Zeit der Finsternis
größeren See.
Mein Blick war stur geradeaus gerichtet und ich hatte nur mein Ziel vor Augen. Die Äste der Bäume streiften mich, zerkratzen mir die Haut an den Armen und das Gesicht, wie die scharfen Krallen einer Raubkatze. Doch weil die Wunden sofort wieder begannen zu heilen, ließ ich mich nicht davon ablenken.
Einen halben Tag später stand ich auf einem Hügel und blickte auf die Stadtmauer des kleinen Ortes. Jetzt musste ich nur noch das Mädchen finden, dann würde ich mich sofort auf den Rückweg machen.
Ich erreichte den steinernen Torbogen und huschte hindurch. Schnell verbarg ich mich im Schatten, den die Mauer im fahlen Mondlicht auf die Pflastersteine warf.
Ich bewegte mich schnell vorwärts. Lautlos lief ich am Wirtshaus vorbei, dessen Fenster hell erleuchtet waren. Eine Mischung aus kreischendem Lachen und Stimmengewirr dröhnte in meinem feinen Gehör. Die Stimmung schien ausgelassen und gesellig zu sein.
Ich blickte mich suchend um und entdeckte ein Haus, das genau zu Damians Beschreibung passte. Ich hatte nicht lange suchen müssen, denn es war das größte Gebäude und mitten auf den Marktplatz gebaut.
Schnell rannte ich über die Straße und legte mein Ohr an die Haustür. Ich vernahm das regelmäßige Atmen von drei Personen. Sonst war alles ruhig. Mit einem Satz sprang ich auf den hölzernen Balkon, der kurz unter mir knarrte. Ich hielt die Luft an und wartete einen Moment ab. Alles blieb still und ich atmete auf, niemand schien mich bemerkt zu haben.
Ich schlich auf den Balken vor, bis zu einem geöffneten Fenster und blickte hinein.
Ein Mädchen, dessen Schönheit mir fast die Luft nahm, lag tief schlafend in ihrem Bett - Margaretha. Sie sah genauso aus, wie Damian sie mir beschrieben hatte. Der Gedanke, dass ich sie wahrscheinlich töten musste, widerstrebte mir.
Auf dem Weg hierher war ich ohnehin ins Grübeln gekommen. Ich begann mich zu wundern, denn Damian hatte nie etwas von Margarethas Vater erwähnt. Auch nicht davon, dass er ihm ein Vermögen schulden sollte. Andererseits war ich auch nicht in jedes seiner Geschäfte involviert. Meine Aufgabe war es, zu tun was Damian verlangte, ohne Fragen zu stellen.
Ich sprang in Margarethas Zimmer und beugte mich vorsichtig über ihr Bett.
Meine Lippen berührten fast ihr Ohr, als ich mit leisem aber bestimmten Ton flüsterte: "Margaretha - wach auf!"
Sie schlug die Augen auf und starrte mich an. Ihr Körper begann zu zittern und sie richtete sich ruckartig auf. Bevor sie die Situation erfassen und um Hilfe schreien konnte, legte ich meine Hand über ihren Mund und sah ihr tief in die Augen.
"Margaretha, du wirst jetzt mit mir kommen. Stell keine Fragen und wehr dich nicht, dann wird dir nichts geschehen.", raunte ich.
Ihr Atem beruhigte sich und sie nickte wie hypnotisiert. Also löste meine Finger von ihren Lippen. Sie stand unter meiner Kontrolle und würde nicht schreien.
Ich warf mir ihren wehrlosen Körper über die Schulter und machte einen Satz aus dem Fenster. Geräuschlos landete ich auf dem Kopfsteinpflaster. Im nächsten Moment rannte ich los. Ich lief, als wäre der Teufel hinter mir her und blickte mich kein einziges Mal um.
Margarethas Gewicht auf meiner Schulter bemerkte ich kaum, während ich in rasender Geschwindigkeit zurück zu Damian lief.
Die peitschenden Äste zerrissen ihr langes, weißes Nachthemd, schnitten ihr ins Fleisch und der Stoff färbte sich um die Risse langsam Rot.
Endlich kam ich am Waldrand vor Damians Burg, in der er mit seiner gesamten Gefolgschaft lebte, zum Stehen. Margaretha atmete schwer und ihr Körper bebte, als ich sie auf ihre Füße stellte.
"Komm, du wirst schon erwartet.", befahl ich ihr und schob sie durch das Burgtor. Die Wachen sahen erst zu mir, dann fiel ihr Blick lüstern auf das verstörte Mädchen, das in seinem zerfetzten, blutverschmierten Nachthemd an ihnen vorbeiwankte.
Sie entblößten ihre Reißzähne und leckten sich die Lippen.
"Lasst eure Finger von ihr, sie gehört Damian!", zischte ich und knurrte drohend.
"Schon gut, schon gut! Wer wird denn gleich unfreundlich werden. Damian hätte sicher nichts dagegen, wenn wir ein kleines Schlückchen von ihr nehmen.", grinste einer von ihnen. In mir kochte die Wut hoch. Warum musste sich Damian immer die dümmsten seiner Schöpfungen als seine Leibgarde zu Untertan machen?!
Wahrscheinlich lag es daran, dass sie einfach töteten, ohne darüber nachzudenken, wenn das Leben von Damian gefährdet war. Für sie zählte einzig und
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