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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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besprochen. Offenbar war die Nonne darüber informiert. Sie führte uns in einen Innenhof, der von einer Säulenhalle umgeben war. Mehrere Nonnen waren dort zu sehen, einige im schwarzen Habit, andere zu meiner Überraschung jedoch in ganz normaler Alltagsbekleidung. Manche von ihnen waren noch Kinder, höchstens zehn oder elf. Neugierige Blicke trafen uns auf unserem Weg ins Innere des Hauses, die meisten davon galten eindeutig Sebastiano.
    Mehrere Nonnen himmelten Sebastiano an, als wären sie Bella und er Edward. Aus einem unerklärlichen Impuls heraus hätte ich ihn gern vor ihnen versteckt, aber stattdessen blickte ich nur einfach woandershin und tat so, als hätte ich das schwärmerische Getue nicht bemerkt.
    »Hier haben wir unser Dormitorium, den Schlafbereich«, sagte die Nonne, während sie uns durch einen Gang führte, von dem eine Reihe Türen abgingen.
    »Einige unserer Schlafräume sind für Besucherinnen reserviert, wir haben öfter Damen aus anderen Gegenden zu Besuch«, erklärte die Nonne, die sich uns als Schwester Giustina vorgestellt hatte. Anschließend teilte sie mir diverse Regeln für meinen Aufenthalt mit. Keine nächtlichen Feiern, keine Männerbesuche, ausgenommen natürlich von meinem Cousin, keine Haustiere und keine laute Musik in der Zelle.
    »Wir schätzen weder lärmendes Leierspiel noch Hundegebell.«
    Ich versicherte Schwester Giustina, dass ich weder Hund noch Leier besaß und auch nicht nachts oder sonst wann zu feiern gedachte. Sie wollte wissen, wo mein Gepäck sei, worauf ich einen ratlosen Blick mit Sebastiano tauschte. Rasch erklärte er, das befinde sich noch auf dem Schiff, mit dem ich gekommen sei, er werde es später herbringen.
    Schwester Giustina wies mir eine Kammer zu, die ich mit einer anderen Besucherin zu teilen hatte, der Witwe eines neapolitanischen Kaufmannes.
    »Die arme Monna Dorotea«, sagte Schwester Giustina. »Ihr Gatte verstarb hier in Venedig während einer Handelsreise, auf der sie ihn begleitete. Nun wartet sie darauf, dass Verwandte sie holen kommen.«
    »Wo ist Monna Dorotea denn?«, fragte ich.
    »Sie ist zur Beichte gegangen und danach will sie noch in der Basilika zum heiligen Markus beten«, sagte Schwester Giustina. »Aber spätestens zur Vesper ist sie wieder zurück.«
    »Ist doch ganz schön hier, oder?«, fragte Sebastiano mich.
    Ich sah mich in dem Raum um. Er war geräumig, fast doppelt so groß wie Clarissas Kammer. Die Ausstattung konnte sich ebenfalls sehen lassen. Neben zwei Betten gab es noch einen Tisch mitsamt Schemel, ein Wandbord, eine große Kleidertruhe. Über der Tür hing ein großes geschnitztes Holzkreuz, aber an der gegenüberliegenden Wand auch ein Spiegel. Davor stand eine Art Schminkkommode, auf der allerlei Utensilien verstreut waren, vom Kamm über Parfümflakons und Tiegelchen bis hin zu einem Intarsienkistchen für Schmuck und anderen Krimskrams. Der unvermeidliche Nachttopf befand sich hinter einem Wandschirm.
    Es war nicht zu übersehen, dass meine neue Zimmergenossin nicht sonderlich ordnungsliebend war. Überall im Zimmer lagen Kleidungsstücke und einzelne Schuhe herum und in der Waschschüssel stand noch das benutzte Wasser.
    Außerdem hielt Monna Dorotea sich nicht an das Haustierverbot, denn sie hatte einen Vogel. Vor dem schmalen Fenster hockte in einem Käfig ein schreiend bunter Papagei, der mich mit schräg gelegtem Kopf beäugte.
    Sebastiano sagte, nun müsse er aber los, worauf mich leise Panik überkam.
    »Wann kommst du wieder?«, fragte ich.
    »So bald wie möglich. Spätestens morgen Abend.«
    »Wo bist du in der Zwischenzeit?«
    »Da muss ich mich um laufende Verpflichtungen kümmern.«
    Schwester Giustina und ein paar der anderen Nonnen waren in Hörweite und mir entging nicht, dass sie alle miteinander die Ohren spitzten. Sebastiano würde mir leider nichts Konkretes über diese laufenden Verpflichtungen verraten können.
    Also versuchte ich, drum herum zu fragen. »Mit anderen Worten, du musst wieder … verreisen?«
    Er nickte.
    »Zu uns nach Hause?«
    Er nickte abermals.
    Ich konnte nicht verhindern, dass mir Tränen in die Augen schossen. Er reiste zurück in unsere Zeit und ich hing hier fest! Es war so ungerecht! Warum konnte er es, ich aber nicht?
    »Sag mir nur eins«, flüsterte ich ihm ins Ohr, während ich so tat, als würde ich meinen treuen Cousin zum Abschied umarmen. »Könnte ich nicht auch diese … Spezialbehandlung kriegen?«
    »Nein«, sagte der falsche Cousin ebenso leise.

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