Zeit der Finsternis
war mir nicht sicher, ob mein Körper wohl im nächsten Moment einfach auseinander bersten würde.
Stöhnend wand ich mich auf dem kalten Fliesenboden und nahm nur schemenhaft wahr, wie Damian sich den Staub von den Kleidern klopfte und Melissa anfuhr: "Einen Moment lang hätte ich fast geglaubt, es hat nicht funktioniert! Zu deinem Glück, hast du dich wohl doch dazu entschlossen, alles richtig zu machen!" Sein Ton war scharf und schneidend und als er über die Scherben des zerbrochenen Glases gestiegen war, beugte er sich zu mir.
Bebend und schnaubend versuchte ich mich hochzustemmen. Als unsere Gesichter sich auf gleicher Höhe befanden, vernahm ich seine flüsternde Stimme an meinem Ohr: "Versuch das lieber nicht noch einmal, es ist dir sowieso nicht möglich, mich zu töten." Dann richtete er sich auf, gab Melissa einen Wink und verließ den Raum. Ich war gerade wieder auf meine Knie gekommen und der Schmerz ließ endlich nach, da kam Melissa mit einer Spritze auf mich zu. Ich wollte abwehrend und kopfschüttelnd die Hände heben, als ich schon spürte, wie die Nadel meine Kleidung und die Haut meiner Schulter durchbohrte und der brennende Schmerz des Nachtschattengifts sich in meinem Körper ausbreitete.
***
Als ich zu mir kam, befand ich mich wieder in dem Raum ohne Fenster, in den man mich nach meinem ersten Zusammentreffen mit Damian gesperrt hatte. Ich starrte an die verschwommene Decke über mir und wartete darauf, dass wieder Leben in meinen Körper zurückkehrte.
Während ich so da lag, rauschten plötzlich Bild- und Gesprächsfetzen an meinem inneren Auge vorbei, die ich zuerst nicht einordnen konnte.
Ich erkannte Damian, der Melissa besorgt ansah.
"Sie ist stärker als jeder andere ihrer Art.",
flüsterte sie ihm zu.
"Wir müssen verhindern, dass sie zur Gefahr wird. Aber wenn wir sie töten, finden wir nicht heraus, ob wir sie für unsere Zwecke einsetzen könnten...",
kam die Antwort von Damian.
"Du meinst...einen Blutsbann...? Ich bin mir nicht sicher ob das bei ihr klappt..."
Melissas Stimme verebbte mit diesem Satz langsam in meinen Kopf.
Anscheinend hatte ich unterbewusst doch einige Sachen mitbekommen, als ich mich zwischen Leben und Tod befand. Was hatte Melissa mit diesem Blutsbann gemeint?
Ich atmete geräuschvoll aus und setzte mich auf. Mein karges Gefängnis empfing mich so, wie ich es in Erinnerung behalten hatte. Ein Tisch, ein Stuhl und ein Bett - mehr gab es nicht. Angestrahlt wurde alles von künstlichem Licht, das meiner Meinung viel zu grell war und von den weißen Wänden extrem reflektiert wurde.
War das Zimmer vorher auch so hell oder lag das vielleicht an den Veränderungen, die in den letzten Stunden mit mir geschehen waren?
Kapitel 5: Julian - Blutsbann
"Ein Blutsbann? Was soll das heißen?" Irritiert blickte ich in Andrews Gesicht, dass wie immer nichts über seine Gefühle verriet. Andrew ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und sah jeden der Anwesenden einen kurzen Moment lang an. Vier von Anspannung und Sorge gezeichnete Mienen waren auf ihn gerichtet. Andrew hatte uns diese Nachricht überbracht und er war der Einzige, der wusste, was es damit auf sich hatte.
Mittlerweile war auch Valentina, Max´ Gefährtin und Tamaras engste Freundin, nach New York gereist. Die Lage hatte sich mit jedem Tag verschärft, denn es erreichten uns immer neue, beängstigende Nachrichten. Wer uns mit so viel Wissen versorgte, wollte Andrew allerdings nicht preisgeben.
Ich fühlte mich so hilflos, wie schon lange nicht mehr. Damian hielt Tamara in seiner Gewalt und ich konnte absolut nichts dagegen tun. Schlimmer noch, anscheinend hatte er sie versehentlich fast getötet, als er ihr von seinem Blut zu trinken gab. Von Max hatte ich erfahren, dass sie sich seitdem sehr verändert hätte, aber was das genau bedeutete, konnte oder wollte mir niemand sagen!
"Ein Blutsbann beschreibt ein magisches Ritual, bei dem jemandem der Wille eines anderen aufgezwungen werden kann. Es wird dazu Blut des Opfers benötigt und ein spezieller Trank, dessen genauen Inhalt nur einige wenige Hexen kennen. Das Blut und der Tank werden vermischt und von demjenigen getrunken, der den anderen zu absoluter Hörigkeit zwingen will." Andrews dunkle Stimme durchschnitt die angespannte Stille, auf seiner Stirn erschienen tiefe Falten und seine Augen schienen weit in die Ferne zu blicken, als er uns darüber aufklärte, was offenbar mit Tamara geschehen war.
"Aber warum tut er ihr das an?!" Ich sprang von
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