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Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Flohr
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er fort: »Vierzig Jahre. Viele finden, dass das vierzig Jahre zu viel sind. Es wird Zeit, dass sie von hier verschwinden.«
    Wilhelm trat unbehaglich einen Schritt zur Seite und wich dem Blick des Mannes aus. Er sah sich Hilfe suchend um – der kleine Garten, die endlosen Reihen der Weinstöcke, im Hintergrund das Gutshaus seiner Eltern. »Dies ist kein Ort mehr für Urlauber aus Deutschland«, fuhr Printemps fort, »für reiche Berliner, die in ihren Schlössern die Sommerfrische genießen. Dies ist das Land der Franzosen, oder besser gesagt: Das wird es bald wieder sein. So wie es seit Jahrhunderten war, eh?«
    »Wo ist Adèle?«
    »Fort.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht!«
    Der Mann zuckte die Achseln. »Wen interessiert’s?«
    »Wohin ist sie?«
    »Dort, wo die Boches sie in Ruhe lassen.«
    »Sie gehen zu weit, Monsieur!«, protestierte Wilhelm, »warum beleidigen Sie mich?«
    »Wie gesagt: Die Zeiten sind anders geworden. Und Sie auch. Sie sind kein kleiner Junge mehr.« Er deutete auf Wilhelms Arm. »Afrika, eh? Die Deutschen werden sich künftig in Acht nehmen müssen.« Damit schob er Wilhelm zur Seite, um ins Haus zu gehen.
    »Wo ist sie?«, fragte Wilhelm noch einmal.
    Printemps seufzte, und ohne sich umzudrehen sagte er: »Bei einer Tante, in Verdun. Ich würde Ihnen nicht empfehlen, dorthin zu reiten.« Wohl wissend, dass er mit diesen Worten bei Wilhelm genau das Gegenteil erreichen würde, zog er die Tür hinter sich zu.
    *
    Als Wilhelm, der sehr früh am Morgen das Haus verlassen hatte, zurückkehrte und den Salon betrat, traf er seine Mutter beim Frühstück. Er begrüßte sie mit einem Kuss. »Wo ist Großmutter?«
    »Was wolltest du bei Printemps?«
    »Ich habe einen Morgenspaziergang gemacht, und da lief er mir über den Weg.«
    »Aber er wollte dir nicht sagen, wo sie ist, oder?«
    »Doch. Bei einer Tante in Verdun.«
    Helène sah ihn erleichtert an. »Was planst du für heute?«
    »Ich würde gern einen Ausritt machen«, antwortete Wilhelm leichthin. »Ich habe die Gegend lange nicht gesehen. Es ist ein schöner Frühlingstag.«
    Helène deutete auf seinen Arm. »Damit solltest du warten.«
    »Ich habe schon darum gebeten, dass man mir das Pferd sattelt, das ich früher häufig geritten bin«, sagte er und lächelte sie beruhigend an. »Ich kenne es gut, mit dem geht es auch einarmig, zur Not sogar im Schlaf.«
    Helène reagierte nicht darauf, stattdessen erhob sie sich und sagte: »Dann werde ich mal nach deiner Großmutter sehen. Vielleicht gelingt es mir ja, sie zum Aufstehen zu überreden.« In der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Pass auf dich auf!«, sagte sie leise.
    Wilhelm lehnte sich in seinem Stuhl zurück, blickte aus dem Fenster in den Frühlingsmorgen hinaus und sah, wie Monsieur Printemps mit einem Zweispänner in hohem Tempo das Grundstück verließ. Er lief zur Tür. Als er hinaustrat, bog das Gefährt auf die Straße ab, die hinunter nach Lagarde führte. Wilhelm wollte gerade zum Stall eilen, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm: Jemand huschte in das alte Haus und zog die Tür hinter sich zu. Er blieb stehen und starrte hinüber. Einen Moment später bemerkte er im Obergeschoss eine Bewegung derGardine. Sein Herz raste, als er die Stufen des Eingangsportals hinuntersprang und an den Weinstöcken entlang zur Hütte lief.
    Diesmal war die Tür nicht verschlossen. Wilhelm stieß sie auf und stand in der Küche, die ihm im Vergleich zu seiner Erinnerung winzig erschien. Er blickte sich um – und entdeckte niemanden. Er lauschte – und hörte nichts. Dann sah er zur Treppe, die nach oben führte. Auf halber Höhe stand sie.
    Ihr schwarzes Haar war kurz geschnitten. Sie trug eine Arbeitshose, die in Bauernstiefeln steckte, und ein weißes Männerhemd. Sie war blass, sah müde aus, aber keineswegs erschreckt. Ruhig sah sie ihn an. »Ich habe auf dich gewartet. Trotzdem hättest du nicht kommen dürfen, mein Vater hat recht.«
    Wilhelm hob ratlos die Arme. »Warum? Was ist geschehen? Warum hast du dich so verändert? Wieso versteckst du dich?«
    Langsam kam sie die Stufen herunter. »Ich muss mich jetzt vor Deutschen in Acht nehmen«, antwortete sie. »Auch vor dir, sagt Vater. Es gibt eine Widerstandsbewegung im Elsass, wir werden von den Deutschen gesucht. Das Leben hier ist nicht mehr so, wie du es erinnerst. Ich bin nur hier, um …«
    Mit drei schnellen Schritten trat Wilhelm zu Adèle und streckte seinen unverletzten Arm aus. Sie ergriff seine Hand und

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