Zeit und Welt genug
unbelebte Lebensform zu beleuchten. Er schloss die Augen.
Die dunkelnde Leere, der sanft saugende Wind, das ferne Licht, magnetisch. Nun nicht mehr so fern. Viel näher jetzt, eine gleißend pulsierende Kugel, die ihn anzog, ihn zu sich holte, wie eine riesige weißglühende Harke, zog und zog.
Der Druck fiel, ein Wind kam auf. Herbstwetter. Der Himmel erbleichte.
Beauty ging im Garten auf Jasmine zu. Sie drehte sich zu ihm herum. Lange, träge Verständigung. Sie hefteten die Blicke aneinander, schlossen nackte Nervenenden an und bluteten auf irgendeine Weise ineinander. Wie durch ein Wunder sah der Zentaur, als er ins Auge der Neurofrau blickte, sein Bild dort wieder auftauchen; er war nicht mehr unsichtbar.
Im Schatten seines goldenen Bartes sah er ihre verirrte Seele, geduckt, versteckt. Zärtlich berührte sie sie, fing sie ein, hielt sie fest. Sie verspürte eine große wehe Freude.
Eine Träne quoll an ihrem Unterlid. Er sah sein Spiegelbild schimmern. Sie streckte die Hand aus; ihre Hände verschmolzen. Ihr Wesen verschmolz, sie wurden eins.
Sie liebten sich.
Josh erwachte am türkisfarbenen Teich. Vor ihm saßen Jasmine und Beauty.
»Geht es dir gut?« fragte Jasmine. »Du hast geschrien und bist wie wild gerannt. Wir hatten Angst um dich.«
Irgend etwas an ihnen war anders. Josh spürte es sofort. Sie strahlten etwas aus. Trost.
»Meine Anfälle«, sagte er stockend. »Die Schwärze und dann das Licht …«
Plötzlich tauchte ein hochgewachsener Mann vor ihnen auf. Er hatte zwei Gesichter, die an beiden Seiten des Kopfes hinausblickten, Augen, grün leuchtend, eine Stimme wie ein Echo.
»Ich bin Janus.« Er verbeugte sich. »Ich bin der Priester der Zeit.« Beide Münder sprachen gleichzeitig.
Jasmines Kopf wurde zum ersten Mal in dieser Nacht klar.
»Wo sind wir?« fragte sie den Priester.
»Ihr seid am zeitlosen Ort«, sagte er lächelnd. »Hier gibt es keine Bewegung, kein Vorwärts oder Zurück. Nur die zeitlose Mitte.«
Sie spürte Verwandtschaft mit dem fremdartigen Wesen. Sie erkannten sich.
»Du bist ein Neuromensch, nicht wahr?«
Seine beiden Münder lächelten unergründlich.
»In diesem Leben beliebt es mir, als diese Energie zu erscheinen.«
»Dann sag mir, Neuro-Mitmensch, gibt es einen Weg, diesen Ort zu verlassen?«
»Du bist schon auf dem Weg«, versicherte er. »Du und dein vierbeiniger Freund. Ihr seid auf Grund geraten und werdet wieder den Strom hinabfließen.«
»Welchen Fluss, wovon redest du?« Sie war plötzlich verärgert. Die Andeutung des Priesters durch Weglassen, dass es Josh nicht freistand, zu gehen, gefiel ihr nicht; es passte ihr nicht, wie er in Vergleichen sprach; sie schätzte die Erkenntnis nicht, dass sie nicht die ganze Nacht über ihr Verhalten ganz zu bestimmen gehabt hatte.
Der geheimnisvolle Neuromensch schloss seine vier Augen.
»Die Zeit ist ein Strom, weißt du, der von den Bergen zum Meer fließt. Er schlängelt und windet sich, er wird langsamer und schneller, er kehrt in sich selbst zurück, ab und zu fließt er sogar bergauf. Er hat Unterströmungen und Widerseen. Er findet natürliche Dämme, wo er still und tief steht, um dann hinüberzufließen und in Wasserfällen und Schwallen hinabzustürzen. Er hat Strudel und Wirbel und stehende Wasser, Seichtstellen und Klaftertiefen. Es gibt Gezeitentümpel, Nebenflüsse, Wasserscheiden, Abstürze.
Manchmal gefriert er.
Es gibt eine Quelle, ein Delta und dann die See. Und am ganzen Strom entlang verdunstet das Wasser. Auch das ist die Zeit. Der Dampf der Zeit steigt auf und schwebt, kondensiert endlich und regnet hinab in die Berge, wieder in den Fluss, und erneuert die Strömung. Nur ist sie diesmal ein wenig anders. Es ist derselbe Strom, aber nun ändert er vom Frühlingsregen hier vielleicht ein wenig die Richtung, tritt dort über die Ufer, anderswo hat ein umgestürzter Baum einen neuen Damm gebildet.« Er lächelte geheimnisvoll.
Jasmine wusste plötzlich, dass sie drogenbetäubt gewesen war. Die Pilze am Fluss, vermutlich; halluzinogen. Sie kam zu sich, aber zittrig-
»Wenn wir schon auf dem Weg sind, wie du sagst, was machen wir dann hier?« Sie bemühte sich, die Gereiztheit aus ihrer Stimme fernzuhalten.
»Hier verweilen die Dämpfe der Zeit. Der Strom brandet und sprüht Millionen Tröpfchen. Manche schwimmen hier ewig. Ihr beide, du und der Zentaur, ihr habt euch verfestigt, und die Schwerkraft eurer Vereinigung hat euch in den Strom zurückgezogen. Euch auf Grund
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