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Zeit im Wind

Zeit im Wind

Titel: Zeit im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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ich hätte. Als wir schließlich gehen mußten, versprach Jamie, bald wiederzukommen. Mir fiel auf, daß sie nicht versprach, daß ich mitkommen würde.
    Auf dem Weg zurück zum Auto sagte ich: »Die Kinder sind aber alle nett.«
    Dann zuckte ich verlegen mit den Schultern. »Ich finde es schön, daß du ihnen hilfst.«
    Jamie sah mich an und lächelte. Sie wußte, daß es nicht viel dazu zu sagen gab, aber ich merkte, daß sie immer noch überlegte, wie sie ihnen ein schönes Weihnachtsfest bereiten könnte.

Kapitel 7
    Anfang Dezember, gut zwei Wochen nach Probenbeginn, war es schon winterlich dunkel, wenn Miss Garber uns nach Hause gehen ließ. Eines Tages fragte Jamie mich, ob ich sie nach Hause begleiten würde. Warum genau, weiß ich nicht. Beaufort war damals nicht gerade ein Tummelplatz für Kriminelle. Bis dahin hatte ich nur von einem einzigen Mord gehört, und der lag sechs Jahre zurück. Damals war ein Mann vor Maurice's Tavern - wo nebenbei gesagt Leute wie Lew hingingen - erstochen worden. Etwa eine Stunde lang war alles in heller Aufregung, die Telefondrähte liefen heiß, und beunruhigte Frauen malten sich aus, daß ein Verrückter durch die Straßen zog und über unschuldige Opfer herfiel. Türen wurden verriegelt, Gewehre entsichert, Männer bezogen Stellung an einem Fenster mit Blick auf die Straße und hielten Ausschau, ob sich etwas Verdächtiges bewegte. Aber der ganze Spuk war noch vor dem nächsten Morgen vorbei, als ein Mann sich der Polizei stellte und erklärte, es habe sich um einen Kneipenstreit gehandelt, der ausgeufert sei. Offenbar hatte das Opfer eine Wettschuld nicht begleichen wollen. Der Mann wurde wegen Totschlags verurteilt und wanderte für sechs Jahre ins Gefängnis. Die Polizisten in unserer Stadt hatten den langweiligsten Job der Welt, aber sie stolzierten gern wichtigtuerisch herum oder saßen in Cafés, wo sie großspurig über »das große Verbrechen« sprachen, als hätten sie die Entführung des Lindbergh-Babys aufgeklärt.
    Aber da mein Weg an Jamies Haus vorbeiführte, konnte ich kaum nein sagen, ohne ihr weh zu tun. Es war ja nicht so, daß ich sie mochte, das darf man jetzt nicht denken, aber wenn man jeden Tag ein paar Stunden mit jemandem verbringt und weiß, daß das noch mindestens eine Woche so weitergeht, dann möchte man vermeiden, daß der nächste Tag für den einen oder anderen zur Qual wird.
    Die Aufführungen sollten am folgenden Freitag und Samstag stattfinden, und schon jetzt war das Ereignis in aller Munde. Miss Garber war von Jamie und mir so sehr beeindruckt, daß sie allen Leuten erzählte, es würde die beste Vorstellung aller Zeiten werden. Außerdem verstand sie sich darauf, Werbung zu machen, stellten wir fest. In der Stadt gab es einen Rundfunksender, für den sie interviewt wurde, nicht einmal, nein, zweimal. »Es wird eine großartige Aufführung«, verkündete sie, »Wirklich großartig.«
    Sie rief auch bei der Zeitung an, wo man ihr versprach, einen Artikel über das Stück zu schreiben, hauptsächlich wegen der Jamie-Hegbert-Verbindung, obwohl die ganze Stadt darüber Bescheid wußte. Aber Miss Garber war unermüdlich und berichtete uns, daß im Playhouse zusätzliche Stühle aufgestellt werden würden, um die riesigen Zuschauermengen unterzubringen. In der Klasse herrschte große Aufregung, als wäre es eine tolle Sache, und wahrscheinlich war es das auch, für manche. Schließlich hatten wir Typen wie Eddie in der Klasse. Bestimmt dachte er, daß dies das einzige Mal in seinem Leben sein würde, wo er im Mittelpunkt stand. Das Traurige war, daß er damit wahrscheinlich recht hatte.
    Man könnte sich vorstellen, daß ich langsam auch nervös wurde, aber das war nicht der Fall. In der Schule zog ich immer noch den Spott meiner Freunde auf mich, und seit Ewigkeiten, so schien es mir, hatte ich keinen freien Nachmittag mehr gehabt. Das einzige, was mich bei der Stange hielt, war meine Überzeugung, daß ich DAS RICHTIGE tat. Das war zwar nicht viel, aber es war alles, woran ich mich halten konnte. Manchmal kam ich mir sogar sehr tugendhaft vor, aber das gestand ich natürlich niemandem ein. Dann stellte ich mir vor, wie die Engel im Himmel herumstanden, scheu und mit Tränen in den Augen auf mich herabschauten und mich wegen der Opfer, die ich brachte, bewunderten.
    Als ich Jamie am ersten Abend nach Hause begleitete und über diese Dinge nachdachte, stellte sie mir eine Frage.
    »Stimmt es, daß ihr, deine Freunde und du, manchmal nachts

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