Zeit des Aufbruchs
zu stürmen. Er unterdrückte ein irrsinniges Lachen. »Sagte ich überleben?«
Das laute, angestrengte Grunzen Lujans und das helle Klingen von Schwertern hinter ihm warnte Kevin; wieder hatten Feinde die Mauer zwischen Maras Räumen und der angrenzenden Wohnung durchbrochen. »Bewacht diese Tür!« stieß Kevin hervor und raste zu Mara. Bei ihr standen zwei Acoma-Soldaten und schützten die Lady mit ihren Körpern, während ein halbes Dutzend schwarzer Krieger sie zu überwältigen trachteten.
»Ihr Bastarde!« schrie Kevin mit rauher Stimme. Er warf sich auf die hintersten. Die Männer, die er traf, fielen gegen jene vor ihnen. Beine gerieten durcheinander, Schwertarme fuchtelten in der Luft, und die gesamte Gruppe landete auf dem Boden. Kevin rutschte und rollte über den glitschigen Boden; er zwang seine müden Muskeln, ihm noch ein einziges Mal zu gehorchen. Er stand mit dem nach vorn gerichteten Schwert auf und machte einen Schritt. Drei Feinde lebten immer noch. Kevin machte den nächststehenden kampfunfähig. Einem anderen schlug er das Schwert in den Nacken, doch er hatte kaum noch genug Kraft, um ihn zu verwunden. Gerade als die beiden Acoma-Soldaten ihre Kräfte sammelten, um die letzten Angreifer zu töten, schrie Mara auf: »Kevin! Hinter dir!«
Kevin wirbelte herum; er war sich nur unklar bewußt, daß der Mann, den er vermeintlich kampfunfähig geschlagen hatte, ein Messer in der Hand hielt. Diesen mußte er dem Schicksal überlassen, denn ein Schwert sauste auf ihn herab. Er wich nach rechts aus, stolperte über das ausgestreckte Bein eines Toten und fiel krachend auf die Leiche. Das Schwert des Angreifers zog eine glänzende Linie über seinen Oberarm. Kevin heulte auf – mehr aus Wut denn aus Schmerz – und drehte sich um. Seine Klinge traf den dunklen Krieger genau oberhalb der Lenden. Er schüttelte das Blut aus seinen Augen. Einer der Acoma-Soldaten sprang neben ihn, den Fuß zum Tritt gegen den Schild des sterbenden Mannes erhoben. Der Feind wankte wild um sich schlagend zurück in den engen Flur, wo er in einen anderen dunklen Krieger taumelte.
Kevin holte keuchend Luft. »Bei allen Göttern! Es kommen immer mehr!« Mühsam kämpfte er gegen ein fürchterliches, nachhallendes Geräusch. Trompeten, erkannte er benommen. Sein Rücken brannte, und sein linker Arm baumelte herab. Feuchtigkeit tropfte von seinen Fingern. Doch er stand immer noch aufrecht und quälte sich hinter dem Acoma-Soldaten her zur Außentür. Ein letzter Mann wartete hinter ihm, das Schwert schützend vor Mara erhoben. Kevin brachte ein schiefes Lächeln zum Abschied zustande, bevor er in den Flur stolperte. Schon bald würde das Ende kommen. Lujan, Arakasi, Hoppara, der Lord der Bontura – sie alle waren nirgendwo zu finden, obwohl Kampfgeräusche aus dem zweiten Schlafzimmer herüberklangen. Ohne Hilfe von außen waren sie zu wenige, um überleben zu können.
Als er die letzte Tür erreicht hatte, sah Kevin zwei Krieger in schwarzen Rüstungen durch das Loch in der Wand in Richtung Garten fliehen. Sie hatten es sonderbar eilig, und diese Tatsache erheiterte ihn, doch Tränen traten ihm in die Augen, statt daß er zu lachen begann. Wieder erklang eine Trompete, lauter diesmal.
Dann war es still in der Wohnung, abgesehen von dem Stöhnen der verletzten Krieger und dem pfeifenden Atem von Lord Iliando aus irgendeiner Ecke. Lujan stolperte aus einer Tür, sein Helm war fort, und Blut strömte aus einer Kopfwunde über sein Gesicht. Er grinste Kevin albern an und blieb ruckartig stehen. »Der Kaiser! Er ist hier! Das sind die Trompeten der Palastgarnison! Die Kaiserlichen Weißen sind zurückgekehrt!«
Kevin brach an Ort und Stelle zusammen, und nur die Wand, an die er mit der Schulter stieß, bewahrte ihn davor, auf dem Boden aufzuschlagen. Lujan sank neben ihm zu Boden. Ein böser Schnitt an der Schläfe blutete stark, und seine Rüstung bestand nur noch aus Fetzen. Kevin lockerte mühsam den Griff seiner Finger um das Schwert, griff nach einem Stück eines zerrissenen Kissens und versuchte damit, die Blutung zu stoppen. Hoppara wankte mit Lord Iliando an seinem Arm aus der Schlafzimmertür. Doch Kevin sah nur Mara an. Ebenso erschöpft wie die anderen sank sie neben ihm auf die Knie. »Der Kaiser?«
Bevor Lujan seine Stimme zurückerlangte, traten zwei weißgekleidete Krieger forsch durch die Tür. Einer von ihnen fragte laut fordernd: »Wer befiehlt hier?«
Mara richtete sich auf. Ihre Haare hingen wirr herab,
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