Zeiten des Verlangens
Genug, ermahnte sie sich, jetzt höre ich auf .
»Warum hast du kein Handy?«, wollte er wissen.
Die Frage traf sie unvermittelt. »Äh, keine Ahnung.« Sie würde ihre Sparsamkeit niemandem gegenüber zugeben, der sich in einer Limousine herumchauffieren ließ und eines der teuersten Hotels der Welt als bessere Umkleidekabine benutzte.
»Das ist unpraktisch«, erklärte er.
»Nicht für mich.«
»Hast du schon jemals Strumpfhalter getragen?«, fragte er.
Fast hätte sie den Wein wieder ausgespuckt. » Wie bitte? «
»Du sagtest, du wolltest zum Geschäftlichen kommen.« Sein Gesicht war ernst, sein Blick durchdringend. Offensichtlich war die Frage nach dem Handy nur eine Aufwärmübung gewesen. »Wie fühlt es sich an, Unterwäsche zu tragen, die ich für dich gekauft habe?«
»Wie ein Kostüm«, antwortete sie.
»Du sagst das, als wäre es etwas Schlechtes.«
Der Kellner erschien und räumte die Teller ab, was ihr eine kurze Verschnaufpause von Sebastians Befragung verschaffte. Ein neuer Teller wurde vor ihr aufgedeckt, elegant arrangiert wie ein Kunstwerk.
»Ravioli mit Mousseron, Mangold, Höhlenkäse und Farnspitzen«, kündigte der Kellner an. Der Sommelier räumte ihr Weinglas ab, obwohl es noch halbvoll war, und stellte ihnen frische Gläser hin. Dann präsentierte er Sebastian eine neue Flasche Wein.
»Domaine Drouhin Meursault, Burgund 2008.«
Regina wollte den Wein höflich ablehnen, aber ein kritischer Blick von Sebastian hielt sie davon ab.
Als sie wieder allein waren, hob Sebastian das Glas.
»Auf Kostüme!«, prostete er mit einem Lächeln.
»Warum trinken wir auf Kostüme?«, fragte sie, und stieß mit ihm an.
»Weil sie uns inspirieren. Und befreien.«
Leicht gesagt für dich , dachte sie. »Was ist so befreiend daran, wenn du mir sagst, was ich anzuziehen habe?«, wollte sie wissen.
»Überleg doch mal. Stell dir vor, ich hätte angekündigt, dass wir in ein Restaurant gehen, wo man sich schick machen muss. Du hättest dir den Kopf zerbrochen, was du anziehen sollst, wo du es findest, wie viel du dafür ausgeben sollst und so weiter. Um all diese Dinge habe ich mich gekümmert. Die Kontrolle abzugeben ist die ultimative Befreiung.«
»Und wie steht es damit, keine Entscheidungsmöglichkeit zu haben?«
»Aber du konntest dich entscheiden«, widersprach er. »Du hättest dich weigern können, mit mir auszugehen. Du hättest dich weigern können, die Kleidung anzuziehen.«
Regina nickte und dachte daran, wie sie im Hotelzimmer mit dem Gedanken gespielt hatte zu gehen.
Sie probierte ihre Ravioli. Sie waren köstlich und überraschend reichhaltig, ganz anders als alles, was sie kannte.
»Ich will dich in BH und Strapsen sehen«, sagte er. Regina verschluckte sich, hustete und trank einen Schluck Wein.
»Das kommt nicht infrage«, brachte sie schließlich hervor, obwohl allein diese Worte aus seinem Mund ein Kribbeln zwischen ihren Beinen hervorriefen, wie sie es sonst nur verspürte, wenn sie nachts allein in ihrem Bett lag und sich berührte.
»Wir müssen nicht miteinander schlafen«, meinte er. »Aber Schönheit inspiriert mich nun mal aufs Höchste, und ich frage mich seit unserer ersten Begegnung, wie du wohl in Dessous aussiehst.«
»Ich weiß, dass du Fotograf bist«, sagte Regina.
»Ach ja … wir leben im Zeitalter von Google. Es beraubt uns jeglichen Sinns für Enthüllungen oder Geheimnisse. Findest du nicht auch?«
»Ich habe dich nicht gegoogelt. Meine Mitbewohnerin studiert an der Parsons und hat praktisch jedes Modemagazin der Welt. In einem habe ich deine Fotos gesehen.«
Er nickte. »Modefotografie ist immer eine interessante Übung. Aber meistens ist es nur ein Job. Im Grunde bevorzuge ich eine ganz andere Art der Fotografie.«
»Und die wäre?«
Er lächelte und sah sie dabei mit einem Blick an, dass sie sich nackter fühlte als im Hotelzimmer, als sie sich vor Jess ausgezogen hatte. »Wenn du erlaubst, zeige ich es dir.«
»Ich werde es googeln«, entgegnete sie und ärgerte sich über seine Wirkung auf sie. Außerdem wollte sie ihn nicht denken lassen, dass er so viel Macht über sie hatte.
»Diese Fotos findest du nicht im Internet«, sagte er. »Die findet man nirgends.«
»Wenn das so ist, werde ich sie auch nicht sehen.«
»Ich bin zuversichtlich, dass du das wirst«, widersprach Sebastian. »Wo wir gerade von Fotos sprechen, hast du dir das Bettie-Page-Buch angeschaut?«
»Ein wenig«, gab sie zu. »Ich war in der Arbeit, deshalb konnte ich
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