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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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Glas überzogenen Badewanne. Ich sah Aul fragend an – wozu das komische Fahrzeug?
    »Die ›Quil‹ ist groß«, sagte sie nur und half mir beim Einsteigen. Die beiden »Plötzen« saßen vor mir. Sanft erhob sich das Fahrzeug einige Zentimeter. Ich sah, wie Aul winkte, dann schwebten wir mit mäßiger Geschwindigkeit ins Innere der »Quil«. War schon die Art der Fortbewegung bewundernswert, so nötigte mir die Dauer unseres Fluges noch mehr Respekt ab. Die schlauchartigen Gänge, die wir durchflogen, waren matt erleuchtet. Hin und wieder wurden Seitenräume erkennbar, in denen sich Roboter aufhielten. Manchmal erinnerte mich der Flug an die Geisterbahn vom Rummelplatz. Es fehlten nur die klappernden Totengerippe und das Heulen der Lärminstrumente. Als unser Fahrzeug hielt, glaubte ich am Ziel zu sein. Doch wir bewegten uns nur wie in einem Fahrstuhl nach oben, um in einer anderen Etage den lautlosen Flug fortzusetzen. Me schien sich genau am anderen Ende des Hufeisens aufzuhalten.
    Nach meinem Empfinden mußten wir eine Stunde unterwegs gewesen sein, als das Fahrzeug endlich hielt. Wir befanden uns in einem hell erleuchteten Raum. Meine Begleiter öffneten die Glaswand, deuteten mir an auszusteigen. Als ich ihrer Aufforderung nachgekommen war, schwebten sie mit ihrer Badewanne hinaus. Hinter ihnen schloß sich die Wandung.
    Von einem Liegesitz abgesehen, war der Raum leer. Nur an den Wänden befanden sich in regelmäßiger Anordnung leuchtende Farbpunkte, die wie winzige Glühlampen aussahen. Der Liegesitz deutete darauf hin, daß ich mich in einem Wartezimmer befand. Ich setzte mich, harrte der Dinge, die kommen sollten.
    Minute um Minute verging, nichts rührte sich. Me verstand es, sich Geltung zu verschaffen. Wahrscheinlich saß er hinter einer Wand und beobachtete mich. Ich wurde unruhig, dachte: Ob er auch so einen langen Bart trägt wie Auls Vater? Hatte er überhaupt ein menschliches Aussehen? Auf jeden Fall war er ein Phänomen; älter als Methusalem, längst gestorben und dennoch am Leben. Ich lehnte mich zurück, schloß die Augen, erwartete jeden Augenblick, daß sich eine Tür öffnete.
    Als ich am wenigsten darauf vorbereitet war, schreckte mich eine Stimme auf. Sie hatte den gleichen monotonen Klang wie Fritzchens Organ, sagte laut und deutlich: »Willkommen, Erdling, zu dir spricht Me, der Pirat, der Großwildjäger, der Menschenräuber, der Halbgott, der verrückt gewordene Wissenschaftler, der Weltraumzigeuner… Ich freue mich, dich zu sehen, und danke dir, daß du meiner Einladung gefolgt bist.«
    Ich hockte auf der Vorderkante des Sitzes und konzentrierte mich auf meine eigene Metamorphose. Mein Wille, mich in einen Floh oder eine Maus zu verwandeln, war gewaltig. Me mußte meine hoffnungslosen Anstrengungen spüren, denn zu meiner Erleichterung fügte er seiner demütigenden Begrüßung hinzu: »Deine Verbalinjurien haben mich amüsiert. Wie ist übrigens die Verständigung? Kannst du mich gut hören?«
    Ich druckste ein »Ja« heraus.
»Dann werden wir zur Sache kommen«, fuhr er fort, »denn ich möchte deine kostbare Zeit nicht über Gebühr beanspruchen. Ich habe einige Fragen an dich. Es interessiert mich, was du für Aul empfindest. Wenn ich richtig informiert bin, nennt ihr die Beziehungen zwischen Mann und Frau Liebe. Ich gehe davon aus, daß diese Beziehungen auf der Erde heute noch Gültigkeit haben, und frage dich: Liebst du Aul?«
Hatte ich mich verhört? Sollte ich diese Reise unternommen haben, um auf eine derart abwegige Frage zu antworten? Ich war jedoch noch immer so eingeschüchtert, daß ich nur stotternd antwortete: »Ja, gewiß, ich habe Aul sehr gern… Ich glaube es jedenfalls, sie ist durchaus…« Während mir das verworren über die Lippen kam, blickte ich mich verstohlen um. Es war nicht festzustellen, hinter welcher Wand sich Me verbarg.
»Ich will nicht wissen, was du glaubst«, tönte es zurück, »ich muß Gewißheit haben. Ist dein Verlangen nach ihr stärker als dein Wunsch, zur Erde zurückzukehren? Ich habe dir viel Zeit gegeben, hierüber nachzudenken.«
Jetzt nur keinen Fehler machen, dachte ich, keine übereilte Antwort geben, vor allem mich nicht festlegen. Ich witterte eine Chance. Ob mein Verlangen nach Aul stärker ist… Was bezweckte er mit dieser Frage? Ich mußte antworten, sagte: »Wie schon erwähnt, ich habe sie wirklich gern, aber um ehrlich zu sein, ich wollte Ihre Gastfreundschaft eigentlich nicht so lange in Anspruch nehmen. Man wird mich

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