Zeit, gehört zu werden (German Edition)
in bester Ferienlaune, hatte ausgeschlafen und kam gerade aus der Dusche. In der letzten halben Stunde hatte ich überhaupt nicht mehr an unseren Ausflug gedacht. »Hey«, sagte ich im Versuch, einen lässigen Ton anzuschlagen, »findest du das nicht merkwürdig?«
Ich erzählte ihm, was ich gesehen hatte.
»Doch«, sagte er. »Wir sollten auf jeden Fall rübergehen und uns umschauen.«
Bei einem schnellen Frühstück unterhielten wir uns weiter über meine Beobachtungen. »Vielleicht ist die Toilette einfach kaputt«, meinte er.
Noch bevor wir unseren Kaffee ganz ausgetrunken hatten, rief Filomena zurück. »Was siehst du?«, wollte sie wissen. Ihre Panik löste meine eigene aufs Neue aus.
»Filomena«, sagte ich, so gelassen ich konnte, »wir sind noch bei Raffaele, gehen aber gleich los.«
Als wir zehn Minuten später das Haus erreichten, hatte sich mein Magen vor Angst zu einem Knoten verkrampft. »Und wenn nun jemand drin war?« Mir wurde bang und bänger. Raffaele hielt meine freie Hand, während ich die Tür aufschloss. »Ist da jemand?«, rief ich laut.
Zuerst schien alles in Ordnung zu sein. Im Haus war es still, und die Wohnküche war makellos sauber. Ich steckte den Kopf in Lauras Zimmer. Auch dort war offenbar alles okay. Dann öffnete ich Filomenas Tür und schnappte nach Luft. Das Fenster war eingeschlagen worden, und überall lag Glas. Kleider häuften sich auf dem Bett und dem Fußboden. Die Schubladen und Schränke waren offen. Ich sah nur ein einziges Chaos. »O Gott, bei uns ist eingebrochen worden!«, stieß ich hervor. Raffaele stand direkt hinter mir. Gleich darauf entdeckte ich Filomenas Laptop und Digitalkamera auf dem Schreibtisch. Ich konnte es einfach nicht begreifen. »Das ist echt komisch«, sagte ich. »Ihre Sachen sind da. Ich versteh’s nicht. Was kann hier passiert sein?«
In diesem Moment klingelte mein Handy. Es war Filomena. »Jemand war in deinem Zimmer«, sagte ich. »Sie haben das Fenster eingeschlagen. Aber es ist seltsam – sieht nicht so aus, als hätten sie irgendwas mitgenommen.«
»Ich komme sofort heim«, sagte sie mit gepresster Stimme.
Merediths Tür war noch immer verschlossen, so wie bei meinem vorherigen Aufenthalt im Haus. »Meredith!«, rief ich. Sie antwortete nicht. Ob sie die Nacht bei Giacomo verbracht hat? Oder bei einer ihrer englischen Freundinnen? In diesem Augenblick beunruhigte mich das eingeschlagene Fenster in Filomenas Zimmer mehr als Merediths verschlossene Tür.
Ich lief nach draußen und ums Haus, um nachzusehen, ob die Jungs von unten da waren und ob sie in der Nacht irgendwas gehört hatten. Draußen, ohne Raffaele, stieg die Angst wieder in mir empor.
Mein Herz begann erneut zu rasen. Ich hämmerte an ihre Tür und versuchte, durch die Scheibe zu spähen. Es sah aus, als wäre niemand daheim.
Ich lief wieder nach oben, klopfte behutsam an Merediths Tür und rief: »Meredith. Bist du dadrin?« Ich rief erneut, diesmal lauter. Ich klopfte fester. Und dann mit aller Kraft. Ich rüttelte an der Klinke. Die Tür war verriegelt. Meredith schließt nur ab, wenn sie sich umzieht , dachte ich. Sie kann nicht dadrin sein, sonst würde sie antworten. »Warum antwortet sie mir nicht?«, fragte ich Raffaele verzweifelt.
Mir fiel kein Grund ein – schon gar nicht in diesem Augenblick –, weshalb ihre Tür verschlossen sein sollte. Was, wenn sie in ihrem Zimmer war? Weshalb reagierte sie dann nicht? Schlief sie mit Kopfhörern? War sie verletzt? In diesem Moment kam es mir in allererster Linie darauf an, sie zu erreichen; ich wollte einfach wissen, wo sie war und dass es ihr gutging. Bei meinen Anrufen war sie ja nicht ans Handy gegangen.
Ich kniete mich auf den Fußboden und versuchte, mit zusammengekniffenen Augen durchs Schlüsselloch zu spähen, sah aber nichts. Und wir konnten nicht wissen, ob die Tür von innen oder von außen abgeschlossen worden war.
»Ich gehe mal raus und versuche, von der Terrasse aus durch ihr Fenster zu schauen.«
Ich kletterte über das schmiedeeiserne Geländer. Die Füße auf dem schmalen Sims, hielt ich mich mit einer Hand am Geländer fest und beugte mich so weit vor, wie es ging. Mein Körper hing in einem Winkel von fünfundvierzig Grad über dem Kiesweg unten. Raffaele kam heraus und rief: »Amanda! Lass das. Du könntest runterfallen!«
Auf den Gedanken war ich noch gar nicht gekommen.
»Bitte komm rein, bevor du dich noch verletzt!«
Drinnen kehrten wir sofort zu Merediths geschlossener Tür
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