Zeit der Raubtiere
bekommen hatte, zum Braten vorzubereiten.
Ein andermal berührte er ihr Knie unter dem Tisch, nachdem sie für einen Kanzleipartner, den er beeindrucken wollte, ein tadelloses, aus kalter Gurkensuppe, Lammkoteletts, Bratkartoffeln und Schneeeiern bestehendes Abendessen gekocht hatte.
»Du darfst dich glücklich schätzen mit einer Frau, die richtig kochen kann«, hatte der Partner gesagt. »Mit so einer Frau kann man es weit bringen.«
Hughes war mit ihr zum Frühlingsball nach Boston gefahren und hatte sich beim Tanzen dicht an sie geschmiegt und seinen Arm fest um ihre Taille gelegt.
»Ich könnte mich an deinem Duft berauschen«, hatte er ihr ins Ohr geflüstert. »Du riechst immer wie Heimat.«
Wenn er mit ihr schlief, hielt er ihr Gesicht in beiden Händen und betrachtete sie.
»Sag mir, dass du glücklich bist!«, forderte er sie einmal auf. »Ich will hören, dass ich dich glücklich gemacht habe.«
Die kleinen Pflichten wurden erledigt, perfekt erledigt. Dazwischen las sie ihre Bücher und hörte ihre Musik und machte Pläne für sich und ihn. Und dachte, dass er, wenn er glaubte, alles wäre sicher und in Ordnung, vielleicht aufwachen und wieder frei sein wollen würde, mit ihr.
Dann kam die Sprache auf ein Baby.
»Ich will keines, Hughes«, sagte sie ihm eines Abends am Tisch über die Reste eines Schweinekoteletts in Pfeffersauce hinweg. »Jedenfalls jetzt noch nicht.«
»Jeder will ein Baby«, entgegnete er.
»Das ist Schwachsinn.« Sie fegte mit der Handkante ein paar Pfefferkörner vom weißen Tischtuch. »Außerdem sind wir nicht wie alle anderen«, fügte sie leise hinzu.
»Nick, ich weiß, dass du dir das alles anders vorgestellt hast. Ich habe es mir auch anders vorgestellt. Aber dann kam eben der Krieg.«
»Der Krieg, der Krieg, ich kann es nicht mehr hören.« Sie stand auf und begann den Tisch abzuräumen. »Der kann doch nicht als Entschuldigung für alles herhalten!«
Hughes packte sie am Handgelenk.
»Es ist mir ernst damit, Nick. Ich will eine Familie.«
»Tja, da hätte ich dann auch eine Neuigkeit für dich, Hughes Derringer«, sagte Nick und befreite sich mit einem Ruck aus seinem Griff. »Mir ist es auch ernst.«
»Ich will, dass wir unser Leben leben – es einfach leben.« Seine Augen suchten ihr Gesicht ab. »Verstehst du das denn nicht?«
»Red nicht mit mir wie mit einem Kind!«
»Dann führ dich nicht auf wie ein Kind!«
Sein leidenschaftlicher Ton war von einer Sekunde auf die andere eisig geworden, und zwischen ihm und ihr entstand eine Stille, die, wie Nick aus Erfahrung wusste, gefährlich war.
»Es geht mir in keiner Weise darum, dich zu ärgern«, sagte Hughes nach einer Weile. »Ich will einfach ein Leben haben … Nicht unbedingt ein Leben, wie es alle anderen haben, aber kompliziert soll es möglichst auch nicht sein.«
»Mit einem Baby«, sagte sie, »wird es aber kompliziert.«
»Ich will etwas schaffen, etwas Gutes, etwas Wirkliches.«
»Wir haben schon etwas Gutes und Wirkliches, siehst du das denn nicht?« Sie betrachtete sein Gesicht, das bereits müde wirkte. Sie versuchte, die Hitzewelle abzuwehren, die sie durchfuhr, diese Verzweiflung, die ihre Knie zum Zittern brachte.
»Weißt du …« Sie setzte sich wieder und legte ihre Hand auf seine. »Weißt du, Hughes, wir müssten so vorsichtig sein mit einem Kind. Unser Leben würde dann so … so vorsichtig sein.«
»Nicht vorsichtig«, widersprach er, »durchdacht.«
Nick machte sich Gedanken über ihn. Sie machte sich Gedanken darüber, dass er seine Manschettenknöpfe immer ins Etui zurücklegte statt in die Ablageschale auf seinem Schreibtisch und dass er nie die Hüllen seiner Schweizer Armeemesser verlor, wie es den meisten anderen Leuten sofort nach dem Kauf passierte. Sie dachte über all die Kleinigkeiten nach, die sie immer so rührend gefunden hatte. Hughes wollte vorsichtig sein, es machte ihm Spaß. Er wollte ein wohltemperiertes Leben, nicht zu heiß, nicht zu kalt. Aber Nick wusste nicht, ob sie eine so glatt gebügelte Existenz ertragen würde.
»Ich weiß nicht, Hughes«, sagte sie. »Wir sind noch jung. Wir könnten noch etwas unternehmen, bevor wir ein Baby bekommen.« Doch schon während sie es aussprach, spürte sie die Last des Hauses, das er für sie gekauft hatte, und dass es vielleicht schon zu spät war.
»Was denn? Reisen? Ich war im Ausland – die Welt da draußen ist auch nicht besser als das hier. Außerdem können wir auch als Familie reisen.«
Nick
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