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Zeit der Finsternis

Zeit der Finsternis

Titel: Zeit der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Rauch
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seufzte, stürzte mich auf den wild um sich schlagenden Ben und riss ihm die Halsschlagader auf. Sein Schmerzensschrei hallte in meinen Ohren, während mit einem gurgelnden Geräusch das warme Blut in meinen Mund strömte und ich begann, gierig zu schlucken.

Damian hatte mich vor diesem Abend eine Woche lang hungern lassen. Er versprach sich davon, dass mein innerster Instinkt zu töten, wieder an die Oberfläche treten würde und er mich nicht jedes Mal dazu zwingen musste, Menschen umzubringen.
Seit Wochen war ich nun schon gezwungen zu morden. Es lief immer gleich ab, ich wurde eingesperrt, ausgehungert und dann auf die Jagd geschickt. Langsam hinterließ dieser Umgang seine Spuren und ich bekam große Angst, dass ich irgendwann tatsächlich aus eigenem Antrieb wieder ein blutrünstiges Monster werden würde.

Es waren einzig und allein die Momente, die ich einsam in meiner verriegelten Kammer verbrachte und an Julian dachte, welche mir die Kraft gaben, dagegen anzukämpfen. Doch dieser Kampf wurde mit jedem Tag kräftezehrender.

    ***

Drei Tage später, war die Einsamkeit und Stille in meinem Gefängnis wieder einmal kaum zu ertragen, sodass ich mich in eine Vision flüchtete. Meistens waren es Bilder von Julian, die mich wenigstens kurz aus der bitteren Realität entfliehen ließen.
Julians Gesicht war deutlich vor meinem inneren Auge zu erkennen und es kam mir fast so vor, als bräuchte ich nur meine Hand ausstrecken, um seine Wange berühren zu können. Immer tiefer ließ ich mich in den Strudel aus Bildern ziehen, als ich, aufgeschreckt durch ein Geräusch zusammenzuckte und mein Traumbild sich sekundenschnell vor meinen Augen auflöste.
Die Stahltür wurde von außen entriegelt und Mathilda trat zögernd auf die Schwelle.
Ich rieb mir die Schläfen, setzte mich blinzelnd auf und blieb auf der Bettkante sitzen. Fragend sah ich sie an.
Mathilda blickte sich kurz um, so als wollte sie sich vergewissern, dass niemand in der Nähe war, bevor sie die Tür von innen wieder schloss.
Zögerlich kam sie auf mich zu. "Hast du wieder an ihn gedacht?" Ihre Stimme klang sanft und war nur ein Flüstern, aus Angst, irgendjemand könnte es hören. Verwirrt nickte ich nur. "Es muss sehr schwer für dich sein, von ihm getrennt zu sein. Ich kenne die tiefe Verbindung - diese bedingungslose Liebe - die man für jemanden unserer Art empfinden kann." Mit diesen Worten ließ sie sich neben mir nieder. Mein Körper versteifte sich und ich schielte misstrauisch zu ihr. Sollte das schon wieder eins von Damians Psychospielchen werden? Hatte er Mathilda geschickt?

"Du vertraust mir nicht", stellte sie nüchtern fest. "Das kann ich verstehen. Aber glaub mir, wir sind uns nicht ganz unähnlich." Ihre Stimme wurde noch leiser, es war fast so, als würden sich nur ihre Lippen bewegen. "Auch ich bin nicht ganz freiwillig hier.", drangen ihre leisen Worte an mein Ohr und ich zog irritiert die Brauen nach oben. Was sollte das bedeuten? "Randall", fuhr sie fort. "Er ist für mich dasselbe, was Julian für dich bedeutet. Und...er ist Damian treu ergeben.", seufzend stand sie auf und ging zur Tür. Bevor sie den Riegel zur Seite zog, wandte sie sich zu mir um. "Damian erwartet dich. Im roten Salon.", erklärte sie mir, mit normal lauten Tonfall und meinte damit das Zimmer, für das Damian eine schon fast kranke Leidenschaft empfand. Mathildas Stimme klang mit einem Mal wieder distanziert und emotionslos.

Sie trat aus dem Zimmer und ließ die Tür offen stehen. Weglaufen konnte ich sowieso nicht, darum durfte ich mich manchmal auch frei in dem überdimensional großen Gebäude bewegen. Ich atmete tief durch, sprang vom Bett und begab mich in den Raum, in den Damian mich bestellt hatte.

Zögernd öffnete ich eine der Flügeltüren und blickte mich um. Damian war nirgends zu sehen. Irritiert trat ich ein und beschloss, erst einmal zu warten. Mein Blick schweifte durch den Raum, der von der Decke bis zum Teppich in rot getaucht war. Gerade wollte ich mich in einem Sessel niederlassen, als mir auf dem mahagonifarbenen Schreibtisch etwas ins Auge stach. Prüfend blickte ich mich um, doch ich befand mich immer noch alleine im Raum. Langsam trat ich an den Tisch heran und schielte auf ein Buch, das dort lag. Es musste wohl sehr alt sein, denn der dunkle Ledereinband war schon extrem abgegriffen und sah etwas zerfleddert aus. Dieses Buch schien eine magische Anziehung auf mich auszuüben, denn ich konnte nicht anders, als es vorsichtig in die Hand

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