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Zeit der Raubtiere

Zeit der Raubtiere

Titel: Zeit der Raubtiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Klaussmann
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irgendetwas brauchen. Und mit den Tabletten habe ich das Gefühl, mein Gehirn funktioniert nicht mehr richtig.«
    »Ed ist jetzt ein Mann, meine Liebe. Genau darum ging es doch in dem Gespräch eben. Wir beide brauchen dich gesund und ausgeruht. Ich kümmere mich schon um Ed.«
    »Ich will sie wirklich nicht mehr nehmen, Liebster. Ich glaube, ich brauche sie nicht mehr. Weißt du noch, als ich schwanger war, und auch danach? Da habe ich sie nicht genommen, und es ging mir gut.«
    »Du kannst tun und lassen, was du willst, Helena, das weißt du. Aber versprich mir, dass du dich bei der Party von deiner besten Seite zeigen wirst. Wenn du nicht ausgeruht bist, sieht man das deinem Gesicht an, dann ist Bill enttäuscht. Denk darüber nach!«
    Helena nickte. Vielleicht würde sie eine nehmen, aber nur für die Party. Danach nie wieder. Sie halfen sowieso nur mehr dann beim Einschlafen, wenn sie ganz viele nahm. Und hinterher war ihr schlecht. Sie wusste schon seit längerem, dass die Tabletten nicht guttaten, aber es war ihr egal gewesen. Doch jetzt zitterten ihre Hände, und ihr Herz raste so, dass sie Angst bekam. Und manchmal konnte sie sich an bestimmte Dinge nicht erinnern. In Tiger House würde sie auf keinen Fall welche nehmen. Nick würde es nicht gutheißen, und wenn alle unter einem Dach lebten, würde es schwierig zu verbergen sein. Wenn sie sich nicht wohl fühlte, würde sie einfach einen Whiskey trinken wie alle in ihrer Familie.
    »Na, wen haben wir denn da!«, sagte Bill Fox am Abend, als er die schwere geschnitzte Tür der Villa öffnete. »Ich dachte mir schon, dass Sie es sind, und sagte mir: ›Laufe ich doch mal schnell selbst zur Tür und heiße unsere Jane Russell willkommen!‹ Es geht doch nichts über eine persönliche Begrüßung, nicht wahr, meine Liebe?«
    »Hallo, Bill.« Helena hasste den Produzenten. Ständig versprach er Avery etwas und änderte dann die Bedingungen. Aber das Demerol half, ihre Feindseligkeit im Zaum zu halten.
    »Was für ein wunderbares Kleid! Es betont genau die richtigen Stellen, von denen Sie ja nicht wenige haben.« Er zwinkerte ihr zu. »Bitte treten Sie ein!«
    Helena trug ein selbstgeschneidertes türkisblaues Sharkskin-Kleid, das sie mit Hilfe eines Schnittmusterhefts, einem Weihnachtsgeschenk von Nick, genäht hatte. Ihre Absätze klapperten laut auf den Batchelder-Fliesen, als sie hinter Bill die gewölbte Eingangshalle durchquerte und auf die Terrasse hinaustrat.
    Männer in weißem Frack gingen mit silbernen Tabletts herum und boten Champagner in Flötengläsern an. Die Gästeschar bestand aus mehreren Schauspielerinnen, die Helena schon einmal mit Bill zusammen gesehen hatte, und aus einer Gruppe älterer Herren, die, wie sie annahm, irgendwelche Funktionen innerhalb der Filmindustrie innehatten.
    Hinter den Hügeln ging rot die Sonne unter. Helena lehnte sich an das Schmiedeeisen und atmete die Nachtluft ein, die hier oben, rings um die Villa, anders war. Leichter, luftiger. Weit weg von dem engen Gästehaus mit den zugezogenen Vorhängen und doch nur den Hügel hinauf. Der unterhalb der Villa gelegene Obstgarten verströmte den Duft von Apfel- und Zitronenbäumen, von Süßlimettensträuchern, Valencia- und Blutorangen.
    »Trinken Sie ein Glas Champagner!«, sagte Bill Fox und gab einem Kellner Zeichen. »Wunderschön hier oben, was?« Er folgte Helenas auf den Obstgarten gerichtetem Blick. »Meine erste Frau. Sie hat Obstbäume geliebt.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich.« Bill Fox beugte sich zu ihr und tätschelte sie am Oberschenkel. »Lieben Sie auch Obstbäume?«
    Helena dachte an eine Nacht zurück, in der Avery und sie sich betrunken hinausgeschlichen und Obst geklaut hatten. Es waren nur ein paar Äpfel gewesen, obendrein unreife. Aber sie erinnerte sich, dass sie sich damals gewünscht hatte, Nick wäre dabei. Der Streich wäre genau nach ihrem Geschmack gewesen.
    »Ja, ich mag Obstbäume.« Helena rückte ein bisschen von ihm weg.
    »Na, na, Sie sind doch nicht etwa schüchtern, Herzchen?«
    »Warum sollte ich schüchtern sein, Bill? Wir kennen uns doch schon so lange.«
    »Genau. Wir sind quasi eine Familie – Sie und ich und Avery. Und unsere liebe verstorbene Ruby, nicht zu vergessen. Die gehört auch dazu.«
    Helena sah, dass eine von den jungen Schauspielerinnen, Vicky oder Kiki oder wie sie hieß, zu ihnen herüberschaute.
    »Ist das Ihre Freundin?« Sie knuffte Bill Fox mit dem Ellbogen in die Seite.
    Der Produzent drehte sich um und

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