Zeit der Sternschnuppen
zu Hause vermissen…«
Mir war, als hätte ich ein Aufstöhnen vernommen. Nach einiger Zeit antwortete er: »Ihr Erdlinge seid…« Es folgten einige Vokabeln, die ich nicht verstand, sie waren offenbar nicht sehr schmeichelhaft. Dann sprach er weiter: »Ich brauche Klarheit über deine widerspruchsvollen Gedanken. In einigen Monaten wird die ›Quil‹ euer Sonnensystem verlassen. Wir werden lange Zeit unterwegs sein. Weder Aul noch ihr Vater können zur Erde zurück. Du weißt, wie und wann beide an Bord kamen.«
Eine Pause entstand. Hastig sagte ich: »Du hast den beiden das Leben gerettet, es war eine humanistische Tat…« Ich war mir nicht ganz sicher, ob mir diese generöse Beurteilung zustand.
Er korrigierte sie auch umgehend, antwortete: »Es war eine Barbarei, ein unverzeihlicher Fehler, ihnen die Erde zu nehmen und den Tod zu stehlen. Ihre Anwesenheit ist eine Bürde für mich. Allein um den Vater zu erhalten, mußte ich das unsinnigste Zeug von der Erde herschaffen lassen. Nun ist ein neues Problem aufgetaucht, mit dem ich nicht gerechnet habe. Aul ist in die Jahre gekommen. Sie braucht einen Mann, aber ich habe nur Roboter an Bord. Um es kurz zu machen: Du würdest ein großes Problem lösen helfen, wenn du bei uns bliebest.« In seinen Worten schwang etwas Bittendes mit. Er befahl mir nicht zu bleiben, sondern verband mit seiner Bitte die Alternative: Aul oder die Erde. So gern ich auch Aul mochte, meine Antwort stand fest, noch ehe ich sie formuliert hatte, Verzicht auf die Erde, um in einem Mond zu leben, vielleicht für den Rest meines Lebens Skat spielen müssen? Dieser Preis war zu hoch. Damals, auf Manik Maya, als der Anblick des gestirnten Himmels noch romantische Neugier in mir auslöste, hätte ich, ohne zu zögern, seinen Vorschlag angenommen. Nach den Monaten sinnlosen Nichtstuns erschien mir die Erde wie der Inbegriff aller Freiheit und Schönheit. Warum aber sollte es nur diese Alternative geben? Warum sollte sich Aul nicht dem Leben auf der Erde anpassen können? Ich wollte sie dort schon beschützen. In diesem Sinne formulierte ich auch meine Antwort. Er sollte uns beide freigeben.
»Ihre Welt ist die ›Quil‹,« tönte es zurück. »Wie könntest du dich für ihre Sicherheit verbürgen? Kannst du den Blitz von ihr abwenden, dem Orkan Einhalt gebieten, das Erdbeben verhindern? Ihr Leben ist nur in der ›Quil‹, im All sicher. Hier gibt es keine Naturkatastrophen, und hier gibt es auch keinen Krieg. Du würdest mich besser verstehen, wenn du hier bliebest. Jetzt mag dir das Dasein in unserer Welt trist erscheinen, zu klein ist dein Horizont, zu eng. Bliebest du bei uns, würde ich dir unser Wissen geben, Kenntnisse von Jahrtausenden, die noch vor euch liegen. Übereile deine Antwort nicht. So oder so, morgen werden dich meine Helfer zur Erde zurückbringen. Du sollst acht Tage Zeit haben, über meinen Vorschlag nachzudenken. Denke gut nach, denn die Chance, die sich dir bietet, kehrt nie wieder. Bist du mit meinem Plan einverstanden?«
Im ersten Augenblick war in mir nur ein Gedanke: Ich darf zur Erde zurück! Wieder einen Himmel über dir, durch Straßen und Wälder gehen, arbeiten, etwas Sinnvolles schaffen, Kaffee trinken, Musik hören… Krampfhaft bemühte ich mich, mir andere Erinnerungen vor Augen zu führen. War das alles wirklich so begehrenswert, daß mich der Gedanke daran in einen solchen Freudenrausch versetzen konnte? Meine Phantasie rief mir nur Belangloses in Erinnerung.
Gut nachdenken – Me hatte recht, ich durfte die Antwort nicht übereilen. Du hast Zeit, sagte ich mir, acht lange Tage. Am achten Tag werde ich die Karten auf den Tisch legen. Ich erklärte mich mit seinem Vorschlag einverstanden.
»Über diesen Punkt wären wir uns also einig. Nun zu einer anderen Frage. Wenn du aufstehst, wirst du hinter dir etwas sehen. Kannst du mir sagen, ob dieser Apparat auf der Erde gebaut wurde?«
Hinter mir hatte sich lautlos die Wandung geöffnet. Dort stand etwas, was mir bekannt vorkam. Verwundert trat ich näher und betrachtete das seltsame Etwas.
»Um eure Sonne und noch mehr um die Erde bewegen sich viele solcher sonderbaren Metallspinnen. Diese dort ließ ich von meinen Helfern zur ›Quil‹ bringen. Es wäre nicht ausgeschlossen, daß sie von einem andern Planeten stammt. Kannst du mir darüber etwas sagen?«
Beinahe hätte ich laut aufgelacht. Vor Jahren war dieser »Apparat«, wie Me ihn nannte, in vielen Zeitungen abgebildet gewesen. Vor mir stand die erste
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