Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Sorgen machen?«
Deerfield lächelte. »Oh, richtig, darüber dürfen wir nicht reden. Wir werden niemals zugeben, dass Blake diesbezüglich auch nur ein Wort mit Ihnen gewechselt hat. Aber, wie ich Miss Jacob bereits gesagt habe, Erklärungen sind das A und O. Ich möchte einfach zu hundert Prozent sicher sein, womit ich es hier zu tun habe. Wenn Sie die Sache angezettelt haben, dann sagen Sie es mir, und ich klopfe Ihnen vielleicht auf die Schulter, weil Sie gute Arbeit geleistet haben. Aber falls es sich womöglich um eine echte Auseinandersetzung gehandelt hat, müssen wir Bescheid wissen.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden«, sagte Reacher.
»Und warum haben Sie Miss Jacob nicht mehr angerufen?«
»Das geht Sie nichts an.«
»Doch, das geht uns alle etwas an«, erwiderte Deerfield. »Mit Sicherheit geht es Miss Jacob etwas an, richtig? Und mich auch. Also sagen Sie’s mir. Und glauben Sie ja nicht, Sie wären schon aus dem Schneider, Reacher. Petrosian war sicherlich ein Scheißkerl, aber immerhin fiel er einem Mord zum Opfer, und aufgrund dessen, was zwei durchaus glaubwürdige Zeugen neulich in einer dunklen Gasse mit erlebten, können wir Ihnen jederzeit ein Motiv anhängen. Wir könnten Sie wegen Beihilfe, wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung oder wegen Anstiftung Unbekannter belangen. Wenn wir den Fall sorgfältig vorbereiten, könnte es sein, dass Sie zwei Jahre lang in Untersuchungshaft sitzen und auf den Prozess warten. Vielleicht werden Sie am Ende freigesprochen, aber wer weiß schon, wie sich Geschworene verhalten.«
Reacher schwieg. Jodie stand auf.
»Sie sollten jetzt besser gehen, Mister Deerfield«, sagte sie. »Ich bin nach wie vor seine Anwältin, und dies ist nicht der geeignete Ort für ein solches Gespräch.«
Deerfield nickte bedächtig und blickte sich in der Küche um, als nähme er sie zum ersten Mal wahr.
»Ja, ganz recht, Miss Jacob«, sagte er. »Aber vielleicht müssen wir dieses Gespräch irgendwann einmal an einem Ort fortsetzen, der besser dafür geeignet ist. Vielleicht morgen, vielleicht nächste Woche, vielleicht nächstes Jahr. Wir wissen ja, wie Mister Blake bereits andeutete, wo wir Sie erreichen können.«
Die Steine an seinen Schuhsohlen scharrten laut über den Boden, als er durch den Flur davonging, die Wohnungstür öffnete und wieder zuknallte.
»Du hast also Petrosian aus dem Verkehr gezogen«, meinte Jodie.
»Ich bin nicht mal in seiner Nähe gewesen«, erwiderte Reacher.
Sie schüttelte den Kopf. »Heb dir den Quatsch fürs FBI auf, okay? Du hast es eingefädelt, provoziert oder organisiert, wie immer man das auch bezeichnen mag. Du hast ihn aus dem Verkehr gezogen, das steht mal fest, und zwar, als ob du mit einer Waffe neben ihm gestanden hättest.«
Reacher erwiderte nichts.
»Und ich habe dir ausdrücklich gesagt, du sollst es nicht tun.«
Reacher schwieg weiter.
»Deerfield weiß, dass du es gewesen bist«, sagte sie.
»Er kann’s nicht beweisen.«
»Das spielt doch keine Rolle«, entgegnete sie. »Siehst du das nicht ein? Er kann versuchen , es dir nachzuweisen. Und er blufft nicht, was die zwei Jahre U-Haft angeht. Nicht bei einem Bandenkrieg. Nicht bei Verdacht auf Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Bei so einer Sache bekommt er juristisch volle Rückendeckung. Die Staatsanwaltschaft
wird sich für ihn ins Zeug legen, und kein Richter wird dir Haftverschonung gewähren oder dich gegen Kaution auf freien Fuß setzen. Das ist keine leere Drohung. Er hat dich jetzt in der Hand. Genau, wie ich gesagt habe.«
Reacher sagte nichts.
»Wieso hast du das getan?«
Er zuckte die Achseln. »Dafür gibt’s allerhand Gründe. Es musste sein.«
Danach schwiegen sie sich eine ganze Weile an.
»Würde mein Vater dir beipflichten?«, fragte Jodie.
»Leon?« Reacher dachte an die Fotos, die Cozo zusammengestellt hatte. Die Bilder, die Petrosians Taten dokumentierten. An die toten Frauen, verstümmelt und misshandelt, nackt und entblößt wie auf einem Ausklappposter. »Soll das ein Witz sein? Leon wäre augenblicklich damit einverstanden gewesen.«
»Und hätte er sich ebenso verhalten wie du?«
»Vermutlich.«
Sie nickte. »Ja, vermutlich schon. Aber schau dich mal um, okay?«
»Weshalb?«
»Schau dir alles an. Was siehst du?«
Er blickte sich um. »Ein Apartment.«
Sie nickte. »Mein Apartment.«
»Und?«
»Bin ich hier aufgewachsen?«
»Natürlich nicht.«
»Und wo bin ich aufgewachsen?«
Er
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