Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)
Mann, den sie über alles liebte – einem englischen Adligen. Und der tapfere Musketier d’Artagnan hatte ihr beistehen und sie vor dem verräterischen Kardinal retten müssen, damit der König nichts erfuhr. Es war genau wie in dem Buch! Vielleicht beruhte es wirklich auf wahren Begebenheiten!
Plötzlich war ich davon überzeugt, dass es in Wahrheit Sebastianos Aufgabe war, der Königin zu helfen. Dass er stattdessen für den Kardinal spionierte, lag nur an diesem rätselhaften Gedächtnisverlust. Irgendwer musste ihn manipuliert haben, damit er die Seiten wechselte.
Gaston lachte sich schlapp, als ich ihm meine Schlussfolgerungen offenbarte.
»Haha, also wirklich! D’Artagnan, was? Und wo sind Porthos und Aramis? Und war da nicht noch einer? Wie hieß der noch gleich? Ah, richtig. Athos.« Er kicherte. »Und wer bist dann du? Etwa die kleine Kammerzofe, die d’Artagnan liebt? Oder eher die geheimnisvolle Mylady, die im Hintergrund alle Strippen zieht? Ach nein, geht nicht, die ist ja auf der Seite des Kardinals.« Gaston schüttelte grinsend den Kopf. »Also echt, Anna. Du hast eine blühende Fantasie.«
Ich ließ mich nicht beirren. »Aber es könnte was dran sein! Siehst du denn nicht die Ähnlichkeiten?«
»Zufälle, Anna. Lauter Zufälle.«
»Und wenn es doch so ist? Dann muss man was unternehmen!«
»Mach dir mal keine Gedanken«, sagte Gaston gönnerhaft. »Falls es deswegen was am Zeitlauf zu reparieren gibt, kümmere ich mich persönlich darum. Schließlich ist das mein Job und meine Epoche.«
»Wenn es deine Sache wäre, hätten sie ja wohl nicht Sebastiano hierhergeschickt, oder?«
»Ich war in Urlaub, das sagte ich dir schon.«
»Aber bestimmt nicht die ganze Zeit!«
Gaston wirkte leicht beleidigt. » Eh bien , mag sein, dass sie deinen Freund als eine Art Feuerwehr hergeschickt haben, wofür auch immer. Doch das sind nur Mutmaßungen. Wir wissen ja überhaupt nicht, um was für einen Einsatz es geht. Zu mir hat jedenfalls keiner was gesagt.« Ihm schien eine neue Idee zu kommen. »Vielleicht ist es auch nur so ein Konkurrenzding unter den Alten. Du weißt, wie sie sein können. Manchmal will einer von denen sein eigenes Sößchen kochen.«
»Süppchen«, sagte ich geistesabwesend. »Es heißt sein eigenes Süppchen kochen .«
»Danke. Wieder was dazugelernt. Ich sag’s ja immer wieder – du bist Gold wert.« Gaston schob sich zum Nachtisch ein Stück Konfekt in den Mund und zerkaute es genüsslich.
»Probier mal«, sagte er. »Schmeckt köstlich!«
Ich schüttelte stumm den Kopf. Der Gedanke, dass die Alten – welche auch immer – in dieser ganzen Angelegenheit möglicherweise gegeneinander arbeiteten, verdarb mir nachhaltig den Appetit. Ich erinnerte mich noch zu gut an Jacopo, einen Alten in Venedig, der sich skrupelloser Verbrecher bedient hatte, um den Zeitlauf nach seinen Vorstellungen zu ändern.
»Sag mal, der Alte, mit dem du hier zusammenarbeitest – was ist er überhaupt für ein Mensch?«, fragte ich.
»Also, das kannst du gleich vergessen«, wehrte Gaston ab. »Der Mann ist über jeden Zweifel erhaben. Sagt man das so?«
Ich nickte stumm, worauf Gaston sich ein weiteres Praliné zu Gemüte führte und anerkennend schmatzte. »Mhm, das war gut! Mit Marzipan. Willst du nicht doch eins?« Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Oh, tut mir leid. Das war das letzte.«
»Ich habe sowieso keinen Hunger. Du wolltest mir gerade was über den Alten erzählen, der hier für dich zuständig ist.«
»Wie schon gesagt, ich vertraue ihm absolut. Im Gegensatz zu diesem seltsamen einäugigen alten Kerl aus Venedig – wie hieß er gleich?«
»José.«
»Genau. Für den würde ich nicht unbedingt meine Hand ins Feuer legen.«
»Du kennst José doch überhaupt nicht.«
»Stimmt auch wieder. Aber wie dem auch sei – auf den hiesigen Alten ist Verlass, denn heute Abend wird er mit hundertprozentiger Sicherheit auf der Brücke sein und das Portal für dich und Sebastiano öffnen. Sorg du einfach nur dafür, dass ihr dort erscheint. Wann kann ich mit euch rechnen?«
»Sebastiano holt mich ab, sobald der Mond aufgeht. Ich habe allerdings keine Ahnung, wann genau das sein wird.«
Gaston war besser informiert. »Kurz nach Sonnenuntergang natürlich, so ist es immer bei Vollmond. Wir halten uns auf jeden Fall vorher bereit. Sieh zu, dass wir nicht ewig da rumstehen müssen.«
»Ich versuch’s. Ach ja, noch was. Er ist misstrauisch. Wenn ihr da auf der Brücke herumsteht – das
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