Zeit der Finsternis
meinem Stuhl auf und baute mich vor ihm auf. "Was weißt du noch? Du musst es mir sagen - bitte!"
Andrew blickte kurz zu Boden, einen Moment lang schien er mit sich zu ringen. Doch dann hob er den Kopf und sah mir direkt in die Augen: "Sie ist gefährlich, Julian! Niemand weiß genau, was mit ihr geschehen ist. Sie mussten ihr menschliches Blut verabreichen, damit sie überlebt. Danach hat sie offenbar versucht Damian zu töten. Das hat allerdings der Zauber, unter dem sie jetzt steht, verhindert. Er hat sich - wenn auch unbeabsichtigt - eine neue Waffe im Kampf gegen seine Feinde geschaffen. Nur deshalb ist sie noch am Leben. Damian nimmt die Dinge immer so, wie sie sich ihm gerade bieten - ohne Rücksicht auf irgendjemanden, das müsstet du doch am besten wissen!"
Ich taumelte einen Schritt zurück und fasste mir ungläubig an die Stirn. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Meine Tamara, wieder ein Monster, eine Waffe - wie Andrew sie genannt hatte! Ich wollte das einfach nicht glauben!
"Woher weißt du das! Sag schon!", schrie ich ihn an. Meine Verzweiflung wandelte sich in Wut - auf alles und jeden!
Auf Damian, diese verabscheuungswürdige Kreatur! Und auf Andrew, der offenbar mehr wusste, als er zugab! Und auf mich! Ich hatte sie nicht davor beschützt, in Damians Fänge zu geraten und jetzt saß ich in New York fest und konnte ihr nicht helfen!
Sie hatte mir beigestanden, in meiner schlimmsten Stunde, als ich mehr tot als lebendig in dem kleinen Häuschen in Italien lag. Bereit für sie zu sterben. Sie hatte alles aufgegeben und war zu mir geeilt und genau das Gleiche, sollte ich jetzt eigentlich für sie tun! Ich ballte meine Hände zu Fäusten, bis die Knöchel weiß unter meiner Haut hervortraten.
"Wir holen sie da raus!", knirschte ich unter meinem zusammengepressten Kiefer, "Und wenn sie einem von euch nur annähernd etwas bedeutet, solltet ihr ebenfalls nicht zögern, ihr zu helfen!" Mit diesen Worten wandte ich mich ab und starrte aus dem Fenster. Ich stand kurz davor durchzudrehen. Den Schmerz, den ich verspürte, wenn ich von Tamara getrennt war, kannte ich nur zu gut. Er brachte mich fast um den Verstand.
Caroline war aufgesprungen und im nächsten Moment spürte ich, wie sie ihre Hand auf meine Schulter legte.
Valentina flüsterte Max extrem leise etwas zu, von dem ich glaubte, dass es soviel wie "Er hat recht, wir müssen ihr irgendwie helfen", hieß.
"Komm Julian, wir gehen an die frische Luft." Caroline hatte meine Schulter noch nicht losgelassen und zog mich sanft aber bestimmt aus dem Raum. Andrew blickte mir wortlos nach und setzte sich zu Max, der zusammengesunken auf dem Sofa kauerte.
Sie bog mit mir Richtung Hudson River ab und ich war ihr sehr dankbar, dass sie mich wenigstens für einen Moment aus dieser unerträglichen Situation der Hilflosigkeit geholt hatte.
"Es war mein Ernst vorhin Caroline, wir müssen etwas tun! Damian wird sich mehr
Supervampire
- oder was immer Tamara jetzt auch ist - erschaffen!", durchbrach ich die Stille, in der wir nebeneinander her liefen.
Sie blieb aprubt stehen und sah mich an. "Ich weiß Julian, aber was? Ich habe Max´ Bücher gelesen und weiß mittlerweile so gut wie alles über Damian und seine Gefolgschaft. Wenn er wirklich annähernd so ist, wie er in den vielen Schriften dargestellt wird, haben wir doch so gut wie keine Chance!" In ihren Augen glänzten Tränen der Verzweiflung und ich hätte sie am liebsten einfach in den Arm genommen und getröstet.
Ich stütze mich auf das eiserne Geländer am Ufer des Flusses und starrte einen Moment regungslos auf das Wasser. Es wurde Herbst und die Bäume färbten langsam ihre Blätter. Ein Windstoß trug einige von ihnen durch die Luft, ließ sie kurz über der Wasseroberfläche tanzen, ehe sie herab fielen und mit der Strömung mitgerissen wurden.
"Das stimmt so nicht ganz, wir müssten nur Andrew und Max davon überzeugen, dass es für unser aller Existenz nur einen Ausweg gibt - und das heißt, Tamara befreien und Damian vernichten! Wenn wir es irgendwie schaffen könnten, diesen Blutsbann zu brechen - so wie ich Andrew verstanden habe, wäre Tamara stark genug um Damian zu töten!" Ich stieß mich vom Geländer ab und blickte ihr flehend in die Augen. "Ich bin bei Andrew und Benjamin nicht besonders beliebt und daher auf deine Hilfe angewiesen...was meinst du, hilfst du mir?"
Caroline blies die Backen auf und rollte mit den Augen. "Tamara ist meine Schwester...natürlich werde ich dir helfen!"
Ich
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