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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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Unterfangen gewesen. Keating war kein Josh Morgan von den Three Horses, der gern mit seinen Kunden plauderte. Wenn man einmal von einer vollständigen Durchsuchung des Gebäudes absah, gab es keine Möglichkeit, ihn hervorzulocken, sofern er nicht gefunden werden wollte.
    Hatte Keating bei den Vorfällen in Dudlington eine Rolle gespielt? Er schien für sich zu bleiben und seine Distanz zu den übrigen Einwohnern zu wahren, mit Ausnahme von Hillary Timmons, deren Dienste als Serviererin und Putzfrau er in Anspruch nahm. Und mit ihr hatte er eine gute Wahl getroffen - Miss Timmons war ein Angsthase, der sich leicht einschüchtern ließ, und wahrscheinlich konnte er sich darauf verlassen, dass sie den Mund hielt.
    Was hatte dieser Mann zu verbergen? Die meisten Menschen hatten Geheimnisse.
    Hamish sagte: »Oh ja, und du hast dein Geheimnis für dich behalten. Aber könntest du es auch hier bewahren, wo die Leute wenig anderes zu tun haben als über ihre Nachbarn zu reden?«
    Im Umgang mit einfühlsamen Menschen hatte er mehrfach gefürchtet, sein Geheimnis könnte herauskommen. Sie hatten kurz davor gestanden, es zu entdecken, doch irgendwie war es ihm jedes Mal wieder gelungen, einer Entdeckung vorzubeugen. Der Besitzer des Oaks sonderte sich in einem Maß von den Dorfbewohnern ab, dass es auch ihm gelingen könnte.
    »Du musst dieser Frau in London unter allen Umständen aus dem Weg gehen«, warnte ihn Hamish. »Sie hatte in Frankreich mit Verwundeten zu tun. Sie muss mehr gesehen und gehört haben als viele andere.«
    Und Mrs. Channing hatte ihn sehr deutlich in Erinnerung gehabt.
    Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie sich in Hecken verbarg, um auf ihn zu schießen.
    »Es muss ja nicht sie selbst sein, es könnte auch jemand sein, den sie darauf angesetzt hat«, hob Hamish hervor.
    Die Dinge waren komplizierter, als sie aussahen.
    Bei Keating würde es sich wahrscheinlich als nützlich erweisen, wenn er sich ihn bei der Arbeit im Pub vorknöpfte, in Anwesenheit seiner Stammgäste. Wenn sie zusahen, würde er ihm nicht so leicht davonlaufen können.

    Einstweilen könnte es zweckdienlich sein, sich noch einmal mit Hensley zu unterhalten. Er sollte inzwischen aus dem Gröbsten heraus und daher über längere Zeiträume wach sein.
    Auf der Straße nach Süden war der Verkehr dichter, als er erwartet hatte, und daher betrat Rutledge das Krankenhaus erst zu der Zeit, als das Abendessen serviert wurde. Er dachte an seine eigene Mahlzeit, die in Mrs. Melfords Esszimmer auf der Anrichte stand.
    Er bekam es wieder einmal mit der pummeligen Krankenschwester zu tun, die es nicht guthieß, einen Patienten beim Essen zu stören, und daher sagte er: »Soll ich dafür sorgen, dass Chief Inspector Kelmore ein Wort mit der Oberschwester redet?«
    Diese Drohung half. Er ging an der Reihe von Betten entlang, die jetzt teilweise leer waren. Andere dagegen schienen mit neu eingetroffenen Fällen belegt zu sein. Hensley war an ein halbes Dutzend Kissen gelehnt und versuchte ungeschickt, mit der linken Hand zu essen. Nach dem Zustand des Handtuchs unter seinem Kinn zu urteilen, gelang ihm das nicht besonders gut.
    Er blickte zu Rutledge auf, und seine Miene verzog sich verdrossen. Sein Gesicht hatte wieder etwas Farbe angenommen, doch um den Mund herum zeigte sich der Schmerz noch deutlich in seinen Zügen.
    »Was wollen Sie denn jetzt schon wieder, Sir?«, fragte er.
    Rutledge nahm ihm das Besteck aus der Hand und schnitt sein Fleisch in mundgerechte Bissen. Dann zog er einen Stuhl ans Bett.
    »In Dudlington gibt es mehr Fragen als Antworten. Inspector Cain kann mir nicht helfen, und der Mann, den Sie abgelöst haben, Constable Markham, hat sich in Sussex zur Ruhe gesetzt. Daher muss ich Sie mir vornehmen.«
    »Was für Fragen?«, erkundigte sich Hensley wachsam. Er scheiterte kläglich an dem Versuch, sich unbesorgt zu geben.

    Rutledge ertappte sich bei dem Gedanken, ein Mann, der im Bett saß und sich mit seinem Abendessen bekleckert hatte, besäße keine Würde. Er sagte: »Mr. Towson, der Pfarrer, ist gestern die Treppe von seinem Dachboden hinuntergestürzt. Jemand war an der Tür und hat ihm zugerufen, er solle sofort kommen - und dann ist derjenige fortgegangen. Er kann unmöglich überhört haben, wie Towson die Treppe hinuntergefallen ist oder vor Schmerz aufgeschrien hat. Und doch ist er einfach weggegangen.«
    »Towson ist tot?«, hakte Hensley entsetzt nach. Seine Gabel hielt auf halbem Wege zum Mund inne. »Gütiger

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