Zeiten des Verlangens
du es auch tun. Außerdem musst du ihn zu jedem Meeting in der Bibliothek tragen. Ich werde nach den Meetings überprüfen, ob du diesen Anweisungen Folge leistest. Wenn nicht, wirst du schwer dafür bestraft.« Er lächelte sie an und glättete ihr Haar. Es schockierte sie, aber seine Worte hatten sie feucht gemacht.
»Der Wagen wartet unten auf dich und bringt dich heim.«
24
Am nächsten Morgen galt Reginas erster Gedanken der Halskette.
Sie langte sich an den Hals und fragte sich, ob das alles nur ein verrückter, erotischer Traum gewesen war.
Aber nein, die Kette war noch da und ruhte schwer auf ihrem Schlüsselbein. Ihr Gewicht hatte etwas Tröstliches. Die Kette war die Manifestation ihrer sexuellen Hörigkeit gegenüber Sebastian und ein Symbol dafür, dass sie das Objekt seiner Begierde war.
Auch die Außenwelt schien das wahrzunehmen. Zum ersten Mal in ihrem Leben sahen ihr Männer ungeniert nach, wenn sie die Straße entlangging. Sie glaubte nicht, dass sie sich äußerlich verändert hatte. Es war mehr, als witterten sie die Leidenschaft, die sie innerlich aufwühlte. Als würden sie die Lust erschnuppern, die in ihr pulsierte.
Sie stieg aus dem Bett, erfüllt vom Nachhall sexueller Befriedigung.
Und dann fiel ihr ein, dass sie heute Geburtstag hatte – und dass ihre Mutter zu Besuch kam.
❊ ❊ ❊
Am späten Vormittag, nachdem sie stundenlang zurückgegangene Bücher nach dem Alphabet geordnet hatte, wurde Regina durch einen Besuch von Margaret unterbrochen.
»Ich wollte Sie an der Ausleihe besuchen, aber dort erfuhr ich, dass Sie hierher versetzt worden sind«, erzählte Margaret. Heute trug sie eine so dicke Brille, dass ihre Augen riesenhaft wirkten. »Was haben Sie angestellt, dass man Sie ins Exil geschickt hat?«
Regina lächelte. »Ich habe es mir irgendwie mit Sloan verscherzt.«
Margaret seufzte. »Diese Frau ist eine Tyrannin. Haben Sie eine Brotzeit dabei? Ich dachte, wir könnten uns draußen auf die Stufen setzen. Heute ist es nicht zu heiß.«
Sie hatte recht – mit ihrem Geburtstag war irgendwie der Frühling zurückgekehrt. Der Himmel war wolkenlos, und es war angenehm warm.
»Gerne«, sagte sie mit einem Lächeln. Sie langte unter ihren Tisch und zog ihre braune Papiertüte mit dem Erdnussbutter-Marmeladen-Sandwich heraus. Als sie sich bückte, stieß der Schlossanhänger an ihren Hals. Unter der Bluse versteckt hatte sie ihn fast vergessen.
Sie fanden ein Fleckchen ziemlich weit oben auf den Stufen. Regina drehte das Gesicht in die Sonne. Sie dachte an den ersten Tag, als sie auch hier gesessen hatte – den Tag, an dem sie Sebastian zum ersten Mal begegnet war.
Hätte ihr an diesem Abend nicht das Essen mit ihrer Mu tter bevorgestanden, hätte sie fast glücklich sein können. Sie fragte sich, ob sie wohl zur Speisekarte greifen konnte, bevor ihre Mutter damit anfing, ihr Schulgefühle einzuimpfen.
»Wie lange werden Sie noch bei der Rückgabe arbeiten?«, erkundigte sich Margaret.
»Das weiß ich nicht«, sagte Regina und wickelte ihr Sandwich aus. Sie hatte an diesem Morgen zu viel Marmelade erwischt, und die quoll gerade aus dem Toast. Margaret schüttelte den Kopf.
»Es ist ein Jammer, dass Sie zu so einem ungünstigen Zeitpunkt angefangen haben. Ich merke Ihnen an, dass Sie eine Leidenschaft für Bibliotheken haben.«
»Ach, na ja, Sloan ist eben gerade auf einem Machttrip. Ich rege mich nicht allzu sehr darüber auf. Ich kann warten.«
Margaret schüttelte den Kopf und pickte eine Traube aus ihrem Obstsalat.
»Es ist nicht nur Sloan Caldwell – obwohl eine Frau wie sie zu meiner Zeit niemals in eine leitende Position gekommen wäre. Aber heutzutage dreht sich alles nur noch ums Geld. Das ganze System geht vor die Hunde. Alle Bibliotheken verlieren ihre Förderung und die Unterstützung der Politiker, die nicht verstehen, was wir tun – Louisiana wurde gerade die staatliche Förderung gestrichen. Bibliotheken schließen, stellen aus, verkürzen die Öffnungszeiten. Ich hätte nie gedacht, dass ich das noch erleben würde.«
»Was meinen Sie damit, dass Sloan niemals in eine leitende Position gekommen wäre?«
»Sie hat sich ihre Stellung nicht verdient. Ihre Eltern haben früher den Vorstand geleitet – und sie sind noch immer wichtige Förderer. Sie haben ihr den Job gekauft .«
Interessant , dachte Regina. »Aber wenn sie den Job nur macht, weil sie leicht drangekommen ist, wird sie vermutlich nicht lange bleiben. Sie scheint ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher