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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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dahin, und immer noch kein Zeichen von Miranda. Der Diener war längst allein zurückgekehrt und hatte versichert, Ihre Ladyschaft wohlbehalten bei Lord Rochdale abgeliefert zu haben. Cousine Louisa lag auf seidene Kissen gebettet auf dem Diwan im Damensalon, naschte von frisch gebackenen Mandelkeksen und versuchte Jane zu überzeugen, es gäbe nicht den geringsten Grund zur Sorge. Solange Louisa sich nicht bewegen musste, war sie das friedvollste Geschöpf und die ganze Welt in Ordnung.
    Es dauerte eine weitere Stunde, bis Jane ihren Mut zusammenraffte. Ihre Unruhe wuchs mit jeder Minute, obwohl sie sich ständig einredete, sie mache sich grundlos Sorgen, da sie Miranda seit Jahren nicht so gelöst und heiter gesehen hatte wie in Gegenwart des Earls.
    Aber es wurde immer später, bald würde die Dämmerung hereinbrechen. Also entschloss sie sich, die Kutsche vorfahren zu lassen, um in Begleitung von Jennings und einem Mädchen zum Haus am Cadogan Place zu fahren. Genau in diesem Moment polterte Brandon wieder lärmend ins Haus, und ihr blieb keine andere Wahl, als nach Mantel und Retikül zu greifen, durch die Hintertür in den Garten zu huschen und von dort auf die regennasse Straße zu gelangen.
    Jane hatte noch nie eine Mietdroschke angehalten, aber das Glück war ihr hold, obwohl der Kutscher Zweifel anmeldete, eine vornehme junge Dame in diese Gegend zu fahren. Sie beschwichtigte ihn und auch sich selbst; vermutlich war er nur ein überfürsorglicher alter Mann.
    Als Erstes fiel ihr nicht das riesige düstere Haus auf, sondern eine luxuriöse Reisekarosse vor dem Hauptportal mit einem Sechsergespann schwarzer Rösser, zur Abfahrt bereit. Sie wies den Kutscher an, sie am Ende des Platzes abzusetzen, was er nach Äußerung weiterer Bedenken widerwillig tat. Dann eilte sie zum Haus zurück, hielt sich geflissentlich im Schatten und wunderte sich selbst über ihren Wagemut. Am liebsten hätte sie die Mietdroschke zurückgerufen, doch die war bereits in den Nebel eingetaucht.
    Jane straffte die Schultern. Sie musste tapfer sein. Es ging schließlich um Miranda, und die Freundin hätte einer feindlichen Armee die Stirn geboten, wäre Jane in Gefahr gewesen.
    In der nasskalten Abendluft begann ihr die Nase zu laufen, und sie kramte in ihrem Retikül nach einem Taschentuch. Ihre Halsschmerzen verschlimmerten sich, und ihr war kalt und heiß zugleich. Etwas Dümmeres hätte ihr wohl nicht einfallen können, als sich bei diesem unwirtlichen Wetter mit einer beginnenden Erkältung ins Feie zu wagen.
    Zwei livrierte Diener tauchten aus einer dunklen Gasse neben dem Haus auf, so sehr ins Gespräch vertieft, dass sie die Gestalt nicht bemerkten, die sich hastig gegen die Mauer drückte. „Er hätte uns auch vorher Bescheid geben können. Es ist mir schleierhaft, wieso er bei Nacht und Nebel abreist, wenn er sie hier in seinem warmen Bett haben kann.“
    „Pass bloß auf! Wenn er dich so reden hört, kannst du was erleben. Das ist keine dieser Gesellschaftshuren, denk an meine Worte. Ich an deiner Stelle würde mein Maul halten.“
    Der andere brummte verdrießlich und sagte nichts mehr. Die beiden Männer setzten ihren Weg fort und gesellten sich zu drei weiteren, die in der Nähe der Karosse leise miteinander redeten. Neben der Reisekutsche stand ein gesatteltes edles Vollblutpferd. Jane vermutete, dass Lord Rochdale es reiten würde. Und wer sollte in dem Wagen reisen? Und wo in aller Welt war Miranda?
    Jane nahm all ihren Mut zusammen, straffte die Schultern und wollte zum Portal schreiten.
    Im selben Moment wurde es von innen geöffnet, und Jane geriet in Panik. Der Wagenschlag der Karosse stand offen, das Treppchen war heruntergelassen. Ohne nachzudenken, sprang sie hinein, kroch in die entfernte Ecke, versteckte sich unter einer schweren Pelzdecke und flehte zu allen Heiligen im Himmel, dass niemand sie bemerkt hatte.
    Es dauerte nicht lange, bis ihr klar wurde, dass ihre blinde Flucht die Tat einer Verrückten war. Der Earl hatte Miranda gewiss nach Hause geschickt und war im Begriff, eine nächtliche Ausfahrt mit seiner Mätresse zu unternehmen – die eine fremde junge Frau vorfinden würde, und Jane würde vor Scham in den Boden versinken. Im Begriff, die Decke von sich zu werfen und sich zu erkennen zu geben, hörte sie die tiefe melodische Stimme des Earls. „Versuchen Sie zu schlafen.“ Jane erstarrte, wagte nicht zu atmen, spürte das leichte Schaukeln des Wagens, als jemand einstieg. „Sie brauchen Ruhe,

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