Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Titel: Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
Vom Netzwerk:
abgesprochen hatten.«
    Stepan sah mich besorgt an, ungewiss, ob sein Bericht mich zufriedenstellte oder nicht.
    Das wusste ich selbst auch nicht.
    »In Ordnung. Du hast ganz richtig gehandelt. Hier, eine kleine Entschädigung für deine Mühe.« Ich gab ihm vier Fünfziger, die er zusammenrollte und in die Jeanstasche steckte.
    »Willst du verreisen?« Stepan zeigte auf meinen Koffer.
    »Nach Moskau.«
    Die Waggonschaffnerin des nach Tolstoj benannten Zuges hieß mich willkommen. Angesichts ihrer Waden war ihr Rock ein wenig zu kurz, doch sie machte einen freundlichen Eindruck und sprach mich automatisch auf Russisch an.
    Im Abteil breitete ich meine Sachen aus, ließ die Schuhe auf den Fußboden fallen und legte mich auf eines der beiden mit blauen Decken versehenen Betten. Der Wagen war modern. Ich fummelte eine Weile an dem Fernseher herum, bekam aber kein Bild auf die Mattscheibe und begnügte mich schließlich damit, die Zeitung zu lesen.
    Als wir Lahti passiert hatten, ging ich in den Speisewagen. Er glich der Bar des einzigen Hotels in einer Kleinstadt. Die Inneneinrichtung wollte elegant sein, doch der Raum wirkte eng und altmodisch. Die roten Gardinen schmückten sich mit dem wappenartigen Kennzeichen der Bahngesellschaft, mit Rüschen und Schnüren, die in einem Quast ausliefen.
    Die finnischen Passagiere tranken Bier, aßen allenfalls ein Käsebrot.
    Ich bestellte mir bei dem mürrischen Kellner eine Suppe. Er trug eine schwarze Weste und eine rote Fliege. Von vorn war er kahlköpfig, aber als er sich umdrehte, sah ich, dass er die Nackenhaare zu einem dünnen Zopf geflochten hatte. Auf meine Suppe musste ich bis hinter Kouvola warten. Erst dann brachte der Kellner die Schüssel und einige Scheiben dunkles Brot, brummte ein »Požaluista«.
    Als im Speisewagen zum ersten Mal angekündigt wurde, man werde für die Zeit des Grenzübergangs schließen, kehrte ich in mein Abteil zurück.
    In Vainikkala stiegen noch einige Passagiere zu. Die Russin, die als Letzte einstieg, hatte ein halbes Dutzend Bündel und Tüten bei sich. Ein Zöllner half ihr, die Einkäufe in den Zug zu bugsieren.
    Ruckelnd setzte sich der Zug in Bewegung. Eine Weile sah ich nur rostige Chemikalienwaggons, dann überquerten wir die Grenze. Der Waggon schien stärker zu schaukeln und lauter zu rattern als auf der finnischen Seite. Die Strecke führte durch einen Wald und in ein Tal, neben den Gleisen schlängelte sich ein kleiner Fluss. Am Hang hatte ein Waldbrand gewütet. Die verkohlten Bäume ragten schwarz in die Höhe. Dann wurde das Gelände flacher, neben den Gleisen tauchten kleine Felder und einige Siedlungen auf. Die meisten der schäbigen Hütten waren schief, bei einer hatte man das Dach mit einer grellbunten Platte geflickt.
    Vor Wyborg wurden die Häuser größer, standen enger beieinander, bildeten Dörfer. Dazwischen stachen neu gebaute Fabrikhallen ins Auge, mit hellen Wandelementen, auf dem Hof neue Kleintransporter.
    Ich versuchte, nicht an Julija zu denken. Auf meinem Handy ging eine SMS ein, die mir jedoch nur mitteilte, dass der Netzbetreiber gewechselt hatte. Er hieß jetzt Megafon.
    Wieder in Russland. Zu Hause, seufzte ich.

30
    Die Endstation in Moskau trug immer noch den Namen Leningrader Bahnhof. Die Bahnsteige endeten in einer langen Wartehalle, die voll von Reisenden und den Gerüchen russischen Gedränges war. In den Duft fettiger Pasteten und frischer Früchte mischte sich schwerer, fast süßlicher Abortgestank, dann eroberte eine dichte Parfümwolke den Luftraum.
    Draußen schlängelte ich mich durch die Kioskzone. Vor dem Bahnhof hingen Bier trinkende Müßiggänger herum, kleine Männer in Lederjacken boten Fahrdienste an. Ich schüttelte den Kopf und ging hinunter zur Metro.
    Ich traf eine Viertelstunde zu früh beim »National« ein. Vor dem Hotel parkten schwarze Wagen in doppelter Reihe. In früheren Jahren waren es Wolgas und Tschaikas gewesen, jetzt Audis und Mercedes. Auch die Chauffeure trugen andere Uniformen als früher. In schwarzen oder dunkelgrauen Anzügen lehnten sie sich an die Kotflügel und rauchten.
    Der Portier trug einen Zylinder und einen langen grünen Umhang. Er hieß mich höflich willkommen. Ich erklärte ihm, ich sei nur wegen einer Verabredung zum Frühstück hier, und fragte, ob ich meinen Koffer zur Aufbewahrung abgeben könne. Der Türsteher sagte, aus Sicherheitsgründen sei es eigentlich nicht erlaubt, Gepäckstücke von Passanten anzunehmen, aber ich sei ihm

Weitere Kostenlose Bücher