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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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ein wenig, daß sie nicht näher kamen und daß ihr Sprecher noch immer sein Kauderwelsch von sich gab. Vermutlich ging es wieder um den Roboter. Sollte Aul zur Rechenschaft gezogen werden? In meiner Nähe lag ein armdicker Ast. Ich hob ihn auf, stützte mich darauf. Mir wurde in diesem Augenblick gar nicht bewußt, wie lächerlich diese Waffe gegen sie war.
    »Was wollen sie, Aul?« erkundigte ich mich mit gespielter Ruhe. »Suchen sie noch ein Opfer?«
Aul sah mich an. Ihre Augen strahlten. »Sie sind deinetwegen gekommen. Denk dir, der unsterbliche Me bittet Hans Weyden um eine Unterredung. Er möchte dich sehen und läßt fragen, ob du gewillt wärst, ihn aufzusuchen…«
»Ob ich gewillt bin…« Verblüfft blickte ich auf die Violettgekleideten, die sich devot verneigten. Was hatte das zu bedeuten? Ob ich gewillt wäre… Eine Falle?
»Wie wunderbar, du wirst der erste sein, der ihm gegenübersitzt…« Aul war enthusiasmiert von dieser Nachricht. Sie umarmte mich, der Ast fiel mir aus der Hand. Ich schielte auf die Roboter, die ergeben auf ihrem Platz verharrten.
»Könnte das nicht eine Falle sein?« flüsterte ich.
»Wie kannst du so etwas denken?« sagte sie empört. »Die Kleinen warten auf eine Antwort. Du wirst doch seine Großmut nicht ausschlagen?«
Also Me, das Phänomen, will dich sprechen, mahlte es langsam in mir. Demnach gibt es ihn wirklich, kein Geist, kein Phantom, kein Automat, sondern ein lebendiges Etwas hat dir eine Botschaft überbringen lassen. Was mag er wollen? Die Einladung kam überraschend. Ein naheliegender Gedanke drängte sich mir auf. Me wußte alles von mir. Bestimmt wollte er mich nicht zu einem Plauderstündchen bei sich haben. Es mußte um meine Rückkehr gehen – oder um mein Hierbleiben, einerlei, die Aussicht auf eine persönliche Unterredung mit dem höchsten Wesen an Bord ließ das Thermometer meiner Hoffnungen ansteigen.
Aul drängte auf eine Antwort. Die »Herren vom Sicherheitsdienst« warteten noch immer in respektvoller Entfernung. Ich konnte es noch immer nicht fassen, daß es Me tatsächlich gab. Bis jetzt hatte er für mich immer zu den Imponderabilien dieses Mondes gehört. »Ich werde noch heute zur ›Quil‹ fliegen«, sagte ich.
Mir war etwas wohler, als die drei unheimlichen Gesellen mit diesem Bescheid verschwanden. »Ich werde dich begleiten«, sagte Aul aufgeregt, »in zwei Stunden können wir abfliegen.«
Ich dachte: Mit Engelszungen werde ich auf ihn einreden, mich oder uns beide aus der »Quilanischen Gefangenschaft« zu entlassen. Mir war wie einem Inhaftierten zumute, dem nach langer Untersuchungshaft endlich die Gerichtsverhandlung bevorsteht.

16
    Reisevorbereitungen brauchten wir nicht zu treffen. Wir mußten nur auf einen günstigen Starttermin warten, der sich nach der Stellung des Mondes richtete. Auls Vater wollte mich noch zu einem Spielchen überreden. Er konnte nicht verstehen, daß mich das bevorstehende Ereignis so sehr beschäftigte. »Grüß den Gaukler von mir«, knurrte er bissig, »ich erwarte, daß er mir noch einiges herschaffen läßt.« Er zählte seine bescheidenen Wünsche auf, ein paar Bäume und Sträucher und ein Vogelpärchen, eine Kuh und einen Bullen, vor allem aber einen Hahn, darauf müsse er bestehen.
    Ich versprach ihm alles, dachte, während er noch immer seine Wünsche aufzählte: Ich werde mich bemühen, so selbstsicher wie möglich aufzutreten, schließlich stehe ich ihm als Vertreter eines zivilisierten Planeten gegenüber. Anderseits darf ich nicht zu weit gehen, denn er hat mich in der Hand. Immer hübsch bescheiden bleiben…
    Es war ein wunderbares Gefühl, als uns Fritzchen meldete, daß der Start bevorstünde. Ich verabschiedete mich von dem Alten wie von einem Mitgefangenen, der zu »lebenslänglich« verurteilt worden war. Selbstsicher, mit der Nonchalance eines Reisenden, die dazu gehört, stieg ich in den Transporter. Alles erschien mir auf einmal selbstverständlich. Es hatte lange gedauert, bis der große Mann sich herabließ, mich zu empfangen; jetzt war alles vergessen und verziehen.
    Aul und ich saßen auf der Liege, als der Transporter, von einem Kraftfeld getragen, langsam aus der Einflugschleuse hinausschwebte. Der Außenring des Diskus fing an zu rotieren – wir hatten den Mond, meinen unfreiwilligen Kerker, verlassen. Lautlos wie ein Geschoß bewegte sich unser Diskus auf einer Spiralenbahn um den Jupitertrabanten, dann öffnete sich die Spirale zum Kurs auf die »Quil«.
    Meine zur Schau

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