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Zeitenlos

Zeitenlos

Titel: Zeitenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shelena Shorts
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mehr an mein furchtbares Outfit denken zu müssen.
    »Nur eine kurze Strecke, nicht weit von hier.«
    Mit dem Autofahren hatte ich kein Problem, ich hoffte aber, ein bisschen mit ihm zusammen sein zu können. Ich hatte viele Fragen, die ich ihm gerne stellen wollte, und die Gelegenheit schien günstig.
    »Stört es dich, wenn ich dich ein paar Dinge frage?«
    »Nein, überhaupt nicht«, sagte er und sah auf die Straße. »Schieß los!«
    Ich rutschte nervös auf meinem Sitz hin und her. »Na ja, ich musste an deine Eltern denken.«
    »Ja?«
    »Wie hast du sie verloren?« Ich hoffte, dass ich das nicht zu direkt formuliert hatte.
    »Das ist eine gute Frage«, meinte er. »Also, mein Vater ist vor vielen Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen, und meine Mutter ist an einer Grippe gestorben, als ich siebzehn war.«
    »Wie alt war sie?«, fragte ich, weil ich das etwas eigenartig fand.
    »Sie war erst zweiundvierzig.« Er schaute zu mir herüber und musste gemerkt haben, dass ich irritiert war, denn er erklärte: »Sie war im Ausland, als sie krank wurde. Dort gab es die Medikamente nicht, die wir hier haben.«
    »Und dein Onkel?«
    »Krebs.«
    »Meine Oma ist auch an Krebs gestorben«, sagte ich. Er warf mir einen mitfühlenden Blick zu und sagte, dass es ihm leid täte. Ich wusste plötzlich, wie er sich jedes Mal gefühlt haben musste, wenn ich mich wegen seines Verlustes entschuldigt hatte, und er behauptete, alles sei okay. Es war nicht sein Fehler, dass meine Großmutter gestorben war, und es gab wirklich keinen Grund, sich dafür zu entschuldigen. Das gehörte eben zum Leben dazu. Doch ich schätze, man hat in solchen Situationen einfach das Bedürfnis zu sagen, dass es einem leidtut. Es ist vermutlich der Ausdruck eines ganz natürlichen Mitgefühls.
    »Hast du hier in der Gegend noch mehr Verwandtschaft?«, fragte ich.
    »Nein.«
    »Niemanden?«
    »Nein.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, und hielt deshalb den Mund. Nach einigen Minuten brach er das Schweigen.
    »Du lebst also mit deiner Mutter zusammen. Und dein Vater?«
    Diese Frage hatte ich nie gemocht, aber diesmal machte sie mir nichts aus.
    »Er ist zurück nach Brasilien gegangen, als ich noch klein war.«
    »Hast du noch Kontakt zu ihm?«
    »Nein, nicht wirklich. Laut meiner Mutter hat er versucht, in Kontakt zu bleiben, aber als ich älter wurde, schlief das ein.«
    »Was hat dich denn nach Kalifornien verschlagen?«, wollte er wissen.
    »Meine Oma wurde krank. Sie ist Anfang des Jahres gestorben.«
    Immerhin hatte ich das Glück, mit Mama noch eine nahe Angehörige zu haben, aber er hatte niemanden. Ich starrte aus dem Fenster und überlegte, wie ich mich ganz allein fühlen würde. Der Gedanke machte mich traurig. Ich war mir sicher, dass ich nicht so gefasst sein würde wie er, und war froh, als er meinen Gedankengang unterbrach.
    »Wir sind da«, sagte er und fuhr auf einen Parkplatz, der zu einer Sportanlage zu gehören schien.
    »Was ist das?«
    »Eine Autorennstrecke«, antwortete er und hielt vor einem Tor. Er stieg aus und öffnete die beiden Torflügel. Dann setzte er sich wieder lässig in den Wagen und fuhr durch.
    »Was machen wir hier?«, fragte ich und sah mich um. Die Anlage schien nicht geschlossen zu sein, aber ich sah niemanden.
    »Du hast gesagt, dass du fahren willst.«
    »Du wirst hier fahren?« Ich deutete auf die Strecke.
    »Nein, du«, sagte er, stieg aus und ging um den Wagen herum zu meiner Seite. »Nun?« Er hielt mir die Tür auf und wartete, dass ich ausstieg.
    »Bitte?«
    » Du wirst fahren, auf der Rennstrecke.«
    »Was fahren?«
    »Den hier«, stellte er klar und deutete auf seinen Wagen. Er war durchgeknallt. Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein, das glaube ich nicht. Ich kann deinen Wagen nicht fahren. Ich weiß ja nicht mal, wie das geht.«
    Er lehnte sich in den Wagen und packte mich am Arm. »Auf jetzt, raus mit dir«, sagte er und zog mich raus.
    »Hör auf damit!«, schimpfte ich und schubste ihn weg. »Ich werde dieses Ding nicht fahren. Du hast es gerade reparieren lassen. Bist du bescheuert?«
    Er lachte und schlug die Tür hinter mir zu. »Nein, ich will, dass du fährst. Ich zeige dir, wie. Außerdem sollte jeder wissen, wie man einen Wagen mit Schaltung fährt.«
    »Aber ich vermassel das nur. Ich kann das nicht.«
    Er legte mir beide Hände auf die Schultern und neigte sich zu mir. Seine Augen waren von diesem dunklen Braun, das ich so sehr liebte, aber diesmal konnte ich mein

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