Zeit der Finsternis
Bewegung und huschte durch die Dunkelheit. Die beeinträchtigte mich kein bisschen, ich sah alles so klar und deutlich vor mir, als wäre es taghell.
Mein Opfer schlug plötzlich einen Haken, wahrscheinlich ein kläglicher Versuch, mich in die Irre zu führen. Doch er konnte ja nicht wissen, dass meine Sinne so scharf waren, dass ich ihn sogar mit verbundenen Augen finden würde. Ich hörte seinen gehetzten Herzschlag, die unregelmäßige, keuchende Atmung und das japsende Geräusch, dass hin und wieder aus seiner Kehle kam.
Bei unserer ersten Begegnung, vor ein paar Stunden, gab er sich noch selbstsicher und angeberisch. Er hielt mich für eine junge Frau, die mit ein paar beeindruckenden Äußerungen leicht zu haben wäre. Ich hatte ihn vor einem Club in Chicago aufgelesen. Als mir rein
zufällig
, ganz ungeschickt meine Handtasche samt Inhalt auf den regenfeuchten Asphalt gefallen war. Ganz Gentleman hatte er mir geholfen, alles wieder aufzusammeln und mich dabei in ein Gespräch verwickelt. Seinen Gedanken konnte ich entnehmen, dass er mich für
"Ein echt heißes Gerät, das ich diese Nacht unbedingt knallen will"
hielt.
Er war fast schon zu leichte Beute, doch Damian hatte mich eben auf genau diesen Typen angesetzt und deshalb blieb mir keine Wahl.
Ich war sein
Prototyp
einer neuen Vampirgeneration und durfte nun allerlei Tests über mich ergehen lassen. Sobald sich Damian sicher war, dass er mit mir eine einwandfrei funktionierende Waffe geschaffen hatte, wollte er damit beginnen, mehrere seiner Gefolgsleute zu verwandeln.
Sein Name war Ben, Verkaufsleiter einer großen Bekleidungskette, achtundzwanzig und Single. Schon nach wenigen Minuten, war ich über seinen Lebenslauf bestens informiert. Ob er mich auf einen Kaffee einladen dürfte, wollte er wissen. Ich verneinte, fragte ihn aber mit einem unwiderstehlichen Augenaufschlag, ob er mich wohl nach Hause bringen könnte. Natürlich überlegte Ben nicht lange und folgte mir brav.
In einer Nebenstraße blieb ich plötzlich stehen und zog ihn an mich heran. Etwas überrumpelt ließ er sich aber sofort darauf ein versuchte, mir seinen Mund auf die Lippen zu pressen. Ich packte ihn am Kinn, riss seinen Kopf zur Seite und ritzte die dünne Haut an seinem Hals leicht mit meinen Zähnen an. Obwohl die Wunde nicht tief war, trat sofort Blut an die Oberfläche. Als Ben bemerkte, dass etwas äußerst merkwürdiges vor sich ging, wand er sich hektisch aus meinem Griff, fasste sich panisch an den Hals und sah dann auf das Blut an seiner Hand. "Bist du völlig bescheuert?", schrie er mich verwirrt und wütend an, während er einen Schritt zurücktrat.
Statt ihm zu antworten, gab ich einen knurrenden Laut von mir, entblößte meine spitzen Zähne und flüsterte: "Na los Ben, lauf!"
Ben stolperte rückwärts, wirbelte dann herum und lief los. Er lief um sein Leben, während ich mir sein Blut von den Lippen leckte und ihm ein paar Meter Vorsprung gab, ehe ich ihm hinterher rannte.
Ich folgte ihm, bis zu dem Park, der sich hinterhalb der Straße erstreckte und verringerte den Abstand zu ihm immer mehr. Ben stolperte, stürzte in die feuchte Erde und versuchte sich wieder aufzurappeln, während er sich immer wieder panisch umsah. Ich trat hinter einem Baum hervor und ging langsam auf ihn zu. "Aber Ben, was ist denn nur auf einmal mit dir los?" Ich ließ meine Stimme sanft und glockenhell erklingen. Das jagte ihm eine Gänsehaut über den Körper, denn ich konnte spüren, dass sich seine Körperhärchen wie elektrisiert aufrichteten. "Ich dachte du willst mich? Bin ich dir vielleicht doch nicht hübsch genug?", fragte ich ihn mit gespielt beleidigtem Unterton. "Noch vor ein paar Minuten wolltest du es mir doch so richtig besorgen, oder Ben?"
Er hatte sich auf den Rücken gedreht und versuchte, rückwärts von mir wegzukrabbeln. Doch seine Hände und Füße fanden auf dem matschigen Boden keinen richtigen Halt.
"Du...du bist doch krank im Kopf! Aus welcher Anstalt bist du denn abgehauen?" Seine Stimme überschlug sich vor Angst und er starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an, als ich unter das fahle Licht der Laterne trat.
Hinter mir verriet ein knackendes Geräusch, dass wir nicht mehr alleine waren. Ich fuhr mit dem Kopf herum und blickte in Damians zufriedenes Gesicht.
"Okay Tamara, er beginnt mich zu langweilen. Ich habe genug gesehen - du kannst ihn jetzt töten.", befahl mir seine frostige Stimme und ich wusste, ich hatte keine andere Wahl, als zu gehorchen.
Ich
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