Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)
könnte wie ein Hinterhalt wirken. Er erwähnte so was, und wie du weißt, kann er super mit dem Degen umgehen. Es wäre also besser, wenn ihr das Ganze irgendwie … unverdächtig aussehen lassen könntet, bis es so weit ist.«
»Keine Sorge, wir warten außer Sichtweite am linken Flussufer. Wenn ihr in der Mitte seid, musst du ihn ablenken. Und bevor er richtig mitkriegt, wann es losgeht, ist es auch schon passiert.«
Ich nickte. »Abgemacht.« Mir brannte noch eine Frage auf der Seele, die mich schon die ganze Zeit beschäftigt hatte. »Ist denn auch wirklich gewährleistet, dass Sebastiano und ich gemeinsam in der Zukunft ankommen? Wenn man bei Mondwechsel zurückspringt, landet man doch genau am Ausgangspunkt – aber er und ich sind an unterschiedlichen Tagen in die Vergangenheit gereist!« Ich hatte die Horrorvorstellung, dass er an seinen und ich an meinen Ausgangspunkt zurückgeschleudert werden konnte und wir danach nie mehr zusammenfinden würden, weil irgendwelche seltsamen Zeitreisegesetze, die ich noch nicht kannte, es verhinderten.
»Darüber musst du dir keine Sorgen machen«, beruhigte Gaston mich. »Solche Fälle hatten wir schon öfter. Ihr kommt definitiv zusammen an, das lässt sich so einstellen.«
»Wirklich?«, vergewisserte ich mich. »Kann ich mich darauf verlassen?«
»Hundertprozentig. Alles wird gut.«
Diese Auskunft quittierte ich mit einem erleichterten Seufzer. Damit war eigentlich alles besprochen.
Ich verabschiedete mich von Gaston und machte mich auf den Weg zu Philippe, um ihm Lebewohl zu sagen. Doch er war nicht zu Hause, wie ich von einem älteren Herrn erfuhr, der mir öffnete, als ich anklopfte. Er war unschwer als Philippes Vater zu erkennen, denn er hatte starke Ähnlichkeit mit ihm.
»Könnt Ihr ihm etwas von mir ausrichten?«, bat ich.
»Gewiss.« Er betrachtete mich freundlich. »Welche Botschaft soll ich ihm übermitteln?«
»Dass ich ihm sehr für alles danke, was er für mich getan hat.«
»Und wer genau dankt ihm dafür?«
»Anna. Mein Name ist Anna.«
»Ich werde es ihm sagen, Kind.«
Über seine Schulter sah ich durch die offene Haustür die Nähwerkstatt. Einen großen Tisch zum Zuschneiden, im Hintergrund Regale voller Stoffballen, ein paar hölzerne Schneiderpuppen und an der Wand mehrere großformatige Zeichnungen von modischen Gewändern. Eine davon zeigte ein Kleid, das ich wiedererkannte – Cécile hatte es auf dem Empfang der Marquise de Rambouillet getragen. Offenbar war Philippe nicht nur ihr größter Fan, sondern auch ihr Modeausstatter.
Bedrückt ging ich weiter. Ob aus den beiden wohl jemals ein Paar werden würde? Dafür wäre vermutlich Voraussetzung, dass Cécile die heimlichen Spielchen mit ihrem Ex bleiben ließ, wofür wiederum erst mal geregelte anderweitige Einkünfte nötig waren. Ich wünschte mir inständig für sie, dass es klappte, denn ihr und Philippe war alles Glück der Welt zu gönnen. Die zwei waren mir in den wenigen Tagen richtig ans Herz gewachsen. Die Tatsache, dass ich morgen sehr weit weg sein würde und sie beide dann seit Hunderten von Jahren tot und zu Staub zerfallen, machte mir zu schaffen.
»Du denkst zu viel darüber nach«, hatte Sebastiano mir einmal gesagt. »Du musst lernen, diese Dinge auszublenden.«
Ich hatte es immer wieder versucht, aber es fiel mir furchtbar schwer. Manchmal benutzte ich einen Trick, dann stellte ich mir vor, dass die Vergangenheit und die Zukunft so was Ähnliches wie Parallelwelten waren, beide nur durch die Portale voneinander getrennt. Das half. Zumindest zeitweise und auch in diesem Fall.
Als ich anschließend jedoch zum Palais de Chevreuse zurückkehrte und Marie im Salon antraf, musste ich wieder schlucken. Ich bemühte mich nach Kräften, mir nichts anmerken zu lassen, und verbrachte einen schönen Tag mit ihr. Wir spielten Karten, aßen zusammen zu Mittag, probierten neue Kleider an und machten eine kleine Ausfahrt mit der Kutsche zu einem edlen Schmuckladen, weil sie eine Bestellung bei einem Juwelier aufgeben wollte. Als wir zurückkehrten, gesellte sich Opa Henri zu uns. Gemeinsam aßen wir Abendbrot und redeten über die königliche Gesellschaft, die in der kommenden Woche im Louvre stattfinden sollte – ein großer Maskenball, zu dem alles erscheinen würde, was Rang und Namen hatte, die gesamte Hautevolee von Paris.
»Das wird das Ereignis des Jahres!«, sagte Marie mit leuchtenden Augen. »Die Bälle im Louvre sind immer unvergesslich! Du wirst entzückt
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