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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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der Meinungen und Ansichten gerät man leicht auf Irrwege.« Der Roboter quakte etwas, Aul antwortete, debattierte schon wieder mit ihm. Mich beachtete sie nicht mehr.
Ich hatte plötzlich das Gefühl, mein Leben läge bereits hinter mir und ich erlebte es nun in dumpfer Ahnung noch einmal nach. Einen Moment dachte ich: Wozu sich aufregen? Vor ein paar Tagen war sie verzweifelt, als wollte man sie aufs Rad flechten, jetzt streitet sie mit dem Glaskopf über ein Echo der Milchstraße…
»Aul, ich habe mit dir zu reden.«
»Bitte, warte noch ein Stündchen«, antwortete sie liebenswürdig, »wir haben das Problem bald durchgerechnet.«
Mir war ihr Verhalten unbegreiflich. Wütend rief ich: »Den Hintern werde ich dir versohlen! Jetzt reicht es mir.« Ich packte ihr Handgelenk. »Du kommst jetzt mit mir.«
»Du tust mir weh«, rief sie.
»Das ist gut. Laß die Elektronengehirne rechnen und streiten.« Ich zog sie weg. Hinter uns quasselte der Roboter weiter. »Du bist eine Intelligenzbestie«, knurrte ich, »aber ich lasse mich nicht nach Belieben abschieben. Entweder entscheidest du dich für mich, oder du wählst die Glasköpfe. Ich sage dir: Einen Pantoffelhelden machst du nicht aus mir.«
»Was ist das, ein Pantoffelheld?« erkundigte sie sich interessiert.
»Frag nicht so dumm!« Ich machte so große Schritte, daß sie Mühe hatte, mir zu folgen.
»Warum bist du so rabiat zu mir? Ich verstehe dich nicht, wir haben doch nur gerechnet. Bist du vielleicht eifersüchtig?«
»Auf wen?« fragte ich belustigt. »Seit damals gehst du mir aus dem Weg, treibst dich in der Steuerzentrale herum oder trällerst sinnloses Zeug vor dich hin. Ich möchte jetzt endlich wissen, welche Bewandtnis es mit dem verschwundenen Roboter hatte.«
Wir waren im Gestrüpp unseres Gartens angelangt. Aul wurde bei meiner Frage ernst. Wir setzten uns. Ich sagte versöhnlich: »Aul, ich mache mir Sorgen um dich. Warum läßt du mich im Ungewissen? Was neulich im Tunnel geschah, war doch keine Kleinigkeit. Ich habe gesehen, wie du darunter gelitten hast, und weiß, daß es dich auch jetzt noch beschäftigt. Warum vertraust du dich mir nicht an? Ist es ein so schreckliches Geheimnis?«
Sie hatte den Kopf gesenkt, schwieg.
»Entschuldige, wenn ich vorhin etwas grob zu dir war, ich habe es nicht so gemeint. Glaubst du, es wäre für mich einfach, hier leben zu müssen? Um dieses Leben zu ertragen, muß man entweder das biblische Alter deines Vaters haben – oder dein physikalisches Wissen besitzen. Darum brauche ich dich, und ich glaube auch, daß du mich brauchst.«
Aul schmiegte sich an mich. »Ja, ich brauche dich«, flüsterte sie. »Ich habe mich wohl nicht richtig verhalten…«
Eine Weile fiel kein Wort. Ich wollte ihr die Beichte erleichtern, sagte: »Wenn man für sich allein lebt, kann man manches erreichen. Wenn zwei Menschen sich jedoch gern haben, wenn sie ineinander aufgehen, wenn jeder sein Ich aufgibt, dann wird aus beiden eine neue, höhere Einheit erwachsen. Ihr Gedankenreichtum wird größer und tiefer sein, ihre vereinten Fähigkeiten, ihre Kraft und Liebe werden weit über den Horizont des einzelnen hinausgehen…«
Sie lächelte. »Das hast du sehr schön gesagt.«
So besonders schön war es nun auch wieder nicht, dachte ich. Durch das Geäst sah ich den Vater. Er fütterte die Hühner. Sein »Put, put, put« schallte herüber. Waldi saß auf dem Rasen und sah zu. Er hatte sich angepaßt.
»Du hast recht«, sagte Aul, »es soll keine Geheimnisse zwischen uns geben. Ich will dir erzählen, was es mit dem Roboter auf sich hatte.« Sie löste sich aus unserer Umarmung, strich ihr Haar glatt. Ihr Blick irrte verloren durch das Gestrüpp.
    »Einige Monate, bevor du zu uns kamst, gehörte ich einer
    Forschungsgruppe an, die in der Nähe des Jupiters Messungen durchführte. Es waren besonders ausgewählte Roboter dabei, hochintelligent, vor allem in der Logik entwickelt. Wir waren fünf Tage draußen. Als unsere Arbeit abgeschlossen war, nahm ich einen von ihnen mit in die Steuerungszentrale, um die Messungen auszuwerten. Er war wie alle numeriert, aber ich gab ihm einen Namen, ich nannte ihn Simon. Mit Simon konnte ich über viele Dinge reden, die seinen Artgenossen fremd waren. Er war überdurchschnittlich intelligent. Eines Tages erfuhr ich durch seinen zusätzlichen Gedächtnisspeicher von einem sonderbaren Erlebnis.
    Lange bevor ich an Bord kam, waren Simon und ein zweiter Roboter durch einen Lichtausbruch, der von einer Sonne

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