Zeiten des Verlangens
…« Sie setzte Kater Merlin auf den Boden, ging zurück hinter die Ladentheke und bedeutete Regina, ihr zu folgen. Aus einer Schublade kramte sie eine Visitenkarte und reichte sie Regina.
»Ich bin Lucy«, sagte sie. »Mailen Sie mir doch Ihren Lebenslauf.«
»Super«, sagte Regina und versuchte, ihre Aufregung zu verbergen. »Das werde ich. Danke!«
Wieder draußen lief sie schnellen Schrittes zurück zu ihrer Wohnung. Sie war in den vergangenen zwei Wochen kaum zu Hause gewesen, aber den heutigen Tag hatte sie auserkoren, um sich ernsthaft auf Jobsuche zu machen, und Front Page Books schien ein vielversprechender Anfang gewesen zu sein. Sie würde Lucy ihren Lebenslauf mailen, selbst auf die Gefahr hin, dass es einen Tick übereifrig erschien, fünf Minuten nach einem Treffen gleich die Unterlagen zu senden. Die Bücher fehlten ihr, und sie wollte eine Stelle, wo sie wieder mit ihnen zu tun hatte. Sie hatte versucht, es Sebastian zu erklären: Sie brauchte es nicht nur, es war ihr ein tiefes Bedürfnis.
Sie stieg die Treppen hoch und hoffte, dass Carly zu Hause war, denn sie hatte sie seit Tagen nicht gesprochen.
»Hallo, Fremde«, grüßte Carly, als sie durch die Tür kam, und Reginas Gewissen meldete sich leise. Carly hatte ihr in der vergangenen Nacht eine SMS geschickt: Ruf sofort an. Doch sie war mit Sebastian im Kino gewesen, und später hatte sie vergessen zu antworten.
»Hallo«, sagte Regina. »Tut mir leid, dass ich gestern nicht mehr geantwortet habe. Ich war im Kino und dann –«
»Sprich nicht weiter!« Carly winkte ab. »Ich kann mir schon vorstellen, was danach in Sebastians Liebesnest passiert ist. Übrigens, deine Mutter hat angerufen, so um die neunzehn Mal.«
Regina seufzte. Seit ihrer Entlassung hatte sie vermieden, mit ihrer Mutter zu reden. Wenn sie erfuhr, dass sie arbeitslos war, würde sie eine schmerzhafte und unerbittliche Kampagne starten, um Regina wieder nach Hause zu holen.
»Das tut mir leid«, sagte Regina.
»Jetzt mal im Ernst, gib dieser Frau deine Handynummer, oder sie bekommt sie von mir !«, warnte Carly und wackelte in gespieltem Tadel mit dem Zeigefinger.
Und da bemerkte Regina den großen Diamanten im Smaragdschliff, der an Carlys linkem Ringfinger glitzerte.
»Großer Gott!«, rief sie, durchquerte mit ein paar schnellen Schritten den Raum und nahm Carlys Hand. »Ist es das, wonach es aussieht?«
Carly nickte und strahlte. »Er hat mir gestern Abend einen Antrag gemacht. Deshalb auch die SMS .«
Regina umarmte Carly. »Gratuliere!« Sie freute sich so für ihre Mitbewohnerin, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. Und dann kam ihr ein Gedanke, der sie in seiner Selbstsucht beschämte: Jetzt war sie nicht nur arbeitslos – sondern stand wahrscheinlich auch bald ohne Wohnung da.
Ihr Handy klingelte, und sie löste sich von Carly, um es aus ihrer Tasche zu fischen.
»Entschuldigung«, meinte sie. »Eine Sekunde. Hallo?«
»Wo bist du?«, fragte Sebastian, der etwas außer Atem klang.
»In meiner Wohnung. Warum?«
»Setz dich ins Taxi und komm zu mir an die Ecke Sechsundsechzigste-Madison.«
»Jetzt? Ich bin gerade erst heimgekommen«, protestierte Regina, ging in ihr Zimmer und schloss die Tür. Sie zog ihren Laptop heraus. »Und ich muss meinen Lebenslauf an –«
»Es dauert nicht lang. Und wenn du willst, fahre ich dich danach wieder heim.«
»Was ist denn an der Sechsundsechzigsten Ecke Madison?«
»Die Gaultier-Boutique.«
Regina schüttelte den Kopf. »Und warum treffe ich dich in der Gaultier-Boutique?«
»Weil ich das perfekte Kleid für dich gefunden habe.« Sebastian sagte das, als wäre es die natürlichste Sache der Welt.
»Sebastian, ich brauche kein Kleid von Gaultier.« Selbst Regina, die bezüglich Mode nicht sonderlich bewandert war, kannte Jean Paul Gaultier und seine provokativen Designs. Allein schon, weil er in den 1990ern Kostümschneider für die legendäre Blond-Ambition- Tour von Madonna war.
»Natürlich brauchst du eines«, widersprach Sebastian. »Was willst du denn zur Young-Lions-Gala anziehen?«
Regina hielt das Handy von sich weg und bedachte es mit dem genervten Blick, der Sebastian getroffen hätte, wäre er vor ihr gestanden. Dann presste sie es sich wieder ans Ohr. »Ich wurde gefeuert, schon vergessen?«
»Na und? Aber du gehst als meine Begleitung, oder etwa nicht? Also schwing deinen Hintern ins Taxi. Ich schätze, heißer als nackt kannst du nur in diesem Kleid aussehen.«
Regina lächelte. »Na
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