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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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unten im Flur gestanden und ihn gerufen hat, nachgesehen hätte, ob Towson tot oder am Leben ist.«
     
    Als Towson ruhiger wurde und nicht mehr ganz so große Beschwerden hatte, nahmen die Männer, die unten warteten, eine der Einlegeplatten aus dem langen Esstisch, dessen Format der großen Familie eines Pfarrers angemessen war, und brachten sie zu der Treppe, die auf den Dachboden führte. Middleton schickte Rutledge los, damit er aus sämtlichen Schlafzimmern
Decken zusammentrug, um das Brett zu polstern. Dann hoben sie den Pfarrer gemeinsam auf die improvisierte Tragbahre und trugen ihn zu seinem eigenen Bett.
    Dort lag er, so weiß wie sein Hemd, und stöhnte vor Schmerzen. Middleton schickte die Männer fort, nachdem er sie angewiesen hatte, die Platte vorher wieder in den Esstisch einzufügen, und dann zog er sich einen Stuhl ans Bett.
    Nach einem Moment sagte er zu Rutledge: »Dieser Arm ist gebrochen. Jetzt kann ich fühlen, dass die Knochen sich aneinanderschaben. Aber es ist kein komplizierter Bruch, und ich kann ihn selbst schienen. Diese Schwellung auf seinem Kopf« - er strich das weiße Haar zur Seite, um ihn auf eine riesige Beule hinzuweisen - »kann bedeuten, dass er eine Gehirnerschütterung davongetragen hat, so ein Pech. Ich werde jemanden bitten müssen, an seinem Bett zu wachen. Und diese Hüfte bereitet mir immer noch Sorgen. Er wird so schnell nicht wieder aufstehen können. Warum sie nicht gebrochen ist, ist mir schleierhaft. Es sei denn, dieser Arm hat bei seinem Sturz die Hauptlast getragen.«
    »Es sieht ganz danach aus«, stimmte Rutledge ihm zu.
    Hamish gab keine Ruhe. Er fragte sich, wem daran gelegen sein könnte, den Pfarrer zu töten, und er gab sich selbst Antworten auf seine Frage. Rutledge ignorierte ihn, bis ein bestimmtes Wort seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
    »Die Dachbodenfenster. Du weißt ja, dass man von dort aus auf dieses Wäldchen blickt.«
    »Könnten Sie mich einen Moment entbehren?«, fragte Rutledge. »Ich würde mir diese Treppe gern noch einmal genauer ansehen.«
    »Helfen Sie mir vorher, ihm die Hose auszuziehen, so lange es noch geht. Das schaffen wir nur zu zweit.«
    Sie zogen dem Pfarrer die schwarzen Schuhe und Strümpfe aus und schälten ihn dann behutsam aus seiner Hose, ohne seinen Körper mehr als unbedingt nötig anzuheben.

    Middleton packte ihn unter die Decken, hüllte ihn gegen den Schock warm ein und begann dann, Towsons Hemd aufzuknöpfen.
    Rutledge war überrascht, wie leicht der Mann war. Towson war ihm trotz Rheumatismus sehr kraftvoll und aktiv erschienen.
    »Und der Sturz hätte ihn töten sollen«, rief Hamish Rutledge ins Gedächtnis zurück.
    Als es ihm schließlich freistand, zur Dachbodentreppe zurückzukehren, untersuchte Rutledge die Stufen genau. Die Kanten waren abgetreten, und die Treppe selbst war steil, schmal und keinesfalls gut beleuchtet. Beim schnellen Hinunterlaufen war es ein Leichtes zu stürzen.
    Rutledge stieg die Treppe hinauf und sah, dass der Dachboden relativ leer war. Dort standen nur einige Gepäckstücke, eine Truhe und einzelne Möbel, die nur einen geringen Teil des vorhandenen Platzes einnahmen. Zwei kleine Zimmer waren hier für Dienstboten eingebaut worden, eines im Osten und eines im Westen. Ebenso wie der zentrale Raum hatten auch diese Zimmer Fenster. Rutledge stieß die eisernen Bettgestelle unter den Flügelfenstern zur Seite, trat an ein Fenster nach dem anderen und schaute hinaus.
    Im Westen konnte er die langen, sanft abfallenden Weiden sehen, den Lauf des Bachs und in weiter Ferne den Turm einer anderen Kirche, der kaum zu sehen war.
    »Im Nachbarort«, hob Hamish hervor.
    Das Fenster nach Osten blickte auf die Ställe von Baylors Farm. Er konnte sie deutlich erkennen, und er sah auch die Küchentür, die Fenster auf dieser Seite des Hauses und den Schornstein.
    Aber aus den beiden Fenstern im mittleren Raum sah man auf Frith’s Wood. Nur die Baumwipfel waren zu sehen und die Biegung der Hauptstraße, wo sie sich Letherington zuwandte. Und er konnte die Felder jenseits des Waldes sehen, die sich in einer leichten Hanglage zu ihm hinabzogen.

    Wenn sich im Wald etwas bewegte - beispielsweise ein Mann in einem dunklen Mantel -, glaubte er, diese Bewegung von hier aus ein gutes Stück weit verfolgen zu können. Das würde er erst noch überprüfen müssen, bevor er sicher sein konnte, aber die Möglichkeit bestand durchaus.
    Hamish stellte den Zusammenhang ebenso schnell her wie er.
    »Wenn dieses

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