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Zeit der Teufel

Zeit der Teufel

Titel: Zeit der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lamont
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Washington-Brücke nicht allzu gewaltig ausfiel.
     
     
    Der Stau fiel allzu gewaltig aus. Zamorra brauchte wahrhaftig über eine Stunde, bis er die Adresse endlich gefunden hatte. Zwischendurch schlängelte sich ein feuerroter alter Jaguar E mit hohem Tempo an ihm vorbei durch die aufgestauten Fahrzeugschlangen, mit heulender Polizeisirene und einer blinkenden Rotlichtkuppel auf dem Dach.
    »So'n Ding hätte ich jetzt auch gern«, brummte er.
    Dann fand er erst einmal keinen Parkplatz und fuhr vier Ehrenrunden um den Häuserblock, bis endlich etwas frei wurde. Die Parklücke war zwar recht knapp, aber Zamorra rangierte seinen Straßenkreuzer in aller Gemütsruhe hin und her, bis er richtig stand, und scherte sich den Teufel um das ungeduldige Hupen anderer Verkehrsteilnehmer.
    Schließlich hatte er keine Lust, sich einen Strafzettel einzuhandeln, nur weil der Wagen vielleicht etwas zu schräg stand oder zwei Zoll weiter als üblich auf die Fahrbahn ragte; die Cops, die hier den ruhenden Verkehr überwachten, fackelten nicht lange.
    Er stieg aus und hatte plötzlich das eigenartige Gefühl, beobachtet zu werden. So, als starre ihn jemand direkt und ausdauernd an. Blitzartig fuhr er herum, hielt Ausschau. Aber er konnte niemanden entdecken.
    Dennoch warnte sein »sechster Sinn« ihn weiter.
    Er wusste, dass er sich auf dieses Gespür verlassen konnte. Damals, als er sein Studium abschloss, hatte er sich ein Jahr lang das »Dach der Welt« angesehen. Er hatte von tibetischen Mönchen gehört und gelesen, die schier unglaubliche Dinge bewirken konnten. Das wollte er überprüfen. So besuchte er ein Kloster und bat um Unterkunft. Wochenlang, monatelang unterhielt er sich mit den Mönchen und lernte von ihnen – und schrieb später seine Doktorarbeit über die Phänomene, die er in jenem Kloster erlebte.
    Die Zeit bei den Mönchen hatte seine Sinne geschärft, und einer der Männer, der eine Stirnnarbe besaß und behauptete, dahinter befinde sich ein »drittes Auge«, mit dem er in die Seelen der Menschen sehen könne, hatte ihm noch einen kleinen nützlichen Trick beigebracht, den Zamorra anfangs einfach nicht glauben konnte. Aber er schien sich tatsächlich unsichtbar machen zu können, wenn er es wollte …
    Wie das funktionierte, hatte ihm der alte Mönch, der sich Lobsang Rampa nannte, erklärt. »Jeder Mensch hat eine Aura, an der man ihn erkennt. Wenn du lernst, diese Aura nicht über die Grenzen deines Körpers hinausgehen zu lassen, wird niemand dich wahrnehmen, es sei denn, du berührst ihn und weckst damit seine Aufmerksamkeit.«
    Davon hatte Zamorra in seiner Doktorarbeit vorsichtshalber nichts erwähnt, um sich nicht völlig unglaubwürdig zu machen. Aber später hatte er eine Abhandlung für eine Fachzeitschrift darüber geschrieben, die bis heute auf ihre Veröffentlichung wartete.
    Immerhin: der Trick funktionierte. Zamorra hatte es erprobt.
    Jetzt sah er an der Hausfassade empor. Sieben Stockwerke. Wenn es so weiter ging wie bisher, befand sich die Agentur im siebten …
    Es ging so weiter. Und der verdammte Lift war außer Betrieb. Na klasse. Vielleicht hätte er es doch noch bei einer anderen Agentur versuchen sollen …
    Aber jetzt war er hier, und sieben Treppen mussten doch irgendwie zu schaffen sein. Während er Stufe auf Stufe nahm, flitzte ein junger Dunkelhäutiger an ihm vorbei.
    »Auch auf Jobsuche, Mann?«
    »Wie kommen Sie auf diese phänomenale Idee?«
    »Na, wer hierher kommt, sucht entweder 'nen Job oder 'ne zweibeinige Matratze … und du siehst nicht danach aus, als ob du das nötig hättest …« Und schon sauste er weiter aufwärts.
    Ihr grundgütigen Götter und Götterchen , dachte Zamorra. Wo bin ich hier hin geraten?
    Über ihm, nur ein Stockwerk höher, knallte eine Tür.
     
     
    Zamorra stieg tapfer weiter aufwärts und stand endlich vor der Korridortür, auf der ein großes Plastikschild mit geschwungener Beschriftung darauf hinwies, dass hinter dieser Pforte das Jobvermittlungsparadies von Meyer, Mayer … und so weiter auf den Eintretenden wartete.
    Er legte die Hand auf die Türklinke und zögerte. Das Gefühl, aus nächster Nähe beobachtet zu werden, war plötzlich verstärkt wieder da.
    Aber niemand war in der Nähe!
    Da trat er ein, ohne anzuklopfen.
    Und glaubte sich in das Wartezimmer eines Arztes versetzt zu sehen.
    Ein Tisch mit Zeitungen, Stühle an den Wänden aufgereiht, Menschen beiderlei Geschlechts und jeglichen Alters zwischen fünfzehn und hundertfünfzehn

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