Zeit der Finsternis
blickte kurz auf meine Schuhe und dann wieder zu ihr auf.
"Danke.", hauchte ich.
"Lass uns zurück zu den anderen gehen - wir haben viel vor und wenig Zeit.", schlug sie vor und hakte sich bei mir ein. "Und vor allem, brauchen wir einen richtig guten Plan!"
"Sag mal, wo ist Dorian eigentlich?", fragte ich nach ihrem Gefährten, der aus irgendeinem Grund trotz der Ereignisse nicht bei ihr in New York war. Sie wich meinem Blick aus. "Ach, er ist gerade in Rumänien unterwegs um ein paar seiner Vorfahren aufzuspüren. Offenbar gibt es in der Familie Seratin wohl einige tot geglaubte Verwandte, die sich noch bester Gesundheit erfreuen.", erklärte sie schnell.
Zwar sollte diese Antwort unbekümmert klingen, aber ich spürte, dass Caroline etwas beschäftigte. Doch weil sie nicht den Anschein machte, als wollte sie darüber sprechen, bohrte ich nicht weiter nach, sondern ließ mich dankbar von ihr mitziehen.
Ohne Caroline wäre ich sicherlich schon längst durchgedreht und hätte in einem Anfall von blinder Wut und Verzweiflung irgendeine Dummheit begangen. Sie rettete mich nun schon zum zweiten Mal.
***
"Was meint ihr?!" Caroline hatte sich abwartend in ihrem Sessel zurückgelehnt und ließ den Blick prüfend über die Gesichter von Valentina, Max, Andrew und Benjamin gleiten.
Valentina war die erste, die das Schweigen durchbrach: "Ich bin dabei, keine Frage!" erwiderte sie, ohne das geringste Zögern, dann tippte sie Max auf sein Knie und wandte fragend den Kopf zu ihm. Max antwortete nicht sofort.
Er lehnte sich nach vorne und fuhr sich mit den Händen mehrmals durch die Haare. "Ich möchte Tamara auch gern helfen, Caroline! Versteh mich bitte nicht falsch - aber wie sollen wir das anstellen? Er hat ein großes Gefolge von Vampiren die aufgrund ihrer Loyalität zu ihm sogar bereit wären, zu sterben. Und er hat Tamara - sie ist sein größtes Druckmittel."
Caroline zog ärgerlich die Brauen zusammen. "Na - es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, diesen Blutsbann zu brechen, oder ihn rückgängig zu machen." Sie blickte fragend zu Andrew, "Die gibt es doch, oder?"
Andrew räusperte sich kurz und langsam fragte ich mich, warum gerade er so viel über diesen Bann wusste. Als Max und ich noch unter Damian gedient hatten, gab es so etwas wie einen Blutsbann nicht. Sonst wäre mir wahrscheinlich nie die Flucht gelungen.
Alle Augen richteten sich nun gespannt auf Andrew, der aussah, als würde er endlich sein Schweigen brechen.
"Prinzipiell ist es möglich, den Bann zu brechen.", gab er sich geschlagen, "Aber - und das ist der Knackpunkt - es gibt soweit ich weiß, nur eine handvoll Hexen, die dazu in der Lage sind. Melissa ist eine von ihnen. Doch das Problem ist, dass Melissa Damian gehorcht und den Zauber vor langer Zeit für seine Zwecke entwickelt hat. Alle anderen Hexen dulden uns Vampire zwar, würden sich aber nie in unsere Angelegenheiten einmischen. Es ist mehr ein leben und leben lassen zwischen uns.", fügte er noch hinzu und schien damit unsere Hoffnung, den Bann zu brechen zu können, zunichte zu machen.
"Aber, wenn die Hexen sich nicht für die Vampire interessieren, wie kommt es dann, dass Melissa sich auf Damians Seite geschlagen hat?", warf Valentina sofort ein.
Max atmete tief durch und meldete sich zu Wort, anscheinend schien er den Grund dafür zu wissen. Immerhin gehörte er früher zu Damians engsten Vertrauten. "Melissa steht tief in seiner Schuld, dass hat Damian sich zu nutze gemacht."
"Wieso? Was ist passiert?", wollte Caroline wissen.
Max warf mir einen kurzen Blick zu und ich erwiderte ihn mit einem Nicken. Wenn wir etwas gegen Damian unternehmen wollten, durfte es keine Geheimnisse zwischen uns geben.
Max stand auf und trat vor das große Fenster, von dem man auf die Upper East Side blicken konnte. Ohne sich umzudrehen begann er, Melissas tragische Geschichte zu erzählen: "Es war zur Zeit der Hexenverbrennungen in Deutschland um 1630. Melissa war der Hexerei angeklagt und sollte mit knapp einhundert anderen, angeblichen Hexen verbrannt werden. Tragischerweise hatte man die Hexen zu dieser Zeit tatsächlich fast ausgerottet, aber auch viele normale Bürger fielen der Hexenjagd zum Opfer." Max´ Stimme bebte leicht, doch er redete weiter, ohne jemanden von uns anzusehen. "Damian trieb sich in der Zeit von 1630 - 1715 in Deutschland herum und befand sich damals in Würzburg - der Stadt, in der Melissa sterben sollte. Er lebte schon fast ein Jahr dort und bewegte sich in den Kreisen der
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