Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
Vom Netzwerk:
der Töpferkunst verstünde, doch für ihn war schon die Fragestellung unsinnig. »Gut, Fritz, das nehme ich dir ab. Trotzdem mußt du mir helfen. Bevor der Vater aufwacht, brauche ich ein Stück Blech.«
    Ich beschrieb ihm mein Anliegen, das in der Herstellung einer einfachen Kartoffelreibe bestand. Hierfür fühlte sich mein eigenwilliger Dolmetscher nicht zuständig, versprach aber, über Funk die Handwerker auf der »Quil« damit zu beauftragen. Auch Schreibmaterial wollte er mir beschaffen. In spätestens zwanzig Minuten sei das Gewünschte hier. Wie er dies möglich machen wolle, fragte ich mißtrauisch, brauche doch ein Transporter von der »Quil« zum sechsten Mond mehrere Stunden. Er faselte was von Dematerialisierung und vom fünften Quilraum, gab dann in einem geflüsterten Kauderwelsch meinen Auftrag weiter. Mir war es gleich, auf welche Weise ich in den Besitz des Bleches und des Schreibzeuges gelangte.
    Es mußte wohl an der erstaunlichen Anpassungsfähigkeit der menschlichen Rasse liegen, daß mir das Groteske meiner Absicht schon gar nicht mehr bewußt wurde. Ich nahm die mathematischen, technologischen und physikalischen Phänomene hin wie einen unbegreiflichen Vorgang der Natur, fühlte mich in das Reich Aladins, des kleinen Muck oder des Kalifen Storch versetzt.
    Während Fritzchen auf neue Anweisungen wartete, hörte ich Waldi hecheln und piepsen. Er war in der Stube des Alten an einen Bettpfosten angebunden. Ich band ihn los. Der Anblick des schnarchenden alten Herrn belustigte mich. Sein Kopf steckte in einer selbstgestrickten Nachtmütze, der lange Bart war mit einer Schnur zusammengebunden. Er sah aus wie Sankt Petrus.
    Ich schlich mich hinaus, betrat mit Waldi »mein« Schlafzimmer. Aul schlummerte friedlich in unserm gemeinsamen Bett. Ich setzte mich auf die Bettkante und beobachtete sie. Manchmal lächelte Aul im Schlaf, träumte. Vielleicht gingen ihr jetzt die Bilder von der Erde durch den Kopf, spazierte sie mit mir durch die fremde, verlockende Welt…
    Für einige Minuten versank auch ich in ein romantisches Sinnen. Es mußte schön sein, mit ihr durch die Straßen zu spazieren. In einem hübschen Kleid würde sie sicher Aufsehen erregen. Solche Bilder schmeichelten meiner Eitelkeit. Was aber wäre nach Wochen oder Monaten, wenn das Neue selbstverständlich geworden war? Du würdest dich nach der »Quil« zurücksehnen, Aul, das Leben auf der Erde könnte dich auf die Dauer nicht fesseln. Wie eine Sternschnuppe würdest du dort erlöschen.
    Sternschnuppe, ja, das paßt zu dir, so werde ich dich von jetzt an nennen. Nein, Mädchen, die Erde ist nichts für dich. Du würdest in einem Büro arbeiten oder in einem Kernforschungsinstitut, hättest dauernd Schwierigkeiten und Ärger mit dem Chef, weil du alles besser weißt. Abends müßtest du einkaufen gehen – Kochen kannst du auch nicht. Das würde ein schönes Lotterleben sein. Außerdem ist immer noch nicht geklärt, wie du dich legitimieren willst. Unmöglich kann ich dich als Fräulein vom sechsten Mond ausgeben. Kein Mensch auf der Erde wäre bereit, uns unser Geheimnis zu glauben.
    Und wenn wir uns auf einer Südseeinsel niederließen? Wir würden in einer Schilfhütte wohnen, Hühner und Ziegen halten, der Vater bekäme seine Töpferwerkstatt, und von einigen Belanglosigkeiten abgesehen, wäre dann alles wie hier. Das sind die Möglichkeiten, Sternschnuppchen, hoffentlich träumst du auch davon…
    Waldi behagte die Stille nicht. Er fing an zu knurren. Ich ging hinaus. In der Töpferwerkstatt stand Fritz noch immer wie eine aus Plast gegossene Puppe.
    »Fritz, jetzt sind wir unter uns«, sagte ich, »ich brauche ein paar Auskünfte von dir. Durchforsche deinen Gedächtnisspeicher. Wer ist Me?«
    Me sei der Kommandant der »Quil«, bekam ich zur Antwort. Mich interessierte, ob er Auls Vater oder mir äußerlich ähnlich sei. Seine verrückte Antwort war, er wisse es nicht, da Me vor unendlich langer Zeit in der Nähe irgendeines »Weißen Zwerges« verbrannt sei.
    »Kruzitürken!« rief ich. »Was entwickelst du für eine Logik? Ein Leichnam kann doch kein Raumschiff kommandieren, begreifst du den Widerspruch nicht? Vielleicht habt ihr nur die Gedanken des Me gespeichert, seine Überlegungen – vielleicht war er zu Lebzeiten ein Genie?«
    »Nein, er selbst gibt die Befehle.«
»Ich möchte dir eine runterhauen«, murmelte ich. Ob sich in seinem Elektronengehirn ein Fehler befand? Aber Aul hatte sich ähnlich widersprüchlich

Weitere Kostenlose Bücher