
    Aber Brenda war eine erwachsene Frau, sagte er sich. Was war mit ihrem Gewissen? Warum lag es an ihm, sich zu beherrschen? Als Antwort darauf schob Brenda ihre Hand um seinen Rücken und streichelte beiläufig seinen Hintern. Er legte den Arm um ihre Schultern, und sie schlenderten weiter den Pfad entlang in das Weidenwäldchen, fort von dem Müll und dem hellen Licht des Halbmonds.
    Der Zeitpunkt der Reise war endlich gekommen. Sie hatten alle Vorbereitungen erledigt. Dafydd war aus seinem Wohnwagen ausgezogen und hatte seine Sachen bei Ian untergestellt, wo er auch die letzte Woche seines Aufenthalts vor seinem Heimflug nach Großbritannien verbringen würde.
    Die Eisstraße schmolz, und Bears Enkel hatte einen Rückzieher gemacht, weil er fürchtete, dass er sein Auto nicht rechtzeitig zurückbekommen würde. Daher nahmen sie den letzten Bus

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