Zeit der Träume
Sturm. Ein heißer Sturm mit heftigen Böen, der auf die Unachtsamen niederprasselte, bevor sie sich in Sicherheit bringen konnten.
Sie ließ ihn wüten. Und sie ließ auch ihre verborgene Seite zutage treten, die sie noch nie jemand offenbart hatte.
»Wie gefällt dir das?«, murmelte er, die Lippen an ihrem Hals.
»So weit, so gut.«
Er hob den Kopf und starrte sie an. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. »Irgendetwas ist hier. Irgendetwas Großes.«
»Ich glaube nicht...«
»Doch, du glaubst es auch«, fuhr er sie ungeduldig an. »Du willst es vielleicht nicht glauben - ich bin selber nicht so wahnsinnig scharf darauf. Aber es ist da. Ich verwende ungern dieses Klischee, aber es ist so, als drehte man einen Schlüssel im Schloss herum. Ich kann es klicken hören.«
Er richtete sich auf und fuhr sich mit einer unsicheren Handbewegung durch die Haare. »Und ich bin eigentlich noch nicht bereit dazu.«
Sie setzte sich rasch auf und strich sich die Bluse glatt. Es brachte sie aus dem Gleichgewicht, dass er sie wütend machte und zugleich erregte. »Glaubst du, ich will das hören? Ich habe auch ohne dich genug zu tun im Moment. Ich muss den ersten Schlüssel finden. Ich muss mir eine Arbeit suchen, und dabei will ich gar nicht irgendeinen blöden Job. Ich will...«
»Was? Was willst du?«
»Ich weiß es nicht.« Sie stand auf. Auf einmal stieg Wut in ihr auf. Sie wandte sich ab, starrte zu dem Haus am anderen Ufer und verschränkte die Arme vor der Brust. »Und dabei weiß ich sonst immer, was ich will.«
»Da hast du mir etwas voraus.« Er erhob sich ebenfalls, trat jedoch nicht zu ihr. Seine Gefühle lagen im Widerstreit, und er konnte es nicht riskieren, sie zu berühren.
Der Wind spielte in ihren Haaren, und mit ihren goldblonden Locken sah sie aus, wie aus einem Gemälde entsprungen. So schlank und so vollkommen stand sie dort, halb von ihm abgewandt, während die untergehende Sonne die Gipfel der Hügel in Feuer tauchte.
»Nur bei einem war ich mir von Anfang an absolut sicher«, sagte er. »Ich wollte dich.«
Sie blickte ihn an. »Ich bin wahrscheinlich nicht die einzige Frau, mit der du jemals schlafen wolltest.«
»Nein.« Ihre Augen wirkten eher unglücklich als zornig, dachte er. Entschlossen lächelnd versuchte er, die Stimmung zu heben. »Die erste war Joley Ridenbecker. Wir waren dreizehn. Und unser Verlangen wurde niemals gestillt.«
»Mach keine Witze darüber.«
»Nein, das tue ich ja gar nicht.« Er trat auf sie zu und fuhr mit leiser Stimme fort: »Ich begehrte Joley - so sehr, wie man es als Dreizehnjähriger vermag. Es war intensiv, sogar schmerzlich, und es war irgendwie süß. Schließlich fand ich heraus, was das Gefühl bedeutete. Ich begehrte auch andere Frauen. Eine habe ich sogar geliebt - und deshalb kenne ich den Unterschied. Wenn es bei uns beiden nur um Sex ginge, würde ich mich nicht so aufregen.«
»Es ist wohl kaum meine Schuld, dass du dich aufregst.« Sie funkelte ihn finster an. »Und eigentlich klingst du nicht danach.«
»Wenn ich ernsthaft böse bin, dann werde ich ganz vernünftig. Es ist ein Fluch.« Er ergriff den Ball, den Moe ihm vor die Füße legte, und warf ihn so weit weg, dass Malory die Augen aufriss. »Und wenn du glaubst, es würde Spaß machen, bei jedem Streit beide Seiten zu verstehen, dann kann ich dir nur erwidern, dass es ein Scheißgefühl ist.«
»Wer war sie?«
Er zuckte mit den Schultern, dann hob er den Ball auf, den Moe wieder zurückgebracht hatte, und warf ihn erneut. »Das spielt keine Rolle.«
»Ich denke doch. Vermutlich spielt sie nach wie vor eine Rolle.«
»Es hat einfach nicht funktioniert.«
»Okay. Ich muss jetzt nach Hause.« Sie ging zur Decke und kniete sich hin, um die Reste ihres Picknicks einzusammeln.
»Das ist eine Fähigkeit, die ich bewundere. Niemand beherrscht das so gut wie eine Frau, dieses implizite ›leck mich‹«, erklärte er und schleuderte den Ball für Moe in die Luft. »Sie hat mich verlassen. Oder ich bin nicht mit ihr gegangen, je nachdem, wie man es sieht. Wir waren fast ein Jahr lang zusammen. Sie war Fernsehreporterin und machte Karriere. Sie war gut, und wir stritten und diskutierten ständig über Wirkung und Wert unseres jeweiligen Mediums. Das ist sexier, als es sich anhört.«
Dieses Mal warf er den Ball in eine andere Richtung und sah Moe nach, der begeistert hinterherstürmte. »Na ja, wir hatten vor zu heiraten und nach New York zu ziehen. Dann bekam sie ein Angebot von einem
Weitere Kostenlose Bücher