Zeiten des Verlangens
Ihnen?«, erkundigte sich Jess. Regina erinnerte sich, dass Sebastian in der Lobby auf sie wartete. Sie sollte sich besser beeilen.
»Ja, danke«, rief sie.
»Und nicht vergessen: alles anziehen.«
Regina betrachtete die ausgelegten Kleidungstücke auf dem Bett. Das spinnenartige Gebilde aus Spitze erfüllte sie mit Unbehagen. Sie dachte: Ich kann auch einfach gehen .
Sie konnte zu dieser Tür hinausspazieren – der rothaarigen Engländerin sagen, dass ihre Hilfe – so leid es ihr tat – nicht vonnöten war. Sie konnte die Schlüsselkarte an der Rezeption abgeben. Und sie konnte Sebastian sagen, dass sie doch keine Lust hatte, die kleine lernwillige Schülerin zu spielen, während er den Oberlehrer gab. Und dann konnte sie nach Hause in ihr kleines Zimmer gehen und … was? Sich fragen, worüber sie sich wohl beim Essen unterhalten hätten? Sich vorstellen, wie es sich angefühlt hätte, wie aus der Vogue gekleidet zu sein? Und dann, sechs Monate oder ein Jahr oder zwei Jahre später, konnte sie allein in demselben Zimmer sitzen und sich an den Abend erinnern, als ihr der aufregendste Mann, dem sie je begegnet war, gesagt hatte, sie sei wunderschön.
Warum bist du nach New York gezogen?
Regina zog das mysteriöse schwarze Spitzengebilde aus der Tüte, ging zur Schlafzimmertür und spähte schüchtern hinaus. »Jess, ich will nicht stören, aber …«
»Deswegen bin ich doch hier«, sagte Jess gut gelaunt.
»Ich weiß nicht, was das ist.« Regina hielt das Ding mit spitzen Fingern, als könnte es sich um ein tollwütiges Tier handeln.
»Das ist ein Strumpfhalter. Lassen Sie mich Ihnen helfen. Nichts für ungut, aber Sie lassen sich ganz schön Zeit.«
Jess hatte sicher noch Wichtigeres zu tun, als eine erwachsene Frau anzuziehen wie ein hilfloses Kindergartenkind. Kein Wunder, dass sie die Sache ein bisschen vorantreiben wollte.
»Okay, danke«, sagte Regina und trat einen Schritt zur Seite, um Jess ins Schafzimmer zu lassen.
Jess stemmte die Hände in die Hüften und musterte die Auslage auf dem Bett.
»Ein großartiges Kleid. Und wie gemacht für Sie. Er hat wirklich einen guten Blick.«
»Aber die Schuhe«, sagte Regina und beäugte die Prada-Pumps wie einen Feind. »In diesen Dingern kann ich nicht laufen. Ich trage einfach meine eigenen.«
Jess warf einen Blick auf Reginas Schuhe und schüttelte dann langsam den Kopf. »Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun.«
R egina nickte. »Okay, dann muss ich wohl einfach extrem langsam laufen.«
Jess war sichtlich erleichtert. »Gute Idee. Also, ziehen Sie BH und Schlüpfer an, dann helfe ich Ihnen mit den Strümpfen und dem Strumpfhalter.«
Regina wartete darauf, dass Jess den Raum verließ, aber sie machte keine Anstalten in diese Richtung.
»Ich bin es eigentlich nicht gewöhnt, mich vor anderen Leuten umzuziehen«, murmelte Regina verlegen.
»Regina«, sagte Jess, »Ich bin Stylistin. Ich habe einigen der berühmtesten Frauen der Welt beim Entkleiden zugesehen. Und Sebastian wartet unten in der Lobby auf Sie. An Ihrer Stelle würde ich ein bisschen Gas geben.«
Regina kam sich albern vor. Die Frau wollte ihr helfen, und sie machte Umstände, weil sie mit im Zimmer war.
Sie versuchte, ihre Befangenheit abzuschütteln, und streifte ihre Jacke ab. Jess nahm sie entgegen und legte sie zusammen. Dann knöpfte Regina die Bluse auf, zog den Reißverschluss an ihrem Rock auf und reichte beides an Jess weiter. Auf einmal wurde sie sich der kühlen Luft bewusst und bekam eine Gänsehaut. Sie spürte, wie sich ihre Brustwarzen im BH verhärteten. Sie wollte ihn nicht ausziehen, aber die schwarze Spitze wartete auf sie.
Regina langte hinter ihren Rücken, um ihren BH zu lösen, doch obwohl sie ihn schon tausendmal geöffnet und geschlossen hatte, brachte sie den Verschluss einfach nicht auf.
»Darf ich helfen?«, fragte Jess, und bevor Regina etwas einwenden konnte, berührten sie fremde Finger zwischen den Schulterblättern und öffneten den BH .
Regina ließ das einfache Baumwoll-Ding zu Boden gleiten und bedeckte ihre Brüste, indem sie die Arme darüber verschränkte. Jess straffte den schwarzen Spitzen- BH und zog Regina die Träger über die Schultern, dann verschloss sie ihn hinter ihrem Rücken.
»Wie konnte er nur die Größe erraten?« Regina kam es vor, als hätte ihr noch nie ein BH so gut gepasst.
»Er hat einen guten Blick«, wiederholte Jess, und in ihren grünen Augen funkelte es. Etwas an ihrem Tonfall weckte in Regina die Frage, ob
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